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Europol: Der multinationale Kampf gegen organisierte Kriminalität

Jedes Mal, wenn Terroristen in Europa zuschlagen, wird der Ruf nach Datenaustausch und einer besseren Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedsstaaten laut.Nach den Anschlägen von London stand auch eine Stärkung von Europol, der europäischen Polizeibehörde mit Sitz in Den Haag, wieder auf der Tagesordnung. Schon zwei Monate nach den Anschlägen vom 11. September 2001 wurde dort eine Anti-Terror-Taskforce eingerichtet.

Von Ruth Reichstein | 18.07.2005
    " Wir hatten mit den EU-Innenministern heute eine sehr intensive Diskussion. Und wir sind zu dem Ergebnis gekommen ist, dass wir alles tun müssen, um Terrorismus in der EU schwieriger zu machen.

    Im Zentrum steht dabei ein besserer Daten- und Informationsaustausch. Das gilt sowohl für gestohlenen Sprengstoff, als auch für Kommunikations- und Personendaten. Wir haben schon einen sehr guten Job gemacht, vor allem Europol und die EU-Kommission. Und heute haben wir alle gemeinsam, einstimmig bekräftigt, dass diese Zusammenarbeit noch besser werden muss. "

    Charles Clarke, britischer Innenminister beim außerordentlichen Ministertreffen in der vergangenen Woche in Brüssel. Jedes Mal, wenn Terroristen in Europa zuschlagen, wird der Ruf nach Datenaustausch und einer besseren Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedsstaaten laut. Bei ihrem eilig einberufenen Krisentreffen forderten die EU-Innen- und Justizminister zahlreiche Maßnahmen, zum Beispiel, Daten von Telefongesprächen und Internetverbindungen länger zu speichern. Auf der langen Liste von Forderungen steht auch eine Stärkung von Europol, der europäischen Polizeibehörde mit Sitz in Den Haag.

    Das ist nicht das erste Mal. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in New York und dem Attentat in Madrid im März vergangenen Jahres versprachen die EU-Minister schon einmal, die europäische Behörde mit neuen Kompetenzen auszustatten.
    Tatsächlich folgten schon bald Taten: Am 15. November 2001 – also nur knapp zwei Monate nach den Anschlägen auf das World Trade Center - wurde bei Europol eine Anti-Terror-Taskforce eingerichtet, eine Arbeitsgruppe, die ganz speziell den Kampf gegen den Terror auf europäischer Ebene koordinieren soll, erklärt Max-Peter Ratzl, seit drei Monaten Chef von Europol:

    " Wenn in dieser Counter-Terrorism-Taskforce schon sehr frühzeitig Indikatoren für mögliche Anschläge zusammengetragen werden, können Sie, wenn Sie mehrere solcher Beispiele haben, bestimmte Grundmuster erkennen und können beispielsweise alle Mitgliedsstaaten sofort warnen: Wenn sich bestimmte Fallkonstruktionen ergeben, bestimmte Personen in einer bestimmten Art und Weise sich zusammenfinden und an bestimmten Plätzen bestimmte Handlungen begehen, dann sind das Indikatoren für Anschläge. Oder sie können sagen: Wir haben herausgearbeitet, dass sich Terroristen in bestimmter Art und Weise rekrutieren und Sie können drei verschiedene Muster ausarbeiten. Dann können die jeweiligen Staaten in ihrer Verantwortung diesen Mustern nachgehen und können gucken, ob sie solche Leute rausfiltern können. "

    Zu laufenden Verfahren – wie den aktuellen Anschlägen in London - möchte sich Max-Peter Ratzl nicht äußern. Doch die Drähte zwischen London und Den Haag laufen derzeit wohl heiß. Europol hat nämlich eine so genannte Bombendatenbank. Mit ihr können die gesammelten Erkenntnisse über Sprengstoffmischungen und Transportwege mit den in London gefundenen Spuren verglichen werden und eventuell zu beteiligten Personen führen.
    So funktioniert die Arbeit von Europol meistens: Die Polizei eines Mitgliedsstaates, zum Beispiel die britische, fordert zu einem bestimmten Fall Informationen aus Italien an und leitet diese Anfrage zu ihrem Verbindungsmann in Den Haag weiter. Der kontaktiert wiederum seinen Kollegen aus Italien, der nur wenige Türen weiter sitzt. Europa ist klein auf den Fluren von Europol. Die Reise von London nach Rom, von Madrid nach Tallin, dauert nur ein paar Minuten.
    Der Italiener fragt nach den Informationen zuhause und gibt sie dann an seinen britischen Kollegen weiter. Dabei ist die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern aus unterschiedlichen Staaten entscheidend. Max-Peter Ratzl:
    " Also, wenn jemand sagen würde, am Ku’damm passiert was, dann wäre sehr vielen Leuten möglich zu sagen, dass das in Berlin ist, aber nicht allen. Ein Spanier wüsste vielleicht nicht unbedingt, was der Ku’damm ist, so wie ich nicht weiß, wie die Prachtstraße in Madrid heißt. Das hört sich lächerlich an, aber das ist in einer solch multinational zusammengesetzten Taskforce sind das added values. Da sagt dann einer: Oh, diesen Begriff kann ich einordnen, oder diese Terminologie ist in dieser Sprache geläufig oder das passt zu dieser oder jener Gruppierung. Da kann man mal schnell hingehen und fragen: Kannst Du damit etwas anfangen? Weißt Du was davon? Wohin könnte das passen? Da hat der ein Puzzlestück und der hat ein Puzzlestück. Dann fehlt noch was, dann fragt man einen Dritten, und der sagt dann, ich weiß zwar nichts, aber von einem Vierten weiß ich, dass er was weiß. "


    Die Terrorbekämpfung ist eigentlich nicht die Hauptaufgabe der Institution in Den Haag. Im Maastrichter Vertrag vom 7. Februar 1992 wurde die Gründung eines Europäischen Polizeiamtes – kurz Europol – beschlossen. Die neue Behörde sollte Informationen aus den Mitgliedsstaaten zentral sammeln, auswerten und die Ermittlungen in der organisierten Kriminalität unterstützen.

    Europol wird immer dann eingeschaltet, wenn mindestens zwei Staaten von einem Verbrechen betroffen sind – in der grenzenlosen EU passiert das immer häufiger. Denn gefälschte Euronoten machen nicht an der deutsch-italienischen Grenze halt. Kokain aus Kolumbien wird in Spanien genauso verkauft wie in Deutschland oder Belgien.

    Europol versteht sich als eine zentrale Stelle für den Kampf gegen Kriminalität in der EU.

    " Wir brauchen in der Kriminalitätsbekämpfung neben dem lokalen, dem regionalen auch einen internationalen Ansatz. Es gibt viele Probleme, die noch mal in der Region Europa eine Rolle spielen, insbesondere im Europa der EU eine Rolle spielen. Und unsere Aufgabe ist es, genau aus diesem Blickwinkel heraus, unseren Partnern in den Polizeien der Länder unsere Sicht der Dinge geben zu können und ganz konkret sagen zu können: Was Ihr dort in Dänemark macht, da gibt es Korrespondenz-Verfahren dazu in Spanien oder in Frankreich. Auf diese Verbindungen wären sie selbst nicht gekommen, wenn sie nicht die Datenzusammenführung bei uns erleben. Das, was in einem Land ein Landeskriminalamt macht, das, was im Bund das Bundeskriminalamt macht, eine vergleichbare Funktion hat Europol auf der europäischen Ebene. "

    Europol sammelt Daten, die aus den Mitgliedsstaaten geliefert werden, vergleicht sie und gibt sie auf Anfrage an andere Länder weiter. Damit werden dann die Ermittlungsergebnisse ergänzt. So einfach ist das ursprüngliche Konzept. Finanziert wird diese Arbeit von den Mitgliedsstaaten. Dieses Jahr kostet die zentrale Polizeibehörde die 25 EU-Länder 63,4 Millionen Euro. Die Innen- und Justizminister beschließen diesen Haushalt und geben auch die Leitlinien für die Arbeit der europäischen Ermittler vor. Außerdem ernennen sie den Direktor und dessen Stellvertreter.

    Das Hauptaugenmerk der EU-Staaten lag bei der Gründung der gemeinsamen Polizeistelle auf dem illegalen Drogenhandel. Schon 1994 nahm die so genannte Drogenstelle von Europol ihren Dienst auf. Erst fünf Jahre danach kamen andere Bereiche hinzu. Und auch heute ist der Kampf gegen den illegalen Drogenhandel eine der Hauptaufgaben der Behörde.

    Jährlich werden rund 250 Tonnen Kokain auf dem Seeweg in die EU transportiert. Der Großteil des Stoffs kommt aus Kolumbien. Dazu kommen jährlich 60 bis 100 Tonnen Heroin. Im Jahr 2003 konnten in den EU-Staaten immerhin 90 Tonnen Kokain und 14 Tonnen Heroin sichergestellt werden.

    Europol hilft auch dabei, aber die Experten in Den Haag haben sich mittlerweile weiter spezialisiert, sagt Richard Weijenburg, Leiter der Drogenabteilung.

    " Natürlich beschäftigen wir uns noch immer mit Heroin, Kokain, synthetischen Drogen. Aber in den letzten Jahren geht es immer mehr um die Voraussetzungen, also Chemikalien, aus denen die Drogen hergestellt werden, zum Beispiel um Ecstasy oder Amphetamine herzustellen. Wir arbeiten nach der Devise: Wenn Dir die Chemikalien fehlen, kannst Du die Drogen, Ecstasy zum Beispiel, gar nicht erst herstellen. Es ist also eine Erweiterung dessen, was wir vorher gemacht haben. Und es ist eine sehr nützliche Erweiterung. "

    Europol ist nicht befugt, selbst Ermittlungen gegen Verdächtige einzuleiten. Die europäischen Beamten dürfen auf eigene Faust keine Personen festnehmen, keine Häuser durchsuchen oder Dokumente beschlagnahmen.

    Die heutige Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts zum Europäischen Haftbefehl berührt die Europol-Beamten deshalb nicht direkt. Das Gericht hatte entschieden, dass deutsche Staatsbürger vorerst nicht mehr ins EU-Ausland ausgeliefert werden dürfen. Damit kommt auch der unter Terrorismus-Verdacht stehende Deutsch-Syrer Mamoun Darkanzanli wieder auf freien Fuß. Der hatte gegen das Gesetz geklagt. Dieses muss nun überarbeitet werden und die deutschen Bürger stärker schützen, entschieden die Verfassungsrichter.

    Die Europol-Beamten dürfen sowieso keine Personen festnehmen oder Auslieferungen beantragen. Sie dürfen lediglich Untersuchungen in den Mitgliedsstaaten unterstützen, wenn danach gefragt wird.

    Immer öfter bitten Mitgliedsstaaten Europol um Unterstützung von sogenannten life-investigations, also von Ermittlungen, die gerade aktuell laufen. Und genau diese Arbeit will der neue Europol-Chef Max-Peter Ratzl weiter ausbauen.

    " Das heißt im Klartext, wenn in einem der Mitgliedsstaaten eine Operation läuft - Feststellung, Sicherstellung, Festnahme beispielsweise eines Drogenlabors oder einer Fälschungswerkstatt für Falschgeld oder Pässe - dann stehen wir zur Verfügung, um dort hinzugehen und die Daten vor Ort zur Verfügung zu stellen und Daten vor Ort aufzunehmen, um zu überprüfen, ob wir die im Datenbestand haben, aber auch um Expertise zu geben. Denn nicht jeder weiß, wie zum Beispiel ein illegales Drogenlabor technisch sichergestellt wird. Nicht jeder weiß, welche Materialien sichergestellt werden müssen, welche Beweismittel sichergestellt werden müssen. Das gleiche gilt für die Herstellung von Falschgeld. "

    Und genau dann – wenn die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Ermittlern und den Datensammlern aus Den Haag gut funktioniert – verzeichnet die europäische Polizei ihre größten Erfolge – auch wenn die nie zu 100 Prozent auf ihr Konto gehen. Richard Weijenburg:

    " Der Erfolg ist nicht allein der Erfolg von Europol. Wir steuern nur unseren Teil zum Erfolg der Mitgliedsstaaten bei. Aber in den letzten Monaten haben wir eine internationale Ermittlung koordiniert, bei der acht Tonnen Cannabis sichergestellt wurden, die auf dem Weg waren von Spanien nach Großbritannien. Kürzlich hatten wir einen Fall, bei dem 50 Kilogramm sichergestellt wurden und zusätzlich dazu 5 00 000 Euro, was ja auch nicht so ganz uninteressant ist. "

    Genauso wie sich die Formen der Kriminalität in Europa weiter entwickelt haben, hat auch Europol seine Kompetenzen in den vergangenen Jahren ausgebaut.

    Heute beschäftigen sich die rund 500 Mitarbeiter in Den Haag nicht nur mit Drogenhandel, sondern auch mit Geldwäsche, Menschenhandel und Geldfälschung.

    Einige Zahlen: Mit dem Handel von Menschen – vor allem von Frauen, die dann zur Prostitution gezwungen werden – werden global jedes Jahr rund 10 Milliarden Euro verdient.
    Im Jahr 2003 wurden in der EU 570 000 gefälschte Euronoten sichergestellt. Die meisten kamen aus Bulgarien, Litauen, Polen und Albanien. Umgerechnet wird ihr Wert auf rund 30 Millionen Euro geschätzt.

    Und diese Aktivitäten lassen sich oft mit Terroristen in Verbindung bringen.
    " Das heißt, wenn die Terroristen gefälschte Dokumente brauchen, fälschen sie sich nicht welche, sondern sie wissen: Es gibt eine Art Firma, die fälscht mir Dokumente. Wenn sie Leute geschleust haben wollen, dann wissen sie: Es gibt eine zweite Firma, die schleust Leute.

    Wir müssen viel mehr bei den normalen Kriminalitätsfällen immer schauen: Gibt es möglicherweise Beziehungen zur terroristischen Szene? Und da haben wir bestimmte Felder ausgedeutet, die erkennbar Relevanz für die Terroristen haben. Das sind die Bereiche der Schleusungskriminalität, Fälschungskriminalität, bestimmte Bereiche der Rauschgiftkriminalität, kann auch Finanzierung und Geldwäsche sein, aber eben nicht alle Bereiche schlechthin… "

    ... sagt Max-Peter Ratzl.

    Das Herz von Europol in der Verbrechensbekämpfung ist die so genannte Analyse-Einheit. Was so trocken klingt, ist das Spannendste hinter den weinbewachsenen Mauern der Europol-Zentrale in Den Haag. Hier werden die Informationen aus den Mitgliedsländern miteinander verglichen und komplizierte Schaubilder erstellt. Diese erklären dann Zusammenhänge zwischen Fällen in verschiedenen europäischen Ländern, bringen Geldscheine, Telefonnummern, Personen und Autos miteinander in Verbindung. Antonio Saccone, Leiter der Analyse-Einheit:

    " Wir haben da einen Fall von den italienischen Carabinieri aus dem Jahr 2001. Sie haben einen Frauenhändlerring entdeckt, weil einige Frauen ermordet worden waren und die Carabinieri festgestellt haben, dass die Frauen alle aus Osteuropa kamen. Sie haben dann Europol um Unterstützung gebeten, vor allem um Telefonnummern in Ländern der EU, in der Ukraine und in Moldawien abzugleichen. Innerhalb von neun Monaten wurde das ganze Netzwerk aufgedeckt – dank der ausgetauschten Daten... Das war eine der erfolgreichsten Aktionen im Bereich des Menschenhandels. Über 80 Personen konnten festgenommen werden. "

    Aber nicht immer funktioniert diese Datenzusammenführung so unproblematisch. Viele Polizeibeamte in den Mitgliedsstaaten sind misstrauisch gegenüber dem großen Bruder in Den Haag. Max-Peter Ratzl:

    " Das ist ein ganz einfacher urmenschlicher Mechanismus. Es ist so, dass jeder erst einmal die Reichweite betrachtet, die er hat. In der Reichweite, wo er sich sicher fühlt, wo er die Dinge selbst beeinflussen kann, da fühlt er sich zu Hause und da arbeitet er auch am liebsten. Das nächste ist, dass er mit Leuten zusammenarbeitet, die er unmittelbar kennt. Wenn er in Den Haag mit Leuten zusammenarbeitet, die er nicht unmittelbar kennt, ist das schon mal ein Hemmnis. Deshalb versuchen wir, vor Ort zu gehen, die Geschichten bekannt zu machen. Es gibt ja keinen Nimbus bei Europol. Europol ist eine ganz normale Dienststelle. Hier sind Büroräume. Hier sind Computer. Hier gibt es nichts Geheimnisumwittertes. "

    Von der EU-Kommission in Brüssel kommt jedenfalls Unterstützung für die EU-Polizei. Der zuständige Kommissar für Inneres und Justiz, Franco Frattini, drängte erst kürzlich wieder die Mitgliedsstaaten zu einer kompletten Umsetzung der europäischen Beschlüsse.

    " Tatsächlich haben einige Mitgliedsstaaten nicht alles umgesetzt, was nach den Attacken in Madrid beschlossen worden war. Deshalb werden wir den Kampf gegen den Terror jetzt nicht neu erfinden, sondern wir unterstreichen lediglich die Wichtigkeit der Zusammenarbeit. Jetzt ist die Zeit gekommen, diejenigen Mitgliedsstaaten an den Pranger zu stellen, die nicht alle beschlossenen Maßnahmen korrekt, vollständig und schnell umsetzen. Wir können nicht immer nur von einer Notfall-Maßnahme zur nächsten hüpfen nach jeder Terror-Attacke. "

    Aber, sagt Max-Peter Ratzl, die Zusammenarbeit wird besser. Die Menge der ausgetauschten Daten sei von 2003 auf 2004 um 30 Prozent gestiegen.

    " Wir haben beispielsweise im Bereich der Terrorismusbekämpfung, die besonders sensitiv ist, wo es besonders schwer ist, die Leute zu motivieren auch sensible Daten weiterzugeben, die Mitarbeiter in den Mitgliedsstaaten überzeugen können, uns stärker zu beteiligen. Das hat zum einen dazu geführt, dass aktuelle, lebendige Daten übertragen werden, sprich aus aktuellen, laufenden Verfahren, also nicht nur historische Daten. Und es im Gegenzug dazu geführt, dass wir derzeit etwas über 20 Verfahren in den Mitgliedsstaaten aktiv unterstützen können. "

    Besonders wichtig für dieses Vertrauen ist ein gut funktionierender Datenschutz. Dafür ist bei Europol eine eigene Kommission verantwortlich, in die jeder Mitgliedsstaat jeweils zwei Datenschützer entsendet. In regelmäßigen Abständen überprüfen diese die Standards bei Europol.
    Die Daten werden immer nur an diejenigen Beamten weitergegeben, die sie tatsächlich für ihre Arbeit brauchen. Oft reichen für die Ermittlungen Telefonnummern oder Login-Namen für Computer-Programme. Die Namen der Betroffenen sind aber gar nicht erforderlich. Die Kontrollbehörde in Brüssel stellt Europol ein gutes Datenschutz-Zeugnis aus:

    " Ich würde nie sagen, dass es keine Probleme gibt. Es gibt immer Bereiche, wo etwas schiefgehen kann, wo wir ein Auge darauf haben müssen. Aber bisher waren wir immer zufrieden mit dem System, das Sicherheit und sehr hohe Datenschutz-Standards bietet. Unsere Hauptsorge ist, dass diese beibehalten werden und sich die Politiker und Beamten über ihre Verantwortung bewusst sind. "

    ... sagt John Wallis vom zuständigen Generalsekretariat in Brüssel. Einige Abgeordnete aus dem Europäischen Parlament würden sich trotzdem eine unabhängige Kontrolle von Europol wünschen. Für den liberalen Abgeordneten Alexander Alvaro, der sich auf Datenschutz spezialisiert hat, ist nicht immer ersichtlich, wie der Schutz der Bürgerrechte in der Den Haager Behörde funktioniert.

    " Wenn man einmal gesehen hat, welche Daten Europol sammelt und vor allem, wie sie sie aufbereitet, was zugegebenermaßen sehr spannend ist und manchmal eine Light-Version von James Bond mitbringen kann, ist das einerseits schon beeindruckend, aber gleichzeitig auch beängstigend, weil man eben nicht weiß: Was passiert, wenn Unschuldige in so ein System geraten? Erfahren sie überhaupt davon? Wie kriegt man sie wieder raus? Was passiert, wenn sie trotzdem verfolgt werden? Es hat alles seine beeindruckende und seine beängstigende Seite. "

    Alvaro fordert deshalb eine parlamentarische Kontrolle von Europol. Damit wäre die Behörde in Den Haag nicht mehr den einzelnen Mitgliedsstaaten, sondern den EU-Parlamentariern unterstellt.

    Die wachsende Bedrohung vor allem durch Terroristen macht die Polizeibehörde in Den Haag immer wichtiger. Das gilt auch für die Zusammenarbeit mit Drittländern. Europol hat seit einiger Zeit zwei Verbindungsbeamte in den USA und im September sollen Beamte von amerikanischen Geheimdiensten nach Den Haag kommen. Die sollen dafür sorgen, dass der Datenaustausch über den Atlantik besser und schneller funktioniert. Trotzdem bleiben die EU-Mitgliedsstaaten das wichtigste Arbeitsfeld der Europol-Beamten, sagt Drogen-Chefermittler Richard Weijenburg:

    " Wir haben mit anderen Ländern Kooperationsabkommen, zum Beispiel mit Kolumbien. Von dort haben wir Verbindungsoffiziere hier bei uns. Das gilt auch für einige Länder, zum Beispiel im Balkan. Sicher, wenn es notwendig ist, gehen wir nach Kolumbien oder in ein anderes Land. Aber dabei unterstützen wir die Teams in den Mitgliedsstaaten. Aber wir rennen nicht durch die ganze Welt, um Kriminelle zu jagen. Unser Fokus ist die Europäische Union. Wir sind eine europäische Einrichtung und wir unterstützen die Gesetzes-Hüter in der Europäischen Union. "