Friedbert Meurer: Viel Zustimmung also von russischen Menschenrechtlern für die Bundeskanzlerin und ihren Auftritt im Programm gestern in Moskau. Dort begrüße ich Boris Chlebnikow, er ist der Vizepräsident der europäischen Akademie für Zivilgesellschaft in Moskau. Guten Morgen, Herr Chlebnikow.
Boris Chlebnikow: Guten Morgen.
Meurer: Wie wichtig war, Ihrer Meinung nach, das Treffen gestern in der Residenz des Deutschen Botschafters für die Opposition und dafür die Nichtregierungsorganisationen in Russland?
Chlebnikow: Ich glaube, das war schon ein Akzent und ich glaube es war schon sehr gewichtig, die Sache. Allerdings denke ich, speziell bei diesem Treffen hat man ja ziemlich auf Proporz geachtet, deshalb kann man nicht sagen, dort waren nur die Vertreter der Opposition oder der besonders kritischen Nichtregierungsorganisationen. Es waren durchaus auch die Vertreter der offiziellen Seite dabei, der Staatsduma, der oberen Kammer, der Wirtschaftsverbände. Wie gesagt, man hat so ziemlich auf Proporz geachtet.
Meurer: Schmälert das die Geste von Frau Merkel?
Chlebnikow: Nein, das würde ich nicht sagen. Aber es sah dann nicht so sehr als eine direkte Provokation oder Herausforderung aus. Außerdem, ich denke, man darf nicht unterschätzen, es ging auch um die Arbeit der deutschen Organisationen in Russland. Sagen wir DAAD, Goethe-Institut, politische Stiftungen, aber auch große Stiftungen, die in Russland sehr aktiv waren und im schlimmen Fall durch das neue Gesetz betroffen werden könnten.
Meurer: Wenn beide Seiten, Herr Chlebnikow, gestern zusammen kamen, ist das vielleicht gerade ein Vorteil gewesen, dass man ins Gespräch kam miteinander oder redete man da aneinander vorbei?
Chlebnikow: Meinen sie jetzt Dialog Putin - Merkel ...
Meurer: ... Ich meine den Dialog zunächst noch in der Residenz im Anschluss an das Treffen mit Putin.
Chlebnikow: Das war ja mehr oder weniger protokollarische Sache. Aber wie gesagt, nicht unbedeutend. Natürlich nicht.
Meurer: Zum Treffen von Frau Merkel mit Putin: Das Neue war ja, dass die Bundeskanzlerin öffentlich die heiklen Themen angesprochen hat. Findet das Ihren Applaus?
Chlebnikow: Das war auch ziemlich neu. Allerdings, ein Detail ist da ziemlich interessant. In den heutigen russischen Zeitungen steht geschrieben, Putin hätte das Gesetz über die Nichtregierungsorganisationen gerade unterschrieben als Frau Merkel im Anflug war.
Meurer: Stimmt dieses Detail?
Chlebnikow: Das steht in den heutigen Zeitungen.
Meurer: Das könnte bedeuten, dass der Besuch von Frau Merkel letzten Endes in der praktischen Politik, vielleicht in der Opposition, doch nicht so hilft.
Chlebnikow: Wie gesagt, was die politische Opposition anbetrifft, da kann man schlecht sagen, ob dieser Besuch, oder dieser Dialog da förderlich ist, nicht förderlich ist. Aber mir geht es tatsächlich darum, dass zunächst mal die Arbeit der deutschen Organisationen nicht beeinträchtigt werden, weil, da sind auch sehr wichtige Wachstumspunkte für unsere Nichtregierungsorganisationen. Denn rund herum um Goethe-Institut und DAAD, rund um politische Stiftungen und andere Stiftungen entwickelt sich ein großes Netzwerk der Nichtregierungsorganisationen, die für Kontakte zwischen unseren Staaten, Ländern und Gesellschaften sehr wichtig sind.
Meurer: Welche Nachteile gibt es denn Ihrer Meinung nach für die Deutschen Organisationen?
Chlebnikow: ... hätten werden können, wenn nicht die Änderungen gekommen wären in das Gesetz und wenn das Gesetz dann, na ja vernünftig umgesetzt und realisiert wird.
Meurer: Die alte Bundesregierung von Gerhard Schröder, Herr Chlebnikow, hat ja immer gesagt, wir üben Kritik im diplomatischen Bereich, nicht auf offener Bühne, denn der Kreml reagiere äußerst allergisch darauf, wenn er sozusagen öffentlich vorgeführt wird. Welche Politik ist die richtige?
Chlebnikow: Ich glaube, also ich neige eher, die Bestrebungen von Frau Merkel positiv einzuschätzen. Ein offener Dialog, so dass die Öffentlichkeit auch weiß, warum da diskutiert wird: Besonders bei konfliktträchtigen und kritischen Fragen ist es eigentlich unbedingt notwendig.
Meurer: Wie sehr waren sie am Ende von Gerhard Schröder enttäuscht, weil er das eben genau das nicht getan hat?
Chlebnikow: Speziell in diesem Bereich, ja.
Meurer: Es wird andererseits darüber geklagt, wir in Deutschland würden nur noch das Negative in Russland sehen. Tschetschenien oder jetzt den Gasstreit mit der Ukraine. Haben wir ein einseitiges Russlandbild?
Chlebnikow: Einseitigkeiten, das ist ein gutes Stichwort. Es gibt tatsächlich objektiv recht viele Asymmetrien in den Beziehungen zwischen Deutschland und Russland. Ich bleibe in meinem Bereich Nichtregierungsorganisationen, schauen sie mal, auf der russischen Seite gibt es keine Entsprechungen zu Goethe-Institut, DAAD, politische Stiftungen und so. Diese Asymmetrien, die sind mitunter Ursachen zu Missverständnissen, zu den Wünschen - Konkurrenz in Gänsefüsschen - zurückdrängen zu wollen, weil man nicht gerade in der Lage ist, eigene Strukturen zu entwickeln.
Meurer: Das war Boris Chlebnikow zum Besuch von gestern von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der russischen Hauptstadt. Herr Chlebnikow, herzlichen Dank und auf Wiederhören.
Chlebnikow: Danke Schön. Auf Wiederhören.
Boris Chlebnikow: Guten Morgen.
Meurer: Wie wichtig war, Ihrer Meinung nach, das Treffen gestern in der Residenz des Deutschen Botschafters für die Opposition und dafür die Nichtregierungsorganisationen in Russland?
Chlebnikow: Ich glaube, das war schon ein Akzent und ich glaube es war schon sehr gewichtig, die Sache. Allerdings denke ich, speziell bei diesem Treffen hat man ja ziemlich auf Proporz geachtet, deshalb kann man nicht sagen, dort waren nur die Vertreter der Opposition oder der besonders kritischen Nichtregierungsorganisationen. Es waren durchaus auch die Vertreter der offiziellen Seite dabei, der Staatsduma, der oberen Kammer, der Wirtschaftsverbände. Wie gesagt, man hat so ziemlich auf Proporz geachtet.
Meurer: Schmälert das die Geste von Frau Merkel?
Chlebnikow: Nein, das würde ich nicht sagen. Aber es sah dann nicht so sehr als eine direkte Provokation oder Herausforderung aus. Außerdem, ich denke, man darf nicht unterschätzen, es ging auch um die Arbeit der deutschen Organisationen in Russland. Sagen wir DAAD, Goethe-Institut, politische Stiftungen, aber auch große Stiftungen, die in Russland sehr aktiv waren und im schlimmen Fall durch das neue Gesetz betroffen werden könnten.
Meurer: Wenn beide Seiten, Herr Chlebnikow, gestern zusammen kamen, ist das vielleicht gerade ein Vorteil gewesen, dass man ins Gespräch kam miteinander oder redete man da aneinander vorbei?
Chlebnikow: Meinen sie jetzt Dialog Putin - Merkel ...
Meurer: ... Ich meine den Dialog zunächst noch in der Residenz im Anschluss an das Treffen mit Putin.
Chlebnikow: Das war ja mehr oder weniger protokollarische Sache. Aber wie gesagt, nicht unbedeutend. Natürlich nicht.
Meurer: Zum Treffen von Frau Merkel mit Putin: Das Neue war ja, dass die Bundeskanzlerin öffentlich die heiklen Themen angesprochen hat. Findet das Ihren Applaus?
Chlebnikow: Das war auch ziemlich neu. Allerdings, ein Detail ist da ziemlich interessant. In den heutigen russischen Zeitungen steht geschrieben, Putin hätte das Gesetz über die Nichtregierungsorganisationen gerade unterschrieben als Frau Merkel im Anflug war.
Meurer: Stimmt dieses Detail?
Chlebnikow: Das steht in den heutigen Zeitungen.
Meurer: Das könnte bedeuten, dass der Besuch von Frau Merkel letzten Endes in der praktischen Politik, vielleicht in der Opposition, doch nicht so hilft.
Chlebnikow: Wie gesagt, was die politische Opposition anbetrifft, da kann man schlecht sagen, ob dieser Besuch, oder dieser Dialog da förderlich ist, nicht förderlich ist. Aber mir geht es tatsächlich darum, dass zunächst mal die Arbeit der deutschen Organisationen nicht beeinträchtigt werden, weil, da sind auch sehr wichtige Wachstumspunkte für unsere Nichtregierungsorganisationen. Denn rund herum um Goethe-Institut und DAAD, rund um politische Stiftungen und andere Stiftungen entwickelt sich ein großes Netzwerk der Nichtregierungsorganisationen, die für Kontakte zwischen unseren Staaten, Ländern und Gesellschaften sehr wichtig sind.
Meurer: Welche Nachteile gibt es denn Ihrer Meinung nach für die Deutschen Organisationen?
Chlebnikow: ... hätten werden können, wenn nicht die Änderungen gekommen wären in das Gesetz und wenn das Gesetz dann, na ja vernünftig umgesetzt und realisiert wird.
Meurer: Die alte Bundesregierung von Gerhard Schröder, Herr Chlebnikow, hat ja immer gesagt, wir üben Kritik im diplomatischen Bereich, nicht auf offener Bühne, denn der Kreml reagiere äußerst allergisch darauf, wenn er sozusagen öffentlich vorgeführt wird. Welche Politik ist die richtige?
Chlebnikow: Ich glaube, also ich neige eher, die Bestrebungen von Frau Merkel positiv einzuschätzen. Ein offener Dialog, so dass die Öffentlichkeit auch weiß, warum da diskutiert wird: Besonders bei konfliktträchtigen und kritischen Fragen ist es eigentlich unbedingt notwendig.
Meurer: Wie sehr waren sie am Ende von Gerhard Schröder enttäuscht, weil er das eben genau das nicht getan hat?
Chlebnikow: Speziell in diesem Bereich, ja.
Meurer: Es wird andererseits darüber geklagt, wir in Deutschland würden nur noch das Negative in Russland sehen. Tschetschenien oder jetzt den Gasstreit mit der Ukraine. Haben wir ein einseitiges Russlandbild?
Chlebnikow: Einseitigkeiten, das ist ein gutes Stichwort. Es gibt tatsächlich objektiv recht viele Asymmetrien in den Beziehungen zwischen Deutschland und Russland. Ich bleibe in meinem Bereich Nichtregierungsorganisationen, schauen sie mal, auf der russischen Seite gibt es keine Entsprechungen zu Goethe-Institut, DAAD, politische Stiftungen und so. Diese Asymmetrien, die sind mitunter Ursachen zu Missverständnissen, zu den Wünschen - Konkurrenz in Gänsefüsschen - zurückdrängen zu wollen, weil man nicht gerade in der Lage ist, eigene Strukturen zu entwickeln.
Meurer: Das war Boris Chlebnikow zum Besuch von gestern von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der russischen Hauptstadt. Herr Chlebnikow, herzlichen Dank und auf Wiederhören.
Chlebnikow: Danke Schön. Auf Wiederhören.