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Evangelische Kirche in Sachsen
Neuer Bischof, alte Gräben

Schnelle Wahl, klare Mehrheit: Tobias Bilz, Sachsens neuer Landesbischof, hat einen klaren Auftrag bekommen. Er soll die Spaltung überwinden, die sein Vorgänger Carsten Rentzing hinterlassen hat. "Es kann nicht sein, dass eine Kirche Nationalismus gutheißt", stellt Bilz gleich klar.

Von Wolfram Nagel | 02.03.2020
29.02.2020, Sachsen, Dresden: Tobias Bilz aus Dresden ist der neue Landesbischof der evangelischen Landeskirche in Sachsen.
Tobias Bilz ist der neue Landesbischof von Sachsen (Picture Alliance / ZB / Ronald Bonss)
Vor fünf Jahren hat Tobias Bilz schon einmal für das höchste geistliche Amt seiner Kirche kandidiert. Doch 2015 unterlag er knapp dem damaligen Pfarrer aus Markneukirchen im Vogtland, Carsten Rentzing - ein Vertreter des bibeltreu-fundamentalistischen Lagers. Nun setzte sich der 55-Jährige durch.
"Ein bisschen verlegen bin ich, auch ein bisschen gerührt, und jetzt schau ich nach vorn und freue mich auf die Aufgabe."
Die Synode habe nicht nur eine schnelle, sondern eine sehr eindeutige Entscheidung getroffen, betont Synodenpräsident Otto Guse, ein Rechtsanwalt aus dem Vogtland.
"Wir haben zum ersten Mal bei einer Bischofswahl ein so klares Ergebnis. Wir haben ein starkes Mandat erteilt, und damit wird er arbeiten können."
"Zusammenzukommen ist ein großes Thema"
Der neue Bischof tritt ein schwieriges Erbe an. Statt zu vermitteln habe sein Vorgänger die Gräben zwischen Konservativen und Liberalen weiter aufgerissen, sagen die Kritiker. Im Streit um Homosexualität und zuletzt auch um völkisch-nationalistische Strömungen innerhalb der sächsischen Landeskirche sei es zur Krise gekommen. Wohl auch deshalb wollten die 79 Synodalen mit ihrem Votum für Tobias Bilz ein deutliches Zeichen setzten. Synodale hierzu:
"Also, ich erwarte eigentlich, dass er die Gräben, die in unserer Landeskirche da sind... zuschütten kann man sie nicht, aber Brücken bauen und Verständnis füreinander wecken, von den sehr unterschiedlichen Positionen. Und ich denke, das kann er." / "Ich erhoffe mir, dass es nicht zu weiteren Spaltungen kommt."
Carsten Rentzing, ehemaliger Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens
Tobias Bilz' Amtsvorgänger Carsten Rentzing hatte nach Öffentlichmachung nationalistischer und anti-demokratischer Texte aus seiner Studienzeit das Amt niedergelegt (Sebastian Kahnert/zb/dpa)
Tobias Bilz, gebürtiger Sachse, wuchs in einer christlich-pietistischen Familie auf. Nach seiner Ausbildung zum Mechaniker studierte er Theologie in Leipzig. 1991 schloss er sein Vikariat ab. Einen Namen machte sich Bilz als Landesjugendpfarrer. Seit gut einem Jahr leitet er als Oberlandeskirchenrat den Bereich Seelsorge, Gemeindeaufbau und Medien im Landeskirchenamt. Das Bischofsamt versteht er als Amt der Einheit:
"Das Erzgebirge ist nicht nur konservativ - und Leipzig nicht nur liberal. Aber zusammenzukommen, sich zu begegnen, auch wenn man unterschiedlich ist, das ist ein großes Thema und das möchte ich sehr gern."
"Kirche ist nicht national"
Rote Linien sind für Tobias Bilz Homophobie, Ausländerhass, Islamfeindlichkeit und Antisemitismus.
"Also, wenn Menschen aufgrund unterschiedlicher Nationalitäten Menschen ausgrenzen oder abschätzig behandeln, dann passt das nicht zum christlichen Glauben."
Deutlich widerspricht Tobias Bilz völkisch-nationalistischen Tendenzen, die es auch in der Kirche gibt:
"Kirche ist im Prinzip nicht national, das heißt, von Anfang an hat sich die Kirche als universal verstanden. Und es kann nicht sein, dass eine Kirche Nationalismus in irgendeiner Form gutheißt. Und ich denke, das kommt viel Schwieriges her, und das sollten wir schon ganz deutlich sagen, auch in der Öffentlichkeit."
Als neuer Bischof möchte Tobias Bilz auch mit Wählern der AfD ins Gespräch kommen. Viele Menschen in der Kirche seien wertkonservativ. Denen sei es jedoch wichtig, nicht als rechtsextrem zu gelten. Darüber müsse weiter diskutiert werden.