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Evolution
Gemeinsame Umwelt von Mensch und Tier führt zu ähnlichem Verhalten

Menschen aus Jäger- und Sammlergesellschaften organisieren ihr Leben ähnlich wie Säugetier- und Vogelarten, mit denen sie ihren Lebensraum teilen. Dabei haben Umweltfaktoren einen entscheidenden Einfluss darauf, dass sich Menschen und nicht-menschliche Arten bei der Nahrungssuche ähnlich verhalten.

Von Volkart Wildermuth |
Am Eyasi-See in Tansania halten Osama (15) und Manu (14) Pfeil und Bogen in der Hand, während sie auf einem abgestorbenen Baum sitzen. Sie gehören den Hadza an, einer der letzten Gemeinschaften von Jägern und Sammlern.
Die Hadza am Eyasisee in Tansania sind eine der letzten Gemeinschaften von Jägern und Sammlern (imago stock&people)
Fischer ziehen Netze an Land - Pelikane erbeuten Sardinen im Sturzflug. Jäger machen Fleisch haltbar für schlechtere Zeiten – Eichelhörnchen legen Wintervorräte an. Parallelen zwischen Mensch und Tier gibt es viele. Sogar die Scheidungsrate lässt sich vergleichen, so Dieter Lukas vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. Viele Vogelarten sind zwar monogam, aber nicht immer wird der Bund fürs Leben geschlossen.
"Also man kann dann über Jahre hinweg schauen und schaut: Okay, sind die zwei Partner immer noch zusammen oder haben sie sich jetzt neue Partner gesucht? Also da kann man dann z.B. die Scheidungsrate relativ deutlich genauso berechnen, wie man sie ähnlich auch für die Menschen definieren könnte."
Zwei schwarze Brüllaffen (lat.: Alouatta caraya) sitzen laut rufend und mit weit aufgerissenem Maul auf einem Baum
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Gemeinsame Umwelt bringt ähnliches Verhalten hervor

Bei den Vögeln bestimmen die Gene die Scheidungsrate. Beim Menschen ist sie von der Kultur geprägt und die kann sich frei entfalten. Oder nicht? Der Zoologe zweifelt und vermutet stattdessen, dass die Beschränkungen des Lebensraums für alle Arten ähnliche Grenzen ziehen. Zusammen mit zwei Ökonomen hat er große Datenbanken durchforstet und die Lebensweise von 339 Jäger und Sammler-Gesellschaften verglichen mit dem Verhalten von Vögeln und Säugetieren, die jeweils in ihrer Nähe leben: insgesamt rund 7.000 Arten von der brasilianischen Ruschi-Ratte bis hin zum Weißen Brillenvogel aus Luzon. Das Ergebnis:
"Wir haben für 14 der 15 Verhalten, die wir uns angeschaut haben, wirklich gefunden, dass das Verhalten von Menschen an einem Ort eher gleich ist dem Verhalten der anderen Tiere, die an demselben Ort leben und dann anders als das Veralten der Tiere, das an einem anderen Ort ist. Was mich überrascht hat, ist, wie stark diese Zusammenhänge waren und dass sie dann tatsächlich auch z.B. mit den Vögeln übereinstimmen."

Offenbar drängen die Besonderheiten des Lebensraums auch sehr verschiedene Arten zu ähnlichen Verhaltensweisen. Manches ist dabei naheliegend. Fischfang ist am Meer für Mensch und Tier sicher eher eine Option als tief im Dschungel. Und fruchtbare Gegenden erlauben es allen Arten, sesshaft zu sein, während karge Landschaften Wanderungen verlangen. Aber wie erklären sich die Ähnlichkeiten zum Beispiel beim Engagement der Väter bei der Aufzucht des Nachwuchses.
"Gerade bei den Säugetieren sind die Männer ja sehr begrenzt in dem, was sie tatsächlich machen können. Sie produzieren keine Milch, sie können mit der Schwangerschaft nicht helfen. Das Einzige, was sie wirklich machen können, ist Futter bringen. Und das funktioniert dann vielleicht besser in Orten, wo dann tatsächlich das Futter auch besser haltbar und transportierbar ist, als in Orten, wo man immer nur durch die Umgebung durchgeht und das Futter sofort isst."
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Die Rolle der Kultur für das Verhalten nicht unterschätzen

Da haben Väter wenig Möglichkeiten, sich für die Kinder einzusetzen. Entsprechend kümmern sich männliche Säugetiere und menschliche Männer dort weniger um den Nachwuchs. Unterm Strich zeigt der große Vergleich zahlreiche Parallelen im Verhalten über die Gattungen hinweg. Das erstaunt auch Sarah Mathew von der Arizona State University in Tempe, USA:

"Verschiedene Jäger Sammler Gesellschaften haben für die Herausforderungen in ihren direkten Umgebungen ähnliche Lösungen entwickelt, wie die ortsansässigen Säugetier- und Vogelarten. Das hätte ich nicht erwartet, sie sind doch so verschieden. Das ist ein sehr interessanter Artikel, der den Raum der Möglichkeiten beschreibt, den evolutionäre Prozesse ausschöpfen können."
Die Anthropologin hatte vor einigen Jahren die Vielfalt der Verhaltensweisen von indigenen Gruppen in unterschiedlichen Landschaften Nordwestamerika untersucht. Vorläufiges Ergebnis: Kultur ermöglicht Flexibilität, aber keine grenzenlose Freiheit.
"Kultur ist im Grunde eine sehr teure Anpassung und nicht etwas Überflüssiges. Sie ist der Weg, über den Menschen lokale Herausforderungen meistern. Sie finden ähnliche Lösungen, wie die Evolution sie für Säugetiere und Vögel über viel, viel längere Zeiträume gefunden hat. Für mich lautet das größte Rätsel: warum andere Arten nicht ebenfalls kulturelle Tradierungen nutzen."