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EU will Roaminggebühren abschaffen

Bis zu 24 Cent pro Minute kostet ein Mobilfunktelefonat im Ausland bisher. Und das auch, wenn der Nutzer angerufen wird. Roaming nennt sich dieses Prinzip, welches die EU-Kommission nun gerne komplett abschaffen will.

Von Patrick Wellinski | 10.09.2013
    Wenn es nach dem Willen der Kommission geht, dann sollten alle Bürger der Europäischen Union schon bald kostenlos in der EU telefonieren können. Dafür sollen bis Juli 2016 Schritt für Schritt die bisherigen Gebührengrenzen der Netzbetreiber gesenkt werden. Das ist der Kernpunkt eines Verordnungsentwurfs der Vize-Kommissionspräsidentin Nelly Kroes, der im Vorfeld des Kommissionstreffens in Straßburg mehreren Zeitungen zugespielt wurde. Darin spricht sie von einem durch die Roaminggebühren unangebrachten Ärgernis für jeden Reisenden der EU, welches es im Sinne des Verbraucherschutzes aller Unionsbürger abzuschaffen gilt.

    Der Entwurf sieht vor, dass Mobilfunkanbieter schon ab Juli 2014 freiwillig ihren Kunden umfassende Flatrate-Tarifpakete anbieten und damit auf eine separate Abrechnung von Telefonaten, SMS und mobiler Datennutzung im Ausland verzichten. Außerdem sollen gratis Kommunikationsdienste wie "WhatsApp" oder "Skype" nicht mehr von den Netzanbietern verhindert werden. Schließlich bezieht sich der 96 Seiten starke Entwurf auch auf innereuropäische Ferngespräche: Diese sollen zukünftig nicht teurer werden als Ferngespräche im Inland.

    Kommissarin Kroes sieht diesen Vorschlag als Angebot an die Netzbetreiber mit dem der ihrer Meinung nach stark zersplitterte Markt der Telekom-Unternehmen in der Europäischen Union an Konturen und damit an Wettbewerb gewinnen soll.

    Das sehen europäische Telefon-Giganten wie Vodafone, Orange oder Telfonica allerdings anders. Sie warnen bereits jetzt, dass die geplante Verordnung ihnen Umsatzeinbußen von sieben Milliarden Euro einbringen wird. Sie wehren sich gegen die massiven Regelungen und verweisen darauf, dass die Roaminggebühren doch in der Vergangenheit bereits massiv gesenkt wurden.

    Sollten die Netzbetreiber das Angebot der EU-Kommissarin ablehnen und sich weigern, freiwillig billigere Tarifpakete anzubieten, müssen sie sich den bereits beschlossenen Regelungen unterwerfen. Und die sehen vor, dass ab dem nächsten Jahr die Roaminggebühren um 67 Prozent reduziert werden. Schmerzlicher für die Betreiber sollte allerdings der zweite Beschluss sein, der dann greift: Sie werden aufgefordert, ihren Kunden im Ausland einen kostenlosen Wechsel zu einem alternativen Anbieter zu ermöglichen. Dies kann ein lokaler aber auch ein günstigerer Konkurrent aus dem Inland sein.
    Ein möglicher Kundenverlust, so die Hoffnung der EU-Kommission, wäre für die Mobilfunkbetreiber auf lange Sicht derart unattraktiv, dass sie nachgeben und die die Roaminggebühren gezwungenermaßen selbst abschaffen.

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