Freitag, 29. März 2024

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Ex-Radprofi Nerz
"Es sind immer noch Menschen, die da mitfahren und keine Maschinen"

Die Kombination aus Magersucht und extremer Belastung bewegte den Radprofi Dominik Nerz dazu, seine Karriere zu beenden. Im Dlf sagte er, dass er die Tendenz des Radsports, schneller, höher und gefährlicher zu sein, nicht gutheiße. Man müsse aufpassen, dass man aus der Tour de France kein reines Spektakel mache.

Dominik Nerz im Gespräch mit Matthias Friebe | 30.06.2019
Dominik Nerz beim Radrennen Criterium Du Dauphine Libere 2016.
Dominik Nerz' neues Leben hat nichts mehr mit dem Radsport zu tun. (imago sportfotodienst)
In seiner Biografie "Gestürzt" beschreibt Dominik Nerz, dass er seinen "Körper bis an den Rand des Todes zugerichtet" habe. Seine Magersucht kombiniert mit extremer körperlicher Belastung "verkraftet selbst der beste Körper ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr", sagte Nerz im Deutschlandfunk.
Es sei keine Entscheidung von heute auf morgen gewesen, sondern aus einem langem Prozess heraus, er habe lange daran geglaubt, dass die Dinge sich bessern. Bei einem Rennen habe er dann aber gemerkt, dass es sich vermutlich nicht mehr bessern werde. Er habe dies erst einmal akzeptieren müssen.
Radsport verursacht noch "Gefühlschaos"
Heute gehe es ihm "wieder sehr, sehr gut", er sei mental zu 90 Prozent wiederhergestellt, es gebe aber Situationen, in denen alte Gefühle wieder hochkochten. In Interviews komme er in Situationen, in denen er wehmütig zurückschaue und in denen "alte, nicht so gute Gefühle wieder hervorkommen", aber auch freudige Gefühle, die ein Gefühlschaos auslösten.
Der Tour de France entziehe er sich weitgehend, sein neues Leben habe nichts mehr mit dem Radsport zu tun. Nerz sagte: "Der Radsport war eines der größten Teile in meinem Leben, aber er wird mich nicht für immer gefangen halten." Dass der Radsport die Anforderung habe, immer schneller, höher, gefährlicher zu sein, heiße er nicht gut. "Es sind immer noch Menschen, die da mitfahren und keine Maschinen." Man müsse aufpassen, dass man aus einer tollen und traditionsreichen Veranstaltung wie der Tour de France kein reines Spektakel mache.