Jochen Spengler: Wir bleiben beim Thema der möglichen deutschen Beteiligung. Am Telefon ist nun Vize-Admiral a.D. Hans Frank, Ex-Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik. Guten Tag, Herr Frank!
Hans Frank: Ja, guten Tag!
Spengler: Herr Frank, der Bundespräsident hat gesagt, wir könnten uns nicht entziehen. Sehen Sie das auch so?
Frank: Ich denke schon. Vor der Geschichte, die wir ja alle mit zu verantworten haben, werden wir uns, wenn die Aufforderung an uns ergeht, nicht entziehen können.
Spengler: Immer wenn es um den Einsatz deutscher Truppen, Herr Frank, im Ausland geht, wird davon gesprochen, dass es da um unser nationales Interesse gehe. Überschätzen wir uns nicht, wenn wir weltweit nationale Interessen geltend machen: im Kongo, in Afghanistan, jetzt im Nahen Osten?
Frank: Sicherlich muss man sehr vorsichtig damit sein, wo man überall nationale Interessen hat, aber ich denke schon, dass es ein ganz elementares Interesse deutscher Friedens- und Sicherheitspolitik ist, für Stabilität im Nahen Osten und in dieser Grenzregion zu sorgen, denn letztendlich hängt ja auch das Existenzrecht Israels von einer friedlichen Lösung ab. Ich denke, von daher sind wir nicht unbedingt im nationalen Sicherheitsinteresse, aber im nationalen Interesse deutscher Politik schon hier gefordert.
Spengler: Also vor unserer Geschichte, vor unserer Vergangenheit, aber wenn uns unsere Vergangenheit dazu verpflichtet, das Existenzrecht Israels verteidigen zu helfen, wie soll denn das gehen, wenn da eine UNO-Truppe dabei heraus kommt, die beide Seiten auseinander halten soll, die also nicht eindeutig auf der Seite Israels steht?
Frank: Die angedachte Truppe, für die das Mandat jetzt ja gerade erteilt worden ist, soll Sicherheit in der Südregion des Libanon sicherstellen und gewährleisten und damit ausschließen, dass von dort aus noch Angriffe gegen Israel gestartet werden können. Wenn das so umgesetzt werden kann, dann ist damit ja die Sicherheit Israels gewährleistet, zumindest im nördlichen Bereich, und damit ist das Existenzrecht Israels in diesem Bereich weiterhin gesichert. Also von daher wird die Truppe schon, sie muss natürlich neutral sein, aber ihr Hauptziel ist ja, die Hisbollah von Angriffen gegen Israel abzuhalten.
Spengler: Was macht die Truppe, wenn Israel zurückschlägt?
Frank: Wenn die Truppe dafür sorgt, dass keine Angriffe der Hisbollah mehr stattfinden können, dann wird Israel auch nicht zurückschlagen. Man muss jetzt Ursache und Wirkung unterscheiden. Die Ursache ist, dass die Hisbollah ihre Angriffe aus der oder gedeckt von der Bevölkerung vorgetragen hat, und dagegen ist Israel vorgegangen. Also wird es die schwierige Aufgabe der Sicherheitstruppe sein, die Hisbollah so weit unter Kontrolle zu halten, dass sie keine Angriffe mehr starten kann. Das wird nicht einfach sein.
Spengler: Das heißt es wird wirklich ein robustes Mandat benötigt?
Frank: Natürlich, ja.
Spengler:! Und dafür ist die Bundeswehr in der Lage?
Frank: Ja. Die Frage ist, es sind ja im Grunde genommen zwei Aufgaben. Das eine ist, die Sicherheit in der Zone von der israelisch-libanesischen Grenze bis etwa zum Litani-Fluss abzusichern. Und das zweite ist, gemäß der VN-Resolution dann das Waffenembargo gegen den ganzen Libanon umzusetzen. Zwei Aufgaben werden die Vereinten Nationen haben mit ihrer Schutztruppe, und jetzt ist die Frage, wo man die Bundeswehr, wenn man sie einsetzen will und wenn sie gewünscht ist dort, tatsächlich mit einem relativ eigenständigen und sichtbaren Beitrag beteiligen kann.
Spengler: Was hielten Sie denn für sinnvoll?
Frank: Ich denke mir, dass wir in der Embargo-Frage am ehesten zur Wirkung kommen können. Es ist ja einmal die rund 300 Kilometer lange Grenze, die zu Syrien geht. Das wird weitgehend eine polizeiliche Aufgabe sein. Und dann gilt es, die etwa 200 Kilometer Seegrenze abzusichern. Hier könnte ich mir schon vorstellen, dass Marinekräfte zum Einsatz kommen, um die Seegrenze abzusichern.
In die eigentliche Sicherheitszone eingebunden zu werden, das wird eine ganz schwierige Aufgabe werden, und ich bin auch nicht sicher, ob vor dem Hintergrund der schon stattfindenden Belastung gerade der Heereseinheiten der Bundeswehr wir hierfür noch genügend Kampftruppen zur Verfügung hätten.
Spengler: Das heißt also, Pioniere mit schwerem Räumgerät, die sehen Sie nicht im Libanon, deutsche Pioniere?
Frank: Ja, das ist Aufbauarbeit, aber die Aufbauarbeit ist ja im Grunde genommen der zweite Schritt. Der erste Schritt ist, gegen die Hisbollah vorzugehen, sie zu entwaffnen, wie die UN-Resolution fordert, und zu verhindern, dass nicht irgendwo aus dem Schutz der Bevölkerung dann doch weitere Katjuscha-Angriffe gegen Israel erfolgen, denn dann wird die UN-Truppe in eine schwierige Lage kommen. Wenn sie deutlich macht wie bisher auch schon die UNIFIL-Truppe, die ja mit etwas mehr als 1000 Mann seit 1978 schon im Libanon steht, das nicht schaffen kann, dann werden die Israelis wieder zur Eigenwehr greifen, und das ist natürlich fatal für die UN-Truppe.
Spengler: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Vize-Admiral a.D. Hans Frank, dann geht es darum, dass wir mit Schiffen sozusagen die Seegrenze sichern könnten als Deutsche, als Bundeswehr und möglicherweise als Bundesgrenzschutz die Grenze zu Syrien, aber Sie sehen die Bundeswehr nicht direkt in einer aktiven Rolle bei der Entwaffnung der Hisbollah?
Frank: Wenn ich einen Rat zu geben hätte, würde ich die ersten beiden Optionen vorziehen und vor dem Hintergrund der schon bestehenden Belastung, aber auch des schwierigen Umgangs mit der Hisbollah von einem Einsatz direkt in dem Schutzgebiet, in der Sicherheitszone abraten.
Spengler: Das ist sicher sehr gefährlich. Wie gefährlich wäre denn Grenzsicherung?
Frank: Die Grenzsicherung ist ja mehr eine polizeiliche Aufgabe. Da gilt es in Kooperation mit Syrien, und von daher halte ich die Mission des Außenministers für ausgesprochen wichtig, Syrien zur Kooperation einzubinden, dass eine gemeinsame Sicherung sowohl von der syrischen Seite wie von der libanesischen Seite unterstützt durch Bundespolizei oder andere Milizverbände der anderen UN-Partner, die sich daran beteiligen werden, in gemeinsamer Kooperation sicherzustellen.
Spengler: Eine Grenzsicherung auf See, wie Sie sie auch eben erwähnt hatten, ist die nicht doch mit gewissen Risiken behaftet?
Frank: Nun ist jedes Mandat ja, was wir irgendwo im Ausland durchführen, ob unter dem Schutz der Vereinten Nationen oder anderem Mandat, nicht immer nicht ungefährlich (sic!). Das ist völlig klar. Aber dieses wäre ein übersichtliches Mandat. Es ist erfüllbar, was in der Sicherheitszone bis zum Litani-Fluss schwierig wird, weil die Hisbollah ja offensichtlich von der Bevölkerung getragen wird. Ich erinnere an das alte Wort von Mao Zedong: Partisanen, die in der Bevölkerung aufgenommen werden und dort schwimmen wie die Fische im Wasser, die herauszufischen, wird ausgesprochen schwierig sein.
Spengler: Ich danke Ihnen für das Gespräch. Das war Vize-Admiral a.D. Hans Frank. Schönen Tag noch, Herr Frank.
Frank: Dankeschön.
Hans Frank: Ja, guten Tag!
Spengler: Herr Frank, der Bundespräsident hat gesagt, wir könnten uns nicht entziehen. Sehen Sie das auch so?
Frank: Ich denke schon. Vor der Geschichte, die wir ja alle mit zu verantworten haben, werden wir uns, wenn die Aufforderung an uns ergeht, nicht entziehen können.
Spengler: Immer wenn es um den Einsatz deutscher Truppen, Herr Frank, im Ausland geht, wird davon gesprochen, dass es da um unser nationales Interesse gehe. Überschätzen wir uns nicht, wenn wir weltweit nationale Interessen geltend machen: im Kongo, in Afghanistan, jetzt im Nahen Osten?
Frank: Sicherlich muss man sehr vorsichtig damit sein, wo man überall nationale Interessen hat, aber ich denke schon, dass es ein ganz elementares Interesse deutscher Friedens- und Sicherheitspolitik ist, für Stabilität im Nahen Osten und in dieser Grenzregion zu sorgen, denn letztendlich hängt ja auch das Existenzrecht Israels von einer friedlichen Lösung ab. Ich denke, von daher sind wir nicht unbedingt im nationalen Sicherheitsinteresse, aber im nationalen Interesse deutscher Politik schon hier gefordert.
Spengler: Also vor unserer Geschichte, vor unserer Vergangenheit, aber wenn uns unsere Vergangenheit dazu verpflichtet, das Existenzrecht Israels verteidigen zu helfen, wie soll denn das gehen, wenn da eine UNO-Truppe dabei heraus kommt, die beide Seiten auseinander halten soll, die also nicht eindeutig auf der Seite Israels steht?
Frank: Die angedachte Truppe, für die das Mandat jetzt ja gerade erteilt worden ist, soll Sicherheit in der Südregion des Libanon sicherstellen und gewährleisten und damit ausschließen, dass von dort aus noch Angriffe gegen Israel gestartet werden können. Wenn das so umgesetzt werden kann, dann ist damit ja die Sicherheit Israels gewährleistet, zumindest im nördlichen Bereich, und damit ist das Existenzrecht Israels in diesem Bereich weiterhin gesichert. Also von daher wird die Truppe schon, sie muss natürlich neutral sein, aber ihr Hauptziel ist ja, die Hisbollah von Angriffen gegen Israel abzuhalten.
Spengler: Was macht die Truppe, wenn Israel zurückschlägt?
Frank: Wenn die Truppe dafür sorgt, dass keine Angriffe der Hisbollah mehr stattfinden können, dann wird Israel auch nicht zurückschlagen. Man muss jetzt Ursache und Wirkung unterscheiden. Die Ursache ist, dass die Hisbollah ihre Angriffe aus der oder gedeckt von der Bevölkerung vorgetragen hat, und dagegen ist Israel vorgegangen. Also wird es die schwierige Aufgabe der Sicherheitstruppe sein, die Hisbollah so weit unter Kontrolle zu halten, dass sie keine Angriffe mehr starten kann. Das wird nicht einfach sein.
Spengler: Das heißt es wird wirklich ein robustes Mandat benötigt?
Frank: Natürlich, ja.
Spengler:! Und dafür ist die Bundeswehr in der Lage?
Frank: Ja. Die Frage ist, es sind ja im Grunde genommen zwei Aufgaben. Das eine ist, die Sicherheit in der Zone von der israelisch-libanesischen Grenze bis etwa zum Litani-Fluss abzusichern. Und das zweite ist, gemäß der VN-Resolution dann das Waffenembargo gegen den ganzen Libanon umzusetzen. Zwei Aufgaben werden die Vereinten Nationen haben mit ihrer Schutztruppe, und jetzt ist die Frage, wo man die Bundeswehr, wenn man sie einsetzen will und wenn sie gewünscht ist dort, tatsächlich mit einem relativ eigenständigen und sichtbaren Beitrag beteiligen kann.
Spengler: Was hielten Sie denn für sinnvoll?
Frank: Ich denke mir, dass wir in der Embargo-Frage am ehesten zur Wirkung kommen können. Es ist ja einmal die rund 300 Kilometer lange Grenze, die zu Syrien geht. Das wird weitgehend eine polizeiliche Aufgabe sein. Und dann gilt es, die etwa 200 Kilometer Seegrenze abzusichern. Hier könnte ich mir schon vorstellen, dass Marinekräfte zum Einsatz kommen, um die Seegrenze abzusichern.
In die eigentliche Sicherheitszone eingebunden zu werden, das wird eine ganz schwierige Aufgabe werden, und ich bin auch nicht sicher, ob vor dem Hintergrund der schon stattfindenden Belastung gerade der Heereseinheiten der Bundeswehr wir hierfür noch genügend Kampftruppen zur Verfügung hätten.
Spengler: Das heißt also, Pioniere mit schwerem Räumgerät, die sehen Sie nicht im Libanon, deutsche Pioniere?
Frank: Ja, das ist Aufbauarbeit, aber die Aufbauarbeit ist ja im Grunde genommen der zweite Schritt. Der erste Schritt ist, gegen die Hisbollah vorzugehen, sie zu entwaffnen, wie die UN-Resolution fordert, und zu verhindern, dass nicht irgendwo aus dem Schutz der Bevölkerung dann doch weitere Katjuscha-Angriffe gegen Israel erfolgen, denn dann wird die UN-Truppe in eine schwierige Lage kommen. Wenn sie deutlich macht wie bisher auch schon die UNIFIL-Truppe, die ja mit etwas mehr als 1000 Mann seit 1978 schon im Libanon steht, das nicht schaffen kann, dann werden die Israelis wieder zur Eigenwehr greifen, und das ist natürlich fatal für die UN-Truppe.
Spengler: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Vize-Admiral a.D. Hans Frank, dann geht es darum, dass wir mit Schiffen sozusagen die Seegrenze sichern könnten als Deutsche, als Bundeswehr und möglicherweise als Bundesgrenzschutz die Grenze zu Syrien, aber Sie sehen die Bundeswehr nicht direkt in einer aktiven Rolle bei der Entwaffnung der Hisbollah?
Frank: Wenn ich einen Rat zu geben hätte, würde ich die ersten beiden Optionen vorziehen und vor dem Hintergrund der schon bestehenden Belastung, aber auch des schwierigen Umgangs mit der Hisbollah von einem Einsatz direkt in dem Schutzgebiet, in der Sicherheitszone abraten.
Spengler: Das ist sicher sehr gefährlich. Wie gefährlich wäre denn Grenzsicherung?
Frank: Die Grenzsicherung ist ja mehr eine polizeiliche Aufgabe. Da gilt es in Kooperation mit Syrien, und von daher halte ich die Mission des Außenministers für ausgesprochen wichtig, Syrien zur Kooperation einzubinden, dass eine gemeinsame Sicherung sowohl von der syrischen Seite wie von der libanesischen Seite unterstützt durch Bundespolizei oder andere Milizverbände der anderen UN-Partner, die sich daran beteiligen werden, in gemeinsamer Kooperation sicherzustellen.
Spengler: Eine Grenzsicherung auf See, wie Sie sie auch eben erwähnt hatten, ist die nicht doch mit gewissen Risiken behaftet?
Frank: Nun ist jedes Mandat ja, was wir irgendwo im Ausland durchführen, ob unter dem Schutz der Vereinten Nationen oder anderem Mandat, nicht immer nicht ungefährlich (sic!). Das ist völlig klar. Aber dieses wäre ein übersichtliches Mandat. Es ist erfüllbar, was in der Sicherheitszone bis zum Litani-Fluss schwierig wird, weil die Hisbollah ja offensichtlich von der Bevölkerung getragen wird. Ich erinnere an das alte Wort von Mao Zedong: Partisanen, die in der Bevölkerung aufgenommen werden und dort schwimmen wie die Fische im Wasser, die herauszufischen, wird ausgesprochen schwierig sein.
Spengler: Ich danke Ihnen für das Gespräch. Das war Vize-Admiral a.D. Hans Frank. Schönen Tag noch, Herr Frank.
Frank: Dankeschön.