Vor noch nicht allzu langer Zeit interessierten sich für das Urheberrecht nur die Kreativen selbst, die Verlage und sonstigen Verwertungsunternehmen und allenfalls noch die Rechtsanwälte. Das hat sich jedoch grundlegend geändert. Mehr Digitalisierung bedeutet auch, mehr Fragen an ein modernes Urheberrecht. Denn zu den klassischen Playern sind neue hinzugekommen, allen voran die großen Plattformen wie Google, Facebook und andere, auf denen Jedermann nicht nur Inhalte konsumieren, sondern vor allem auch selbst veröffentlichen kann. Damit wird eine Menge Geld verdient.
Und die Frage nun: In wessen Tasche soll das fließen. Und wer ist für die einzelnen Inhalte verantwortlich, wenn es dabei zu Urheberrechtsverletzungen kommt? Der Nutzer, also der Youtuber, Instagrammer, Twitterer und Facebooker? Oder gar die Plattformen selbst? Was muss getan werden, um Urheberrechtsverletzungen zu verhindern und wie weit kann man dabei gehen?
Auch wenn man in den vergangenen Tagen den Eindruck gewonnen haben konnte - neu ist die Diskussion nicht. Bereits 2016 hat die Europäische Kommission den Entwurf für eine Richtlinie über das Urheberrecht im Digitalen Zeitalter vorgestellt. Zuständig war seinerzeit der deutsche EU-Kommissar für Digitalwirtschaft Günther Öttinger:
"Wir wollen Piraterie verhindern und wir wollen die Online-Plattformen in die Verantwortung bringen, von dem, was sie durch Werbung in großem Umfang verdienen, einen fairen Anteil an Verlage und an Kreativschaffende weiterzugeben. Wir wollen value gap, zwischen dem, was erwirtschaftet wird und dem, was zu wenig bei den Kreativen ankommt, schließen. Und dafür die Rechtsposition für Verhandlungen für die Kreativwirtschaft und auch für Verleger entsprechend stärken."
Position der Rechteinhaber verbessern
Einer derjenigen, denen die vorgesehenen Änderungen eigentlich zu Gute kommen soll, ist der Berliner Musiker und Filmmusikkomponist Micki Meuser. Er hat Alben mit Bands wie den Ärzten, Ideal oder Silly produziert. Seit den neunziger Jahren komponiert er vor allem Filmmusik.
"Ich habe ungefähr mit meinen Rechten sowohl als Komponist, als auch als Musikproduzent oder als Bassspieler und Keyboardspieler ungefähr fünf- bis zehntausend Werke auf Youtube, an denen ich die Rechte habe und an denen ich eigentlich beteiligt werden müsste. Die Beteiligung ist null."
Für Micki Meuser ist klar, woran es hakt: "Das liegt daran, dass sich die digitalen Monopole - und da muss man ganz klar Youtube, Google, Facebook ansprechen - weigern, angemessen und fair zu vergüten, an die Menschen, die die Musik herstellen."
Die Ausrede, die Plattformen würden doch lediglich Speicherplatz zur Verfügung stellen und seien ansonsten passiv, lässt er nicht gelten:
"Wer, wie Youtube 23 Milliarden in Europa im Jahr 2017 macht, spielt eine aktive Rolle. Und wer diese 23 Milliarden mit den Werken von Kreativen macht, soll diese Kreativen beteiligen."
So sieht es auch die EU-Kommission. Mit ihrem Vorschlag von 2016 will Brüssel – so steht es zumindest in den Gründen zum Richtlinienvorschlag – die Position der Rechteinhaber bei der Verwertung ihrer Inhalte durch Online-Dienste, die von den Nutzern hochgeladene Inhalte zugänglich machen, verbessern. Vor allem im Fokus dabei – Google mit seiner Musik- und Videoplattform Youtube.
Der Vorschlag sieht vor, dass die Plattformen auf der einen Seite mehr Inhalte lizensieren und dann auf der anderen Seite sicherstellen müssen, dass nur Inhalte hochgeladen werden, die nicht gegen Lizenzvereinbarungen mit Rechteinhabern verstoßen. Die Rede ist dabei von "wirksamen Inhaltsfiltern" – und genau an diesen entzündet sich eine der heftigsten Diskussionen um die geplante Urheberrechtsreform. Solche "Uploadfilter" würden das freie Internet kaputtmachen, sagen die einen. Das zu behaupten seien Fakenews, sagen die anderen. Der Rechtsausschuss im Europäischen Parlament hat vor einigen Tagen einen Bericht an das Parlament beschlossen, in dem sich die Abgeordneten mehrheitlich für die Einführung von Inhaltsfiltern ausgesprochen haben.
Musik- und Videofilter im Einsatz
Dass die Vorschläge von der Kommission letztendlich den Kreativen zu Gute kommen, bezweifelt allerdings der Berliner Urheberrechtsanwalt Till Kreutzer. Er verfolgt die Debatte intensiv und meint, dass das Lizenzierungs- und Blockierungsmodell eher Schaden als Nutzen bringe.
"Der erste Effekt ist, meines Erachtens – und das ist dann schon der erste Kollateralschaden – ist, dass wenn sie dazu gezwungen werden, mit jedem über jeden urheberrechtlich geschützten Fitzel, den Nutzer auf solche Plattformen hochladen, einen Lizenzvertrag schließen mit irgendwem, dann wird achtzig Prozent der kleineren Anbieter kaputtgehen, die wird es gar nicht mehr geben. Und von Firmen, die es nicht gibt, gibt es kein Geld."
Der Jurist befürchtet, dass eine Marktbereinigung zu Gunsten der großen Plattformanbieter die Folge wäre. Denn nur diese könnten den organisatorischen und vor allem auch technischen Aufwand leisten, den eine umfangreiche Lizenzierung, vor allem aber das Entwickeln wirksamer Inhaltsfilter mit sich bringt. Und in der Tat, Google arbeitet auf Youtube bereits seit Jahren mit einem System, das erkennt, ob für bestimmte Inhalte eine Lizenzierung besteht oder ob nicht. Ralf Bremer, Sprecher von Google Deutschland erläutert, wie das funktioniert.
"Wir haben mit Content ID eine Technologie entwickelt, die Rechteinhaber in die Lage versetzt, ihre Inhalte auf Youtube selbst zu kontrollieren. Das funktioniert wie folgt: Wir können auf Basis eines sogenannten digitalen Fingerabdruckes feststellen, wenn urheberrechtlich geschütztes Material, also zum Beispiel Filme oder Musik, auf Youtube hochgeladen werden. Der Rechteinhaber hat dann drei Möglichkeiten: er kann den Inhalt dort belassen, er kann ihn sperren lassen und er kann ihn monetarisieren, also Werbung im Umfeld dieses Videos schalten."
Seit der Einführung von Content ID wurden so rund zwei Milliarden Euro an die Rechteinhaber ausgeschüttet, sagt Google.
Software zum Schutz von urheberrechtlich geschützem Material
Aber was Google kann, können deshalb andere noch lange nicht. Außerdem ist es mit einem Musik- und Videofilter noch lange nicht getan. Denn nach der geplanten Richtlinie müssen alle Daten, die urheberrechtlich geschützt sein könnten, kontrolliert werden. Der europäische Gesetzgeber habe sich zu sehr auf ein Problem fokussiert, sagt Rechtsanwalt Till Kreutzer.
"Es wird viel zu sehr auf diese eine Konstellation geguckt. Es gibt Youtube und es gibt Musik und es gibt Video. Und die haben eine Technologie gebaut, Klammer auf, die sehr teuer ist, Klammer zu. Das konnte sich natürlich wieder in erster Linie wieder nur Google leisten, die einigermaßen funktioniert. Aber wie ist das bei Texten? Erkennen Sie mal Textzitate, ob die zulässig sind. Oder tatsächlich auch Textparodien, oder bei Fotografien, oder, oder, oder, oder."
Dass selbst bei Audiodateien die Technik an ihre Grenzen stoßen kann, weiß auch Frank Pallas von der Technischen Universität Berlin.
"Je nachdem, wie der Mechanismus dann gestrickt ist, der Algorithmus, der dahinter dann steckt, kann es zum Beispiel darauf hinauslaufen, dass er nur bestimmte Noten erkennt. Und dann kann es durchaus passieren, dass die gleichen Noten oder sagen wir mal irgend so eine ähnliche Repräsentation erkannt wird – bei einer Gartenparty oder bei irgend einer Großveranstaltung, wo Musik gespielt wird oder so. Und dann kann so etwas passieren, dass ein Algorithmus dann erkennt, oh hier ist in der Tonspur ein Lied, für das Ansprüche angemeldet wurden, und jetzt muss ich das mal blocken."
Wie aber kann überhaupt Software erkennen, ob hochgeladene Dateien einem bestimmten urheberrechtlich geschützten Material entsprechen? Auch darauf weiß der Informatiker Frank Pallas eine Antwort.
"Das funktioniert grundsätzlich so, dass ein Anbieter, der zum Beispiel Urheberrechte an einem Musikstück geltend machen will oder an einem Bild, Referenzmaterial zur Verfügung stellt und darüber werden dann mit ausgeklügelten mathematischen Verfahren Repräsentationen gebildet, also praktisch Beschreibungen, die beschreiben, was der Inhalt jetzt dieses Musikstückes, dieses Bildes ist. Und auf der Basis dieser Beschreibung und nicht des Referenzmaterials werden dann Vergleiche mit neuen Dingen angestellt. Wenn dann ein Nutzer irgendetwas hoch lädt, wird darüber praktisch ein ähnliches Verfahren angewandt und dann kann man diese mathematischen Repräsentationen miteinander vergleichen."
Je gleicher diese Repräsentationen dann sind, sagt Frank Pallas, desto wahrscheinlicher ist es, dass hier die gleiche Quelle vorliegt.
"Und ab einem bestimmten Schwellenwert wird man dann sagen, dass der Plattformbetreiber zum Beispiel sagt, ab einer Übereinstimmung von 99,4 Prozent oder sowas, nehmen wir an, dass es sich hier um das gleiche Material handelt und dann wird das zum Beispiel geblockt."
Im Zweifel käme es zur Blockade
Das Verfahren wird dabei nicht nur auf die gesamte Datei, sondern auf kleine Dateischnipsel beispielsweise von wenigen Sekunden angewandt. So bekommt man viele Repräsentationen und kann damit auch feststellen, ob beispielsweise nur ein Ausschnitt urheberrechtlich geschützten Materials hochgeladen wurde. Was die Algorithmen aber nicht können: sie können nicht rechtlich beurteilen, ob Inhalte zulässigerweise verwendet werden, sei es als urheberechtlich erlaubtes Zitat oder als Parodie oder ähnliches. Wenn so etwas aber künftig automatisch blockiert werde, gehe ein gutes Stück Debattenkultur verloren, befürchtet Martin Madej von der Verbraucherzentrale Bundesverband.
"Weil Inhalte die wir meinen, immer in einem Kontext erscheinen. Die werden mit anderen Inhalten verwoben, es hat vielleicht einen bestimmten politischen Kontext. Und ich kann mir schlicht nicht vorstellen, wie Inhalte dann in einen Kontext gestellt werden von einer künstlichen Intelligenz."
Madej befürchtet, dass Plattformbetreiber, um auf der sicheren Seite zu sein, Inhalte im Zweifel eher blocken als das Risiko einer Urheberrechtsverletzung einzugehen. Und das Problem wird dann noch gravierender, wenn es keine effektive Möglichkeit gibt, sich gegen ein unrechtmäßiges Blocken zu wehren.
"Dass wir dann klar sehen müssen, dass wir dann im Sinne eines so genannten Put-Back-Rechtes eben die Möglichkeit haben, dass Inhalte verpflichtend wiedererscheinen müssen. Das halte ich ehrlich gesagt für das Mindeste, um mit einer solchen Regelung umgehen zu können."
So sieht es auch Professor Axel Metzger von der Humboldt-Universität Berlin. Er meint zwar, dass die Vorschläge der Kommission grundsätzlich die Lage der Kreativwirtschaft verbessern könnten, fordert aber Nachbesserungen. Auch für ihn ist es wichtig, dass Schutzmechanismen gewährleisten, dass zu Unrecht gefilterte Inhalte auch wieder auf die Plattform kommen. Außerdem spricht er sich dafür aus, dass letztendlich auch die Urheber selbst etwas vom Kuchen abbekommen und nicht nur die Verlage, Plattenfirmen und Filmverleiher. Deshalb sollte es, so Metzger, einen eigenen Anspruch der Urheber gegen die Plattformen geben.
"Man muss die Sorge haben, dass, wenn es dort zu zusätzlichen Einnahmen kommt, die am Ende eben auch bei den Unternehmen bleiben, die die ausschließlichen Rechteinhaber sind. Die Frage ist sehr kritisch, wie eigentlich am Ende sichergestellt ist, dass auch das Geld wirklich bei den Urhebern ankommt."
Google ist vorteilhaften Verhandlungsposition
Um diese Frage, wer letztendlich von einer Verwertung im Internet profitiert, geht es auch beim so genannten Leistungsschutzrecht für Presseverleger, das die geplante Richtlinie ebenfalls nun auf europäischer Ebene einführen will. Wieder steht im Wesentlichen Google, hier allerdings mit seiner Pressesuche Google News im Fokus. Google News veröffentlicht kurze Anreißtexte aus Presseartikeln zum jeweils gesuchten Thema. Geht es nach dem Bundesverband deutscher Zeitungsverleger, wäre das künftig nur noch dann möglich, wenn Google dafür Lizenzen erwirbt. Dietmar Wolff ist Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband der Zeitschriftenverleger.
"Es geht zunächst einmal um das Recht, für solche Inhalte eben etwas verlangen zu dürfen als Werkmittler. Also als derjenige, der Inhalte zusammenstellt. Und das tun ja die Verlage: Die Journalisten schreiben und die Verleger setzen das dann zusammen und bringen das auf den Markt."
In anderen Bereichen gäbe es ein solches "Werkmittlerrecht" schon seit Jahrzehnten, beispielsweise in der Musikindustrie für Plattenfirmen. Dieser Hinweis ist Wolff wichtig. Verlage hätten ein eigenes Leistungsschutzrecht nur deshalb lange Zeit nicht gebraucht, weil hier die Digitalisierung sehr viel später angekommen ist, erläutert er. Es sei jetzt an der Zeit, dass das, was in anderen Bereichen längst existiere, nun auch für die Zeitungsverlage eingeführt werde.
Ganz neu ist die Idee allerdings nicht. In Deutschland wurde ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger bereits vor fünf Jahren eingeführt. Und ist, nach der Bewertung von Professor Metzger von der Humboldt-Universität, grandios gescheitert.
"Die Regelung in Deutschland hat zu keinen nennenswerten Vergütungen für Urheber geführt, auch nicht für die Unternehmen, sondern nur erhebliche Rechtsdurchsetzungskosten verursacht. Urheberechtsexperten in Deutschland aber auch außerhalb Deutschlands sind sich einig, dass das ein Irrweg ist."
Das Problem auch hier wieder: Google ist allein schon auf Grund seiner Marktmacht in einer besonders vorteilhaften Verhandlungsposition. Von Augenhöhe kann da keine Rede sein. So konnte das Unternehmen die Verlage seinerzeit vor die Wahl stellen, entweder Lizenzen kostenfrei zu erteilen oder eben mit ihren Artikeln bei Google News nicht mehr angezeigt zu werden. Viele Verlage, darunter auch große Verlage, haben sich für kostenfreie Lizenzen entschieden. Warum nun sollte das bei einem europäischen Leistungsschutzrecht anders laufen. Die Zeitungsverleger hoffen darauf, dass sie hier eine stärkere Machtposition haben. Noch einmal Dietmar Wolff:
"Wenn wir uns anschauen, dass wir in Europa einen Markt von 550 Millionen Nutzern haben, potentiellen Nutzern, dann ist das eine Größenordnung, wo wir von ausgehen, das wird Google sich sehr gut überlegen."
Text-und Data-Mining erlaubt
Wenn man allerdings bedenkt, dass man es gerade im Pressebereich in Europa eher mit 28 nationalen Märkten als mit einem europäischen Markt zu tun hat, ist mehr als fraglich, ob sich Google davon einschüchtern lässt. Dass diese Rechnung aufgeht, bezweifelt auch Professor Metzger nachdrücklich:
"Und jetzt kommt die Europäische Union und verbreitert diese in Deutschland schon nicht funktionsfähigen Regeln auf die gesamte europäische Union. Das, was dort gegenwärtig vorgeschlagen wird, wird so wie die deutsche Regelung auch nicht zu Mehreinnahmen führen. Es ist ein Stück lobbygetriebene, dysfunktionale Gesetzgebung."
Immerhin sind bei der Diskussion um das Leistungsschutzrecht die Interessen klar verteilt. Ganz anders ist das beim dritten Punkt, der in der Debatte um die Urheberrechtsreform eine große Rolle spielt. Es geht um das so genannte Text-und-Data-Mining. Interessen von Urhebern sind hier nur marginal betroffen. Auf der anderen Seite könnte die geplante Regelung erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung neuer Technologien haben. Patrick Bunk ist Unternehmer und hat das Start-Up Übermetrics gegründet. Er verdient mit dem Text-und-Data-Mining sein Geld.
"Wir analysieren öffentlich verfügbare Texte, größtenteils die, die im Internet stehen, und schauen, ob darin Informationen enthalten sind, in diesen Texten, die für unsere Kunden relevant sind. Wir haben als Start-Up selber eine eigene Suchmaschine gebaut, das heißt, wir crawlen das Netz, wie auch andere Suchmaschinen auch, aber halt mit anderen Fragestellungen und wenden sehr aufwendige Sprachverarbeitungs- und Text-und-Data-Mining-Prozesse an, um diese Daten soweit zu analysieren und soweit zu aggregieren, dass sie für Unternehmen nutzbar sind."
Die urheberrechtliche Gefahr dabei: Bei einer maschinellen Auswertung ist nicht erkennbar, ob sich unter den verarbeiteten Daten geschütztes Material befindet. Und da jede Kopie von Daten - selbst wenn sie nur vorübergehend im Rahmen der Datenanalyse erfolgt - eine urheberrechtliche Nutzung darstellt, wäre dann eigentlich eine Lizenzierung durch den Urheber beziehungsweise Rechteinhaber erforderlich. Bei der Auswertung von Millionen von Datensätzen ein Ding der Unmöglichkeit.
EU Parlament befasst sich erneut mit dem Thema
Die vorgeschlagene Richtlinie erlaubt nun Forschungseinrichtungen das Text-und Data-Mining auch ohne Einwilligung eventueller Rechteinhaber. Eine kommerzielle Nutzung ist nach Vorstellungen der Kommission nicht erlaubt. Der Rechtsausschuss hat in seinem Bericht vorgeschlagen, es den Mitgliedsstaaten zu überlassen, weitergehende Nutzungen zuzulassen. Das würde aber nach Einschätzung des Branchenverbandes Bitkom bedeuten, dass an dieser Stelle wieder ein europäischer Flickenteppich entstehen würde, der die Bemühungen um ein harmonisiertes europäischen Urheberrecht konterkarieren würde. Und für Gründer drohten erhebliche Rechtsunsicherheiten, die letztendlich Innovationen behindern würden, befürchtet Patrick Bunk:
"Wenn man aber solche Rechtsunsicherheiten auf politischer Ebene neu dazubekommt, wo dann auch Investoren realistischer Weise sagen, oh, das dauert jetzt zehn, fünfzehn Jahre, bis das überhaupt klar ist, ob das jetzt legal ist, dann bedeutet das für die Gründer die Frage: Erstens: Bin ich bereit, zehn Jahre meines Lebens zu investieren, um danach vielleicht rauszufinden, dass das gar nicht legal ist. Oder, probiere ich solche Dinge gar nicht erst aus? Und wenn wir uns in Europa drauf versteifen, zu sagen, wir probieren keine neuen Sachen aus, glaube ich nicht, dass wir vorankommen können."
In dieser Woche wird sich das Plenum des Europäischen Parlamentes noch einmal mit dem Bericht des Rechtsausschusses befassen. Würde dieser angenommen, könnte es mit dem restlichen Verfahren recht schnell gehen. Denn grundsätzlich gehen die Vorstellungen der Kommission, des Rates und des Rechtsausschusses in dieselbe Richtung. Die so genannten Trilogverhandlungen, in denen sich die drei europäischen Organe auf eine finale Fassung einigen, könnten demnächst aufgenommen und dann auch bald abgeschlossen werden.
Sollte aber das Europäische Parlament Nein sagen, wären die strittigen Punkte wieder offen. In der dann folgenden Sitzung im September könnten Änderungsanträge zum Bericht des Rechtsausschusses eingebracht werden über die dann wieder abgestimmt werden müsste, bevor der Trilog beginnt. Der Zeitplan drängt, denn die Legislaturperiode endet im nächsten Mai.