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EZB
Bei Bedarf auch unkonventionelle geldpolitische Maßnahmen

Die Europäische Zentralbank steht womöglich kurz vor dem Einsatz durchgreifender Maßnahmen. EZB-Chef Mario Draghi signalisierte seine Bereitschaft, eine für die Konjunktur gefährliche Deflationsspirale auch mit ungewöhnlichen Mitteln verhindern zu wollen.

Von Michael Braun | 03.04.2014
    Kein Drama. Aber auch keine Entwarnung. Die Europäische Zentralbank fährt eine Politik der ruhigen Hand. Der Zentralbankrat senkte heute die Zinsen nicht. Dass kurz nach diesem Entscheid die Aktienkurse nachgaben sanken und der Euro stieg, zeigte: Einige hatten doch mit Zinsen gen Null gerechnet. Aber EZB-Präsident Mario Draghi machte zugleich deutlich, von einer Zinswende nach oben wie in Amerika ist Euroland noch weit entfernt. Er las einen Satz aus seiner Erklärung ein zweites Mal vor und wies auch auf dessen zentrale Bedeutung hin:
    "Das ist der Kernsatz: Der Rat ist einer Meinung darin, innerhalb seines Mandats auch unkonventionelle geldpolitische Maßnahmen zu nutzen - und das heißt: wir sind noch nicht am Ende mit unseren unkonventionellen Maßnahmen -. Wir wollen sie also nutzen, um den Risiken einer zu langen Phase niedriger Inflationsraten zu begegnen."
    Damit war klar: Der Rat werde nicht nur bei absehbarer Deflation reagieren. Sondern auch bei lang anhaltender niedriger Inflation. Denn sehr niedrige Inflationsraten könnten rein messtechnisch den Übergang zur Deflation verhüllen. Überdies gehe bei niedrigen Inflationsraten der reale Wert von Schulden kaum zurück. Das erschwere den Schuldnern ein Fortkommen. Die EZB werde also wachsam bleiben und sei fest entschlossen, die akkommodierende, also lockere, dem schwachen Wachstum angepasste Geldpolitik beizubehalten.
    Welche unkonventionellen Maßnahmen die EZB bei Bedarf einsetzen werde, sagte Draghi nicht. Man habe aber über alles Mögliche gesprochen: über sinkende Zinssätze, über niedrigere, auch negative Einlagenzinsen, über den Ankauf von Staats- und Unternehmensanleihen.
    Dass heute nichts von dem umgesetzt wurde, habe daran gelegen, dass die gesunkene Inflationsrate im März vor allem mit exogenen Faktoren zu erklären sei: etwa zu 70 Prozent mit niedrigeren Energie- und Lebensmittelpreisen sei. Und damit, dass Ostern dieses Jahr später liege, die in dieser Zeit traditionell steigenden Preise in den März-Inflationsdaten also nicht enthalten sein konnten.
    Gefragt, was seine größte Sorge sei, sagte Draghi: die hohe Arbeitslosigkeit. Und auch mit Frankreich hadert er. Das französische Ansinnen, den Defizitabbau neu zu verhandeln, sieht Draghi sehr kritisch:
    "Vereinbarte Ziele zu unterlaufen, lässt Vertrauen schwinden. Es ist wichtig, dass finanzielle Konsolidierung wachstumsfreundlich gestaltet wird. Aber sie sollte zu den vorher vereinbarten Regeln passen. Sonst geht Vertrauen verloren."