Deutschland bezieht etwa ein Drittel seins Gases aus Russland, andere, vor allem östlichere EU-Staaten bis zu 100 Prozent. In Zeiten wie diesen wird dies nicht als wirtschaftliche Verflechtung, sondern als Abhängigkeit empfunden - je weiter östlich, umso mehr. Kein Wunder, dass aus dieser Richtung, aus Polen, der Vorschlag einer europäischen Energieunion kommt. Polens Ministerpräsidenten Donald Tusk wird vor allem von politischen Überlegungen getrieben. Polens ehemaliger Botschafter in Deutschland, Janusz Reiter, sagte heute im Deutschlandfunk, Europa müsse damit eine potenzielle Stärke nutzen:
"Die Europäische Union hat doch eine Wirtschaftsstärke, die ist viel größer als die von Russland, und trotzdem bekommen wir Angst, wenn zumindest bei uns der Gedanke aufgeht, wir könnten von Russland bedroht werden, indem die Gaslieferungen gestoppt werden könnten."
Gemeinsamer Gaseinkauf aller 28 EU-Staaten ist eine Idee der Energieunion. Die konzertierte Einkaufsmacht sollte den russischen Anbieter Gazprom bewegen, von seiner Preispolitik abzugehen. Denn Gazprom hält eisern daran fest, den Gaspreis an den Ölpreis zu binden. Norwegen und die Niederlande sind dagegen dazu übergegangen, den Gaspreis an den Terminmärkten auszurichten, also an einem Marktpreis. Der steht unter Druck, weil Amerika genug eigenes Schiefergas hat, auf dem Weltmarkt Gas kaum mehr nachfragt. So ist der Börsenpreis für Gas gesunken. Eugen Weinberg, der Energieexperte der Commerzbank:
"Den Druck auf Gazprom soll man erhöhen, in der Zukunft transparenter auf diesem Markt zu agieren."
Es fehlt an technischen Möglichkeiten
Die Gaspreise von Gazprom sind dem Markt kaum bekannt. Sie richten sich nach den Lieferverträgen. Die kann der Markt kaum einschätzen: Liefermengen, Laufzeit und Preise – alles im Detail nicht bekannt.
Ein zweiter zentraler Punkt in Tusks Idee von der Energieunion ist neben dem gemeinsamen Einkauf ein Solidaritätsmechanismus. Der sollte Engpässe in der Gasversorgung einzelner Staaten ausgleichen. Aber es fehlte die technische Möglichkeit, Gas innerhalb der EU effizient zu verteilen. Eugen Weinberg:
"Solange die Netze nicht gewährleisten können, dass das Gas von einem Land in das andere übertragen werden kann, ist es sehr schwer, solch eine Einkaufsgemeinschaft sich vorzustellen."
Marktbeobachter wie er wünschen sich die Energieunion auch als Diskussionsplattform darüber, wie die Abhängigkeiten vermindert werden könnten. Neue Lieferanten aus Afrika kämen in Frage, der Ausbau grüner Energien und auch das Fracking. Alles keine schnelle Lösung.