Heckmann: Wenn alles gut geht, dann wäre die Europäische Union wieder da, wo sie schon einmal gewesen ist, nämlich im Jahr 2004. Nach jahrelanger Arbeit des EU-Konvents hatten sich die Staats- und Regierungschefs auf einen Verfassungsvertrag für die Europäische Union verständigt, ein Schritt, der die erweiterte Union vor der Handlungsfähigkeit bewahren und der Europa transparenter und demokratischer machen sollte. Doch die Verfassung fiel bei den Volksabstimmungen in Frankreich und in den Niederlanden bekanntlich durch. Es war der Beginn einer tiefen Krise.
Nun wollen die Staats- und Regierungschefs in Lissabon letzte Hand anlegen, um das Projekt noch zu retten. Jetzt allerdings ist nicht mehr von einer Verfassung die Rede, sondern nur noch von einem Änderungsvertrag. Einige Schwierigkeiten sind allerdings noch auszuräumen.
Am Telefon begrüße ich jetzt Jean-Claude Juncker, Premierminister Luxemburgs, der heute ebenfalls in Lissabon erwartet wird. Guten Morgen Herr Juncker!
Juncker: Guten Morgen.
Heckmann: Herr Juncker, geplant war die EU-Verfassung ursprünglich mit Fahne, Hymne und allem was dazu gehört. Jetzt steht ein Paragraphenwerk zur Abstimmung, Änderungsvertrag genannt. Mit welchen Gefühlen reisen Sie jetzt nach Lissabon? Ist da noch so etwas wie Begeisterung, oder ist es schlicht Ernüchterung?
Juncker: Ich verliere über Europa meine Illusionen nie, weil ich habe mir nie Illusionen gemacht. Deshalb reise ich nach Lissabon nicht in freudiger Erwartung - die wurde enttäuscht nach dem Nein der Franzosen und der Niederländer zum Verfassungsvertrag -, sondern mit Zuversicht. Wir müssen es diesmal schaffen. Wir haben nicht das Recht, noch einmal zu scheitern.
Heckmann: Aber Begeisterung hört sich anders an?
Juncker: Bitte?
Heckmann: Aber Begeisterung hört sich anders an?
Juncker: Ich bleibe ein begeisterter Europäer, aber mir wäre es recht gewesen, wenn es bei dem Verfassungsvertrag so wie wir ihn unterzeichnet hatten und wie er im Übrigen auch in Luxemburg per Volksreferendum angenommen wurde, wenn es bei dem Test geblieben wäre. Aber Gott sei Dank bleibt es jetzt bei diesem Reformvertrag, bei diesem Abänderungsvertrag, den wir jetzt auf den Weg schicken, so, dass die Substanzelemente des Verfassungsvertrages erhalten bleiben. Die Institutionen werden neu aufgestellt. Wir können effizienter, schneller, besser und tiefer regieren. Wir kriegen eine Grundrechtscharta in die Hand. Das soziale Europa wird gestärkt. Der Kampf gegen das grenzüberschreitende Verbrechen wird wesentlich einfach werden. Es passiert vieles in diesem Reformvertrag, aber eben nicht alles, was hätte passieren müssen, damit die Dinge in Europa endgültig dingfest gemacht werden können.
Heckmann: Aber unterm Strich würden Sie sagen, die Handlungsfähigkeit der Union wird mit diesem Änderungsvertrag gesichert und auch ein weiterer Schritt in Richtung mehr Demokratie wird gegangen, ein Schritt, der auch ausreicht?
Juncker: Schritte in Richtung Demokratie reichen nie aus, aber was wir in diesem Reformvertrag, so wie es auch im Verfassungsvertrag angedacht war, als demokratisch zusätzliche Legitimationsmasse kriegen, dies ist schon erheblich mehr. Und durch die Tatsache, dass es ein europäisches Bürgerbegehren geben kann - wo gibt es das in der Welt, dass es länderübergreifende, grenzüberschreitende Bürgerbegehren gibt -, wird es auch so sein, dass wir in etwa 40 Feldern, wo heute mit Einstimmigkeit entschieden werden muss, in Zukunft mit Mehrheit entscheiden müssen, und zwar mit einer Mehrheit, die durch das Zusammenwirken von Ministerrat und von Europäischem Parlament, also vom direkt gewählten Europäischen Parlament zu Stande kommt. Europa wird effizienter. Europa wird demokratischer. Dadurch allein wird es nicht besser. Die europäische Politik muss jetzt mit ihrer Nabelschau aufhören und muss wirklich durchstarten. Die Welt wartet nicht auf Europa. Die Zeit und Geschichte laufen immer schneller. Wir müssen uns sputen!
Heckmann: Herr Juncker, einige Länder haben kräftig in dem Vertrag herumgefuhrwerkt. Da gibt es Ausstiegsklauseln aus der Grundrechte-Charta, die Sie eben gerade schon angesprochen haben. In der Innen- und Justizpolitik geht Großbritannien beispielsweise eigene Wege. Ist das jetzt das Europa der zwei Geschwindigkeiten?
Juncker: Nein, das ist noch nicht das Europa der zwei Geschwindigkeiten, obwohl diese Systematik der sich ständig zahlenmäßig erweiternden Gegner der Altklauseln anfängt, das gesamte Vertragswerk auf Dauer, falls dem nicht Einhalt geboten wird, brüchig zu machen. Länder wie Großbritannien, die immer wieder Sonderklauseln für sich beanspruchen und sie auch nutzen, die immer wieder aussteigen möchten via option out-Klauseln aus gemeinsamen Politiken, müssen selbst wissen, dass die so etwas werden wie Teilmitglieder. Großbritannien ist zu wichtig, um nur noch Teilmitglied in Europa sein zu können.
Heckmann: Das heißt die Länder schaden sich selbst?
Juncker: Man sollte nie so arrogant und vermessen sein, anderen Ländern Vorschriften zu machen, besondern wenn man es nicht mal schafft, sein eigenes Land anständig zu regieren. Aber ich finde schon, wer am europäischen Tisch so sitzen möchte, dass er wirklich Einfluss hat, wer über diesen Einfluss, den er am europäischen Tisch ausübt, in der Welt Einfluss ausüben möchte, mit Europa und nicht ohne Europa, der tut auf Dauer nicht gut daran, zu zickig zu sein, wenn es um europäische Fortschritte und Vertragsverbesserungen geht. Ein Land wie Großbritannien braucht eigentlich kein option out. Wenn es solche braucht, sollten sie so in den neuen Vertrag geschrieben werden, dass sie auch jederzeit rückgängig gemacht werden können, ohne dass wir Vertragsänderungen bräuchten und ohne dass wir in ein schwieriges Ratifikationsverfahren dann wiederum eintreten müssten, weil Großbritannien, Polen und andere jetzt aus ihren option out-Klauseln, was ich wünschte, aussteigen müssen.
Heckmann: Beim Juni-Gipfel in Brüssel wartete die polnische Seite mit unerwarteten Nachforderungen auf. Rechnen Sie auch jetzt wieder mit neuen Überraschungen von dieser Seite?
Juncker: Ich glaube nicht, dass es sehr erhebliche Überraschungen geben wird. Es ist bekannt, dass Polen einen Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof wünscht. Das scheint mir kein nicht unangemessener Wunsch zu sein. Und Polen möchte die sogenannte Ioannina-Klausel im Primärrecht verankern, via Einschreibung in den Vertrag oder via Protokoll. Andere wiederum wie auch ich sind der Meinung, bei aller Notwendigkeit, die es gibt, den polnischen Freunden die Garantie an die Hand zu geben, dass sich gegen ihren Willen diese Ioannina-Klausel, die Mehrheitsentscheidung im Rat etwas schwieriger macht, falls Polen und andere sie nicht wünschen, bei allem Verständnis dafür, dass Polen diese Garantie braucht, darf es nicht so sein, dass durch die Ioannina-Hintertür die Einstimmigkeit de facto wieder eingeführt wird, die Einstimmigkeit, die wir jetzt in vielen Bereichen abschaffen möchten und die wir durch qualifizierte Mehrheitsentscheidungen abgelöst sehen möchten. Wenn diese Ioannina-Tür zu oft geöffnet wird, dann wird es Durchzug in der europäischen Küche geben und das tut den Köchen nicht gut.
Heckmann: Herr Juncker, wenn der Vertrag jetzt so beschlossen wird wie geplant, ist dann damit aus Ihrer Sicht zu rechnen, dass der Vertrag auch in allen 27 Mitgliedsländern dann ratifiziert wird?
Juncker: Es täte mich sehr wundern, wenn es unterwegs nicht Schwierigkeiten gäbe. Ich hoffe allerdings sehr, dass diese Schwierigkeiten nie so groß sein werden, dass ein Mitgliedsland nicht zustimmen könnte. Aber dass wir noch spannende Ratifikationsdebatten haben, dass wir noch spannende leidenschaftliche Auseinandersetzungen um das Thema Europa herum in einigen nationalen Öffentlichkeiten und in einigen nationalen Parlamenten haben werden, das glaube ich schon. Europäische Dinge sind nie einfach, wenn sie auf den Punkt gebracht werden.
Heckmann: Aber Herr Juncker, ein Scheitern würden Sie auch nicht ausschließen?
Juncker: Ich schließe ein Scheitern aus, weil ich mir denke, dass sowohl Regierungen wie Parlamente wie auch öffentliche und veröffentlichte Meinungen begriffen haben, dass wir uns einen weiteren europäischen Rückschlag nicht erlauben können. Ich wiederhole mich: Die Welt geht weiter. Die Zeit läuft schnell. Wir können nicht auf den Zuschauerrängen der Weltpolitik Platz nehmen. Wir müssen mitspielen.
Heckmann: Herr Juncker, die EU verändert ihr Gesicht. Es soll demnächst in Zukunft einen Präsidenten des Europäischen Rates geben, der eben die Europäische Union repräsentiert. Sie selbst sind dafür im Gespräch. Können Sie sich diesen Job vorstellen?
Juncker: Ich kann mir vor allem nicht vorstellen, dass ich eine derartige Frage beantworte, bevor der Job überhaupt geschaffen ist. Jetzt machen wir Regierungskonferenz, bringen die zu Ende, dann wird dieser Vertrag ratifiziert und Postenbesetzungen kommen später. Mich interessiert die Identität der Sachen, die der EU-Präsident machen soll, nicht unbedingt die Identität eines Präsidenten, von dem ich nicht weiß, welche Sachen und welche Politikvorhaben er hätte.
Heckmann: Aber reizen würde Sie diese Aufgabe schon?
Juncker: Es reizt mich vor allem jetzt, diese Frage nicht zu beantworten.
Heckmann: Jean-Claude Juncker war das, Premierminister Luxemburgs, zum EU-Gipfel in Lissabon. Herzlichen Dank für das Gespräch!
Juncker: Danke schön. Tschüß!
Nun wollen die Staats- und Regierungschefs in Lissabon letzte Hand anlegen, um das Projekt noch zu retten. Jetzt allerdings ist nicht mehr von einer Verfassung die Rede, sondern nur noch von einem Änderungsvertrag. Einige Schwierigkeiten sind allerdings noch auszuräumen.
Am Telefon begrüße ich jetzt Jean-Claude Juncker, Premierminister Luxemburgs, der heute ebenfalls in Lissabon erwartet wird. Guten Morgen Herr Juncker!
Juncker: Guten Morgen.
Heckmann: Herr Juncker, geplant war die EU-Verfassung ursprünglich mit Fahne, Hymne und allem was dazu gehört. Jetzt steht ein Paragraphenwerk zur Abstimmung, Änderungsvertrag genannt. Mit welchen Gefühlen reisen Sie jetzt nach Lissabon? Ist da noch so etwas wie Begeisterung, oder ist es schlicht Ernüchterung?
Juncker: Ich verliere über Europa meine Illusionen nie, weil ich habe mir nie Illusionen gemacht. Deshalb reise ich nach Lissabon nicht in freudiger Erwartung - die wurde enttäuscht nach dem Nein der Franzosen und der Niederländer zum Verfassungsvertrag -, sondern mit Zuversicht. Wir müssen es diesmal schaffen. Wir haben nicht das Recht, noch einmal zu scheitern.
Heckmann: Aber Begeisterung hört sich anders an?
Juncker: Bitte?
Heckmann: Aber Begeisterung hört sich anders an?
Juncker: Ich bleibe ein begeisterter Europäer, aber mir wäre es recht gewesen, wenn es bei dem Verfassungsvertrag so wie wir ihn unterzeichnet hatten und wie er im Übrigen auch in Luxemburg per Volksreferendum angenommen wurde, wenn es bei dem Test geblieben wäre. Aber Gott sei Dank bleibt es jetzt bei diesem Reformvertrag, bei diesem Abänderungsvertrag, den wir jetzt auf den Weg schicken, so, dass die Substanzelemente des Verfassungsvertrages erhalten bleiben. Die Institutionen werden neu aufgestellt. Wir können effizienter, schneller, besser und tiefer regieren. Wir kriegen eine Grundrechtscharta in die Hand. Das soziale Europa wird gestärkt. Der Kampf gegen das grenzüberschreitende Verbrechen wird wesentlich einfach werden. Es passiert vieles in diesem Reformvertrag, aber eben nicht alles, was hätte passieren müssen, damit die Dinge in Europa endgültig dingfest gemacht werden können.
Heckmann: Aber unterm Strich würden Sie sagen, die Handlungsfähigkeit der Union wird mit diesem Änderungsvertrag gesichert und auch ein weiterer Schritt in Richtung mehr Demokratie wird gegangen, ein Schritt, der auch ausreicht?
Juncker: Schritte in Richtung Demokratie reichen nie aus, aber was wir in diesem Reformvertrag, so wie es auch im Verfassungsvertrag angedacht war, als demokratisch zusätzliche Legitimationsmasse kriegen, dies ist schon erheblich mehr. Und durch die Tatsache, dass es ein europäisches Bürgerbegehren geben kann - wo gibt es das in der Welt, dass es länderübergreifende, grenzüberschreitende Bürgerbegehren gibt -, wird es auch so sein, dass wir in etwa 40 Feldern, wo heute mit Einstimmigkeit entschieden werden muss, in Zukunft mit Mehrheit entscheiden müssen, und zwar mit einer Mehrheit, die durch das Zusammenwirken von Ministerrat und von Europäischem Parlament, also vom direkt gewählten Europäischen Parlament zu Stande kommt. Europa wird effizienter. Europa wird demokratischer. Dadurch allein wird es nicht besser. Die europäische Politik muss jetzt mit ihrer Nabelschau aufhören und muss wirklich durchstarten. Die Welt wartet nicht auf Europa. Die Zeit und Geschichte laufen immer schneller. Wir müssen uns sputen!
Heckmann: Herr Juncker, einige Länder haben kräftig in dem Vertrag herumgefuhrwerkt. Da gibt es Ausstiegsklauseln aus der Grundrechte-Charta, die Sie eben gerade schon angesprochen haben. In der Innen- und Justizpolitik geht Großbritannien beispielsweise eigene Wege. Ist das jetzt das Europa der zwei Geschwindigkeiten?
Juncker: Nein, das ist noch nicht das Europa der zwei Geschwindigkeiten, obwohl diese Systematik der sich ständig zahlenmäßig erweiternden Gegner der Altklauseln anfängt, das gesamte Vertragswerk auf Dauer, falls dem nicht Einhalt geboten wird, brüchig zu machen. Länder wie Großbritannien, die immer wieder Sonderklauseln für sich beanspruchen und sie auch nutzen, die immer wieder aussteigen möchten via option out-Klauseln aus gemeinsamen Politiken, müssen selbst wissen, dass die so etwas werden wie Teilmitglieder. Großbritannien ist zu wichtig, um nur noch Teilmitglied in Europa sein zu können.
Heckmann: Das heißt die Länder schaden sich selbst?
Juncker: Man sollte nie so arrogant und vermessen sein, anderen Ländern Vorschriften zu machen, besondern wenn man es nicht mal schafft, sein eigenes Land anständig zu regieren. Aber ich finde schon, wer am europäischen Tisch so sitzen möchte, dass er wirklich Einfluss hat, wer über diesen Einfluss, den er am europäischen Tisch ausübt, in der Welt Einfluss ausüben möchte, mit Europa und nicht ohne Europa, der tut auf Dauer nicht gut daran, zu zickig zu sein, wenn es um europäische Fortschritte und Vertragsverbesserungen geht. Ein Land wie Großbritannien braucht eigentlich kein option out. Wenn es solche braucht, sollten sie so in den neuen Vertrag geschrieben werden, dass sie auch jederzeit rückgängig gemacht werden können, ohne dass wir Vertragsänderungen bräuchten und ohne dass wir in ein schwieriges Ratifikationsverfahren dann wiederum eintreten müssten, weil Großbritannien, Polen und andere jetzt aus ihren option out-Klauseln, was ich wünschte, aussteigen müssen.
Heckmann: Beim Juni-Gipfel in Brüssel wartete die polnische Seite mit unerwarteten Nachforderungen auf. Rechnen Sie auch jetzt wieder mit neuen Überraschungen von dieser Seite?
Juncker: Ich glaube nicht, dass es sehr erhebliche Überraschungen geben wird. Es ist bekannt, dass Polen einen Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof wünscht. Das scheint mir kein nicht unangemessener Wunsch zu sein. Und Polen möchte die sogenannte Ioannina-Klausel im Primärrecht verankern, via Einschreibung in den Vertrag oder via Protokoll. Andere wiederum wie auch ich sind der Meinung, bei aller Notwendigkeit, die es gibt, den polnischen Freunden die Garantie an die Hand zu geben, dass sich gegen ihren Willen diese Ioannina-Klausel, die Mehrheitsentscheidung im Rat etwas schwieriger macht, falls Polen und andere sie nicht wünschen, bei allem Verständnis dafür, dass Polen diese Garantie braucht, darf es nicht so sein, dass durch die Ioannina-Hintertür die Einstimmigkeit de facto wieder eingeführt wird, die Einstimmigkeit, die wir jetzt in vielen Bereichen abschaffen möchten und die wir durch qualifizierte Mehrheitsentscheidungen abgelöst sehen möchten. Wenn diese Ioannina-Tür zu oft geöffnet wird, dann wird es Durchzug in der europäischen Küche geben und das tut den Köchen nicht gut.
Heckmann: Herr Juncker, wenn der Vertrag jetzt so beschlossen wird wie geplant, ist dann damit aus Ihrer Sicht zu rechnen, dass der Vertrag auch in allen 27 Mitgliedsländern dann ratifiziert wird?
Juncker: Es täte mich sehr wundern, wenn es unterwegs nicht Schwierigkeiten gäbe. Ich hoffe allerdings sehr, dass diese Schwierigkeiten nie so groß sein werden, dass ein Mitgliedsland nicht zustimmen könnte. Aber dass wir noch spannende Ratifikationsdebatten haben, dass wir noch spannende leidenschaftliche Auseinandersetzungen um das Thema Europa herum in einigen nationalen Öffentlichkeiten und in einigen nationalen Parlamenten haben werden, das glaube ich schon. Europäische Dinge sind nie einfach, wenn sie auf den Punkt gebracht werden.
Heckmann: Aber Herr Juncker, ein Scheitern würden Sie auch nicht ausschließen?
Juncker: Ich schließe ein Scheitern aus, weil ich mir denke, dass sowohl Regierungen wie Parlamente wie auch öffentliche und veröffentlichte Meinungen begriffen haben, dass wir uns einen weiteren europäischen Rückschlag nicht erlauben können. Ich wiederhole mich: Die Welt geht weiter. Die Zeit läuft schnell. Wir können nicht auf den Zuschauerrängen der Weltpolitik Platz nehmen. Wir müssen mitspielen.
Heckmann: Herr Juncker, die EU verändert ihr Gesicht. Es soll demnächst in Zukunft einen Präsidenten des Europäischen Rates geben, der eben die Europäische Union repräsentiert. Sie selbst sind dafür im Gespräch. Können Sie sich diesen Job vorstellen?
Juncker: Ich kann mir vor allem nicht vorstellen, dass ich eine derartige Frage beantworte, bevor der Job überhaupt geschaffen ist. Jetzt machen wir Regierungskonferenz, bringen die zu Ende, dann wird dieser Vertrag ratifiziert und Postenbesetzungen kommen später. Mich interessiert die Identität der Sachen, die der EU-Präsident machen soll, nicht unbedingt die Identität eines Präsidenten, von dem ich nicht weiß, welche Sachen und welche Politikvorhaben er hätte.
Heckmann: Aber reizen würde Sie diese Aufgabe schon?
Juncker: Es reizt mich vor allem jetzt, diese Frage nicht zu beantworten.
Heckmann: Jean-Claude Juncker war das, Premierminister Luxemburgs, zum EU-Gipfel in Lissabon. Herzlichen Dank für das Gespräch!
Juncker: Danke schön. Tschüß!