Wulff: Guten Morgen Herr Müller.
Müller: Herr Wulff, ist die Expo ein Flop?
Wulff: Die Expo ist unabhängig vom Defizit ein gewaltiger Erfolg. Das können Sie im ganzen Land Niedersachsen, aber auch in der Republik bei denen, die die Expo besucht haben, mit Händen greifen. Es gibt bei den Besuchern der Expo mehr Faszination für Wissenschaft und Technik. Es gibt überhaupt dort bei denen, die an der Expo teilnehmen, das Gefühl, dass man mehr über Lösungen diskutieren sollte als immer nur über Probleme. Es ist also auch eine Mentalitätsverschiebung, die Deutschland dringend nötig hätte und die uns weiterhilft. Im übrigen gibt es eine ganze Reihe von Projekten, die mit langfristiger Wirkung und Bedeutung angestoßen wurden, und zwar in ganz Deutschland und über Deutschland hinaus mit den dezentralen Projekten. All das wird ja von der Expo finanziert. Man kann keine Party veranstalten und erwarten, dass die Gäste mehr Geld mitbringen als die gesamte Party gekostet hat. Jedenfalls habe ich von solchen Bottle-Partys nie etwas gehalten und es war immer eine Illusion, dass es letztlich ganz ohne Geld zur Durchführung der Expo gehen soll.
Müller: Es geht ja nicht um "ganz ohne Geld". Milliardenverluste und Erfolg das schließt sich nicht aus?
Wulff: Es gibt ja Gesamtrechnungen, wonach die Steuermehreinnahmen, die durch die Expo hervorgerufen sind, weit höher sind als selbst das höchste anzunehmende Defizit, über das wir nun seit einigen Wochen reden. Selbst bei dieser Gesamtbetrachtung ist es unterm Strich auch wirtschaftlich, auch finanzpolitisch für Bund, Länder und Gemeinden eine positive Rechnung, weil es eben Steuermehreinnahmen von weit über drei Milliarden geben wird. Es muss jetzt aber über eine Reduzierung des Defizits gesprochen werden, indem die Besucherströme dann doch zum Ende der Expo hin noch ansteigen müssen. Es sind ja noch einige Monate und keiner sollte sich diese Ausstellung entgehen lassen. Wir müssen natürlich über eine faire Verteilung zwischen Bund und Land reden.
Müller: Wer ist verantwortlich für die Verluste?
Wulff: Verantwortlich ist natürlich Aufsichtsrat und Geschäftsführung, all die, die die Expo gewollt haben und wollen. Das ist die große Mehrzahl der Politikerinnen und Politiker in Deutschland, weil wir mit dieser Weltausstellung die Welt eingeladen haben, zur Kenntnis zu nehmen oder mitzumachen, dass die Bundesrepublik Deutschland für viele Bereiche von wichtigen Themen für die Zukunft wichtige Lösungen anzubieten hat. Es repräsentiert sich Deutschland dort also in einer sehr positiven Weise und es ist traurig, dass die Besucherzahlen unter den Erwartungen zurückbleiben, wenn auch die Besucherzahlen insgesamt zu hoch kalkuliert waren. Das war ein Zugeständnis der SPD-geführten Landesregierung an die Grünen, mit der Fiktion zu leben es koste nichts, weil ansonsten die Grünen die Absage der Expo durchgesetzt hätten. Sie hatten sie ja nie gewollt und haben sie immer torpediert. Ich halte aber nichts davon, dass man immer nur über die negativen Dinge einer Veranstaltung redet, sondern man sollte mal über das positive sprechen. Ansonsten wären wir in der Gefahr, selber eine großartige Veranstaltung letztlich mit ein Stück weit kaputt zu reden.
Müller: Welche Fehler hat denn die Ausstellungsleitung aus Ihrer Sicht gemacht?
Wulff: Ich glaube, dass es typisch wäre, während einer erfolgreichen tollen Veranstaltung wieder eben nicht über die großen Erfolge, das in diesen Jahren so hinzubekommen, zu reden, sondern jetzt schon wieder Schuldzuweisungen vorzunehmen. Vielleicht ist es in Deutschland besonders schwierig, eine große Ausstellung zu dem faszinierenden Thema Mensch, Natur und Technik anzubieten, weil es eben eher schick ist, über Technik eher negativ zu reden, als sich davon auch einnehmen und faszinieren zu lassen. Wir brauchen aber Neugier. Wenn Sie die Schulklassen auf der Expo sehen, wie sie neugierig nach Hause gehen und sagen, das war eine tolle Sache, wir sind angeregt, uns jetzt mehr um Chemie, Physik, Biologie, Naturwissenschaften, um das Zusammenspiel von Geistes- und Naturwissenschaften Gedanken zu machen, dann ist es genau das, was ich mir für die junge Generation in Deutschland über lange Jahre hin wünsche. Jeder Schüler, der inspiriert nach Hause geht und anschließend beim Projekt "Jugend forscht" mitmacht, ist vielleicht derjenige, der irgendwann mal den deutschen Technikvorsprung auch im Maschinenbau oder anderen Bereichen wieder ein bisschen stärker unterlegt und dort die Bewerberzahlen wieder ansteigen lässt, weil wir dort überall die Lücken bekommen. Ein Bewerbermangel bei Ingenieurwissenschaften kostet die Bundesrepublik Deutschland auf Dauer mehr.
Müller: Herr Wulff, ich muss Sie an dieser Stelle mal unterbrechen. Wir wollten uns ja auch über das Defizit unterhalten. Nun soll das aufgeteilt werden. Wer trägt denn wie viel?
Wulff: Die Bundesrepublik Deutschland hat sich um die Ausrichtung bemüht, hat den Zuschlag damals in Paris von der Weltausstellungsorganisation bekommen. Ich finde es ist angemessen, auch am Beispiel der olympischen Spiele 1972 in München so vorzugehen, dass der Bund gut drei Viertel und das Land knapp ein Viertel des entstehenden Defizits, über das ja noch zu reden sein wird, trägt. Das ist bei bundesweiten Veranstaltungen ein sinnvoller Verteilungsmaßstab. Das vertritt die Niedersachsen-CDU, weil letztlich eben auch der Bund den Großteil der Steuermehreinnahmen bekommt.
Müller: Der Bund will aber offenbar nicht mehr als die Hälfte der Verluste tragen?
Wulff: Das halte ich nicht für angemessen, wenn man sieht, dass es sich um eine nationale Veranstaltung handelt. Ich glaube so kann man zwischen Bund und Land die Lasten nicht verteilen. Das wäre auch unüblich zu anderen derartigen Veranstaltungen.
Müller: Wenn Sie aber von diesen Steuermehreinnahmen sprechen, rund drei Milliarden Mark, wie Sie es skizzieren, dann gibt es kein Problem?
Wulff: Es gibt unterm Strich bei der Gesamtberechnung der Weltausstellung jedenfalls für Bund, Länder und Gemeinden keine Mehrbelastung, sondern eine Entlastung. Nur solche volkswirtschaftlichen Gesamtberechnungen werden eben schnell aus dem Auge verloren. Es ist auch nicht zu verharmlosen und zu verniedlichen, dass der Bund und das Land Niedersachsen jetzt eine erhebliche Last zu schultern haben, was natürlich jetzt erst einmal aufzubringen ist an Defizitabdeckung. Deswegen haben wir auch der Regierung in Hannover angeboten, das gemeinsam zu schultern. Das ist vom Ministerpräsidenten abgelehnt worden. Das macht die Sache auch nicht einfacher.
Müller: Der niedersächsische Oppositionsführer Christian Wulff war das, CDU. - Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören nach Hannover!
Link: Interview als RealAudio
Müller: Herr Wulff, ist die Expo ein Flop?
Wulff: Die Expo ist unabhängig vom Defizit ein gewaltiger Erfolg. Das können Sie im ganzen Land Niedersachsen, aber auch in der Republik bei denen, die die Expo besucht haben, mit Händen greifen. Es gibt bei den Besuchern der Expo mehr Faszination für Wissenschaft und Technik. Es gibt überhaupt dort bei denen, die an der Expo teilnehmen, das Gefühl, dass man mehr über Lösungen diskutieren sollte als immer nur über Probleme. Es ist also auch eine Mentalitätsverschiebung, die Deutschland dringend nötig hätte und die uns weiterhilft. Im übrigen gibt es eine ganze Reihe von Projekten, die mit langfristiger Wirkung und Bedeutung angestoßen wurden, und zwar in ganz Deutschland und über Deutschland hinaus mit den dezentralen Projekten. All das wird ja von der Expo finanziert. Man kann keine Party veranstalten und erwarten, dass die Gäste mehr Geld mitbringen als die gesamte Party gekostet hat. Jedenfalls habe ich von solchen Bottle-Partys nie etwas gehalten und es war immer eine Illusion, dass es letztlich ganz ohne Geld zur Durchführung der Expo gehen soll.
Müller: Es geht ja nicht um "ganz ohne Geld". Milliardenverluste und Erfolg das schließt sich nicht aus?
Wulff: Es gibt ja Gesamtrechnungen, wonach die Steuermehreinnahmen, die durch die Expo hervorgerufen sind, weit höher sind als selbst das höchste anzunehmende Defizit, über das wir nun seit einigen Wochen reden. Selbst bei dieser Gesamtbetrachtung ist es unterm Strich auch wirtschaftlich, auch finanzpolitisch für Bund, Länder und Gemeinden eine positive Rechnung, weil es eben Steuermehreinnahmen von weit über drei Milliarden geben wird. Es muss jetzt aber über eine Reduzierung des Defizits gesprochen werden, indem die Besucherströme dann doch zum Ende der Expo hin noch ansteigen müssen. Es sind ja noch einige Monate und keiner sollte sich diese Ausstellung entgehen lassen. Wir müssen natürlich über eine faire Verteilung zwischen Bund und Land reden.
Müller: Wer ist verantwortlich für die Verluste?
Wulff: Verantwortlich ist natürlich Aufsichtsrat und Geschäftsführung, all die, die die Expo gewollt haben und wollen. Das ist die große Mehrzahl der Politikerinnen und Politiker in Deutschland, weil wir mit dieser Weltausstellung die Welt eingeladen haben, zur Kenntnis zu nehmen oder mitzumachen, dass die Bundesrepublik Deutschland für viele Bereiche von wichtigen Themen für die Zukunft wichtige Lösungen anzubieten hat. Es repräsentiert sich Deutschland dort also in einer sehr positiven Weise und es ist traurig, dass die Besucherzahlen unter den Erwartungen zurückbleiben, wenn auch die Besucherzahlen insgesamt zu hoch kalkuliert waren. Das war ein Zugeständnis der SPD-geführten Landesregierung an die Grünen, mit der Fiktion zu leben es koste nichts, weil ansonsten die Grünen die Absage der Expo durchgesetzt hätten. Sie hatten sie ja nie gewollt und haben sie immer torpediert. Ich halte aber nichts davon, dass man immer nur über die negativen Dinge einer Veranstaltung redet, sondern man sollte mal über das positive sprechen. Ansonsten wären wir in der Gefahr, selber eine großartige Veranstaltung letztlich mit ein Stück weit kaputt zu reden.
Müller: Welche Fehler hat denn die Ausstellungsleitung aus Ihrer Sicht gemacht?
Wulff: Ich glaube, dass es typisch wäre, während einer erfolgreichen tollen Veranstaltung wieder eben nicht über die großen Erfolge, das in diesen Jahren so hinzubekommen, zu reden, sondern jetzt schon wieder Schuldzuweisungen vorzunehmen. Vielleicht ist es in Deutschland besonders schwierig, eine große Ausstellung zu dem faszinierenden Thema Mensch, Natur und Technik anzubieten, weil es eben eher schick ist, über Technik eher negativ zu reden, als sich davon auch einnehmen und faszinieren zu lassen. Wir brauchen aber Neugier. Wenn Sie die Schulklassen auf der Expo sehen, wie sie neugierig nach Hause gehen und sagen, das war eine tolle Sache, wir sind angeregt, uns jetzt mehr um Chemie, Physik, Biologie, Naturwissenschaften, um das Zusammenspiel von Geistes- und Naturwissenschaften Gedanken zu machen, dann ist es genau das, was ich mir für die junge Generation in Deutschland über lange Jahre hin wünsche. Jeder Schüler, der inspiriert nach Hause geht und anschließend beim Projekt "Jugend forscht" mitmacht, ist vielleicht derjenige, der irgendwann mal den deutschen Technikvorsprung auch im Maschinenbau oder anderen Bereichen wieder ein bisschen stärker unterlegt und dort die Bewerberzahlen wieder ansteigen lässt, weil wir dort überall die Lücken bekommen. Ein Bewerbermangel bei Ingenieurwissenschaften kostet die Bundesrepublik Deutschland auf Dauer mehr.
Müller: Herr Wulff, ich muss Sie an dieser Stelle mal unterbrechen. Wir wollten uns ja auch über das Defizit unterhalten. Nun soll das aufgeteilt werden. Wer trägt denn wie viel?
Wulff: Die Bundesrepublik Deutschland hat sich um die Ausrichtung bemüht, hat den Zuschlag damals in Paris von der Weltausstellungsorganisation bekommen. Ich finde es ist angemessen, auch am Beispiel der olympischen Spiele 1972 in München so vorzugehen, dass der Bund gut drei Viertel und das Land knapp ein Viertel des entstehenden Defizits, über das ja noch zu reden sein wird, trägt. Das ist bei bundesweiten Veranstaltungen ein sinnvoller Verteilungsmaßstab. Das vertritt die Niedersachsen-CDU, weil letztlich eben auch der Bund den Großteil der Steuermehreinnahmen bekommt.
Müller: Der Bund will aber offenbar nicht mehr als die Hälfte der Verluste tragen?
Wulff: Das halte ich nicht für angemessen, wenn man sieht, dass es sich um eine nationale Veranstaltung handelt. Ich glaube so kann man zwischen Bund und Land die Lasten nicht verteilen. Das wäre auch unüblich zu anderen derartigen Veranstaltungen.
Müller: Wenn Sie aber von diesen Steuermehreinnahmen sprechen, rund drei Milliarden Mark, wie Sie es skizzieren, dann gibt es kein Problem?
Wulff: Es gibt unterm Strich bei der Gesamtberechnung der Weltausstellung jedenfalls für Bund, Länder und Gemeinden keine Mehrbelastung, sondern eine Entlastung. Nur solche volkswirtschaftlichen Gesamtberechnungen werden eben schnell aus dem Auge verloren. Es ist auch nicht zu verharmlosen und zu verniedlichen, dass der Bund und das Land Niedersachsen jetzt eine erhebliche Last zu schultern haben, was natürlich jetzt erst einmal aufzubringen ist an Defizitabdeckung. Deswegen haben wir auch der Regierung in Hannover angeboten, das gemeinsam zu schultern. Das ist vom Ministerpräsidenten abgelehnt worden. Das macht die Sache auch nicht einfacher.
Müller: Der niedersächsische Oppositionsführer Christian Wulff war das, CDU. - Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören nach Hannover!
Link: Interview als RealAudio