Videokonferenz in Brüssel
Europäer stimmen sich mit Selenskyj ab - Macron hält Lage für "äußerst ernst"

Vor seinem heutigen Treffen mit US-Präsident Trump in Washington hat sich der ukrainische Präsident Selenskyj in einer Videokonferenz mit seinen europäischen Verbündeten abgestimmt. Selenskyj war dafür eigens nach Brüssel gekommen. Nach Washington werden ihn zahlreiche Spitzenpolitiker aus Europa begleiten, darunter auch Bundeskanzler Merz.

    Die Videokonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj und der "Koalition der Willigen". Selenskyj sitzt neben EU-Kommissionschefin von der Leyen. Die europäischen Politiker sind zugeschaltet.
    Die Videokonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj und der "Koalition der Willigen". (picture alliance / abaca / Magoni Philippe / Pool / ABACA)
    Der französische Präsident Macron bezeichnete nach der Konferenz die Lage für die Ukraine und für Europa als "äußerst ernst". Er glaube nicht, dass der russische Staatschef Putin Frieden wolle, sagte Macron. Er warf Putin vor, nicht anderes als die Kapitulation der Ukraine zu verlangen und sagte weiter: "Wenn wir heute vor Russland Schwäche zeigen, legen wir damit die Basis für künftige Konflikte." Dann werde man einen hohen Preis zahlen. "Wenn Europa frei und unabhängig sein will, müssen wir gefürchtet werden und wir müssen stark sein." Das Ziel für die Gespräche mit US-Präsident Trump sei eine gemeinsame Haltung der Europäer mit der Ukraine. Die Ukraine brauche einen starken und dauerhaften Frieden.

    Selenskyj hat in Washington europäische Unterstützung

    Macron wird mit Selenskyj nach Washington reisen, genauso wie EU-Kommissionschefin von der Leyen, Bundeskanzler Merz, der britische Premierminister Starmer, Finnlands Präsident Stubb, Italiens Regierungschefin Meloni und NATO-Generalsekretär Rutte. Zunächst sollen sich Selenskyj und Trump alleine treffen, anschließend sollen die europäischen Staats- und Regierungschef dazustoßen. Das Treffen ist eine Reaktion auf das Gespräch zwischen Trump und Putin in Alaska. Die Ukraine und viele EU-Länder hatten gefordert, an den Verhandlungen beteiligt zu werden. Merz plant nach Angaben aus Regierungskreisen lediglich einen kurzen Besuch in Washington. Er werde heute gegen Mittag im Weißen Haus eintreffen, heißt es. Für den Abend sei dann bereits der Rückflug geplant.

    Costa will notfalls Druck auf Russland erhöhen

    EU-Ratspräsident Antonio Costa bezeichnete die Einigkeit zwischen Europa und den USA als entscheidend für einen dauerhaften Frieden in der Ukraine. Sollte kein Waffenstillstand vereinbart werden, müssten die EU und die USA den Druck auf Russland erhöhen, schrieb Costa auf der Plattform X. Er habe dies bei der Video-Konferenz der "Koalition der Willigen" betont. Der Verlauf des Gipfels in Anchorage hatte unter den Ukraine-Unterstützern Besorgnis ausgelöst. So rückte Trump etwa von seiner Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand ab. Auch von Strafzöllen und Sanktionen war nicht mehr die Rede, obwohl der US-Präsident noch kurz vor dem Treffen damit gedroht hatte.
    Auch wollen die Europäer mit ihrer gemeinsamen Präsenz verhindern, dass sich im Weißen Haus Szenen wie im Februar wiederholen. Damals war Selenskyjs Treffen mit Trump vor laufenden Kameras eskaliert. In der Folge setzten die USA ihre für die Ukraine enorm wichtigen Militärhilfen vorübergehend aus.

    Selenskyj bezeichnet Frontverlauf als Grundlage für Friedensgespräche

    Selenskyj selbst brachte den aktuellen Frontverlauf als Grundlage für Friedensgespräche mit Russland ins Spiel. "Wir brauchen echte Verhandlungen, was bedeutet, dass wir dort anfangen können, wo die Frontlinie jetzt ist", sagt er in Brüssel. Die europäischen Staats- und Regierungschefs unterstützten dies. Um über ein endgültiges Abkommen zu verhandeln, sei zunächst ein Waffenstillstand notwendig, bekräftigte Selenskyj seine Position.
    Ein Knackpunkt bei dem Treffen am Montag wird das Thema Gebietsabtretungen sein, die Selenskyj immer wieder kategorisch abgelehnt hatte. Er warnte davor, Russland in dem Krieg etwas zu schenken und den Nachbarn so zu weiteren Aggressionen zu ermuntern. Russland hingegen besteht darauf, dass die Ukraine Gebietsverluste anerkennt und fordert angeblich auch den gesamten Donbass.
    Diese Nachricht wurde am 18.08.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.