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Euro-Schwäche und Exportrekord
"Ein Währungskrieg ist realistisch"

Der Euro ist weiter auf Talfahrt. Eine gute Nachricht für exportorientierte Unternehmen, die ihre Waren im Nicht-Euro-Ausland günstiger verkaufen können. Ein neuer deutscher Außenhandelsrekord ist für dieses Jahr anvisiert. Doch ein Selbstläufer wird das nicht – zu viele Unruheherde erschweren sichere Prognosen.

Von Dieter Nürnberger | 10.03.2015
    Ein 1-Euro-Stück schmilzt in roter Glut.
    Der Wert des Euros sinkt, der Export steigt. Doch politische Unruheherde und mangelnde Investitionsbereitschaft verdüstern die Prognosen. (dpa / picture alliance / Sven Hoppe)
    Die guten Nachrichten waren schnell abgehakt. Für 2015 erwartet der Bundesverband Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen, BGA, mit über 1,1 Billionen Euro einen neuen deutschen Exportrekord, ein Plus von 4,5 Prozent. Und auch die Importe werden um bis zu 4 Prozent nach oben gehen, auf rund 950 Milliarden Euro.
    Doch so richtig Freude wollte anhand solch positiver Erwartungen bei BGA-Präsident Anton Börner dennoch nicht aufkommen. Zu viele Unruheherde auf der Welt würden derzeit die Investitionsbereitschaft der Unternehmen negativ beeinflussen - der Erfolg von morgen sei gefährdet.
    Werteverfall des Euro als Folge der EZB-Geldpolitik
    Da ist zuallererst die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Der Wertverfall des Euro sei die Folge - und aus Sicht von Anton Börner lauere hier die Gefahr eines 'Währungskrieges': "Und jetzt kommt jemand aus einem riesigen Wirtschaftsraum - dem zweitgrößten der Welt - und sagt: Ich fahre meine Währung runter. Glauben Sie denn, dass all die anderen Länder, die genau das Gleiche machen müssen, da zuschauen? Sie werden nicht zuschauen, sondern auch agieren. Und dann haben Sie global betrachtet und in Europa die Investitionsschwäche und auch die Befürchtung, dass ein Währungskrieg echt realistisch ist. Da können Sie gar nichts machen."
    Ein schwacher Euro sei für eine Exportnation wie Deutschland nur auf den ersten Blick erfreulich. Ohne die derzeit niedrigen Rohstoffpreise würde die schwächelnde Währung deutlich tiefere Spuren in der Import-Rechnung hinterlassen.
    Folgen der Griechenlandfrage schwer abzusehen
    Und natürlich sei auch die Griechenlandfrage kein Anlass für Optimismus, so der BGA-Präsident. Hier seien negative oder möglicherweise auch positive Folgen noch nicht absehbar. Erst auf Nachfrage wurde Börner deutlicher: "Wir sehen das nicht so, dass bei einem Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro die Welt zusammenbräche. Die, die sich in der Finanzwelt auskennen, sagen eher, dass es nicht ewig so weitergehen kann. Und wenn es passiert, würde ich eher auf ein Erstarken des Euro tippen als auf das Gegenteil."
    Mit drastischen Worten schilderte der BGA-Präsident die Entwicklung der Handelsbilanzen mit Russland und der Ukraine. Die Ausfuhren nach Russland seien um ein Fünftel zurückgegangen, die in die Ukraine um ein Drittel. Börner appellierte an die Bundesregierung, weiterhin eine friedliche Lösung anzustreben. Allerdings seien das Vertrauen in die russische Regierung und das wirtschaftliche Umfeld zerrüttet. Die Folge seien auch hier mangelnde Investitionen: "Das nächste ist dann der Verfall der Währung. Die Leute können es sich schlicht nicht mehr leisten, deutsche Waren zu kaufen. Wenn Sie permanent in einer Krisenregion leben, dann haben sie auch kein großes Interesse einzukaufen. Sie haben ganz andere Themen und Probleme, mit denen Sie sich täglich herumschlagen."
    BGA-Präsident Börner: TTIP nicht zerreden
    Generell sieht der BGA-Präsident zu viele Konfliktherde auf der Welt. Da sei es abenteuerlich, auch noch das geplante Freihandelsabkommen mit den USA, kurz TTIP, zu zerreden. Denn gerade von den Amerikanern gehen derzeit wichtige Impulse für den deutschen Export aus.
    Somit seien die Aussichten für den Handel zwar immer noch positiv, doch die Sorgen um eine zurückgehende Investitionsbereitschaft der Unternehmen in Zeiten vieler Konfliktherde auch nicht zu vernachlässigen.