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Ex-Verfassungsschutzpräsident zufrieden mit dem Urteil gegen Motassadeq

Peter Frisch, ehemaliger Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, begrüßt das Urteil des Hamburger Gerichts im Fall Motassadeq. Die Mitgliedschaft des Angeklagten in einer terroristischen Vereinigung sei mehr als ausreichend für die verhängte Strafe. Frisch rechnet nicht damit, dass Motassadeq im Revisionsverfahren eine Aufhebung des Urteil erreichen wird.

    Heuer: Der Bundesinnenminister Otto Schily zeigt sich zufrieden mit dem Urteil gegen Mounir El Motassadeq. Sind Sie auch zufrieden?

    Frisch: Ich bin sehr zufrieden damit und ich meine, das ist auch gut für alle Behörden, die verantwortlich sind für die Sicherheit in unserem Land.

    Heuer: Das heißt, besser Haft als gar keine? Denn das Urteil ist ja milder ausgefallen als das erste Urteil, das es gab.

    Frisch: Die Milde erklärt sich daraus, dass der Anklagepunkt "Beteiligung" oder "Beihilfe" zu dem grauenhaften Mord in den USA nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen werden konnte. Aber es bleibt – und das war genügend, wenn nicht mehr als ausreichend – die "Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung" und die muss unter Strafe gestellt werden. Denn gerade eine solche terroristische Vereinigung hat ja Pläne. Gerade die islamistischen terroristischen Vereinigungen wollen gegen die Ungläubigen mit Gewalt, mit Mord vorgehen. Das sagt ihnen ihre Auslegung des Korans. Und dann kommt es nicht darauf an, dass der Einzelne genau Bescheid weiß über alles, was die anderen planten. Aber sie sind alle der Meinung: Das ist richtig. Und insofern war er auch Mitglied einer terroristischen Vereinigung gewesen und das Urteil hat das zu Recht ausgedrückt und hat die Konsequenzen gezogen.

    Heuer: Diese Konsequenzen möchte Mounir El Motassadeq gerne noch einmal abändern. Er hat Revision angekündigt. Glauben Sie, mit Aussicht auf Erfolg?

    Frisch: Es ist sein Recht, Revision einzulegen. Ich bin davon überzeugt, dass es nicht zu einer Aufhebung dieses Urteils kommen kann.

    Heuer: Wieso nicht?

    Frisch: Weil die Umstände, die dafür sprechen, dass er Mitglied einer terroristischen Vereinigung ist, zu überzeugend sind. Das fing damit an, dass er ja auch beim Ausbildungslager war, dass er einen ganz engen Zusammenhang, ganz enges Zusammenwohnen hatte mit den Terroristen, die dann in New York dieses grauenhafte Unglück da verursacht haben. Und es ist absolut ausgeschlossen zu meinen, dass hier etwa er nur nebenher zu Rande gegangen wäre, so als Mensch, den man allenfalls mal benachrichtigt, dass man in absehbarer Zeit nicht mehr wiederkommen wird oder gar nicht mehr – das wäre lebensfremd, das anzunehmen. Und das traue ich unserem Bundesgerichtshof nicht zu. Ich bin davon überzeugt, dass das Urteil, soweit es hier auf Beihilfe, äh, auf Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung lautet, gerecht ist und dass der Bundesgerichtshof das auch so sehen wird.

    Heuer: Herr Frisch, der Unmut bei vielen wächst, dass Menschen, die wie Motassadeq ganz klar in einem – auch zugeben – in einem Ausbildungslager der El Kaida – in diesem Fall in Afghanistan – gewesen zu sein, dass solche Menschen nicht leichter ausgewiesen werden können. Plädieren Sie für eine Änderung der Gesetze?

    Frisch: Das ist ein sehr schwer wiegendes Problem. Wir haben es erlebt, dass ein Terrorist, jemand, ein Deutscher war das, Soldat, der einen Selbstmordanschlag begehen wollte, der hier, nach einer Haft in Israel wieder hierher kam und seitdem mit einem Riesenaufgebot an Polizei bewacht werden muss, damit er das nicht macht, und insofern bestehen hier große Gefahren, sicherlich sind das große rechtliche Probleme. Wenn aber aufgrund des vorhergehenden Verhaltens einer solchen Person und aufgrund seiner Überzeugung, die seinem Glauben – das ist seine besondere Variante des Islam –, nämlich dem Islamismus treu zu sein, wenn das noch da ist, dann müssen wirklich Möglichkeiten überlegt werden, ihn für Dauer von der anderen Gesellschaft, von den Menschen, die so etwas nicht tun wollen und die gefährdet sind, fernzuhalten.

    Heuer: Auch ohne, dass er eine Straftat in Deutschland begeht oder plant?

    Frisch: Wenn er die Straftaten begangen hätte, dann wäre er dann schon in Haft. Wenn er sie plant, bestehen auch Möglichkeiten. Wenn aber eine ganz große Gefahr aufgrund eines Menschen besteht, der beispielsweise da sich in einem solchen Ausbildungslager aufgehalten hat, der immer wieder zu erkennen gibt, dass er ein überzeugter Islamist ist und zwar einer der Islamisten, die Gewalt begehen wollen, dann ist das eine Möglichkeit, die meines Erachtens durchaus mit in Betracht gezogen werden muss. Nur in wenigen Fällen, aber zum Schutz aller unschuldigen Menschen, die das Opfer werden könnten, wäre das dann geboten.