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Fachkräfteinwanderungsgesetz beschlossen
Offenere Türen in den Arbeitsmarkt

Das lang umstrittene Migrationspaket der großen Koalition kann in Kraft treten. Der Bundesrat billigte insgesamt sieben Gesetze, darunter das Fachkräfteeinwanderungsgesetz und die Neuregelungen zur konsequenteren Umsetzung von Abschiebungen. Viele der Regelungen waren bei den Ländern zwar zuvor auf Widerstand gestoßen.

Von Gudula Geuther | 28.06.2019
Weldu Emha aus Eritrea, Teilnehmer eines Qualifizierungsprogramm für Flüchtlinge, bei der Werkzeugpflege.
Die Fachkräfteeinwanderung gehörte zu dem am wenigsten umstrittenen Gesetz des Migrationspakts. (picture alliance/KEYSTONE)
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist Teil eines großen Paketes, die Änderungen reichen von erleichterter Abschiebung abgelehnter Asylbewerber über Ausbildungsmöglichkeiten von Flüchtlingen bis hin zu Änderungen von Sozialleistungen. Passiert haben den Bundesrat alle diese Gesetze. Die Fachkräfteeinwanderung gehörte dabei zu den am wenigsten umstrittenen. So lobte auch der Leiter der Thüringer Staatskanzlei, der Linken-Politiker Benjamin Immanuel Hoff.
"Für mich ist wichtig, dass wir heute mit diesem Gesetz ein Einwanderungsgesetz verabschieden wollen, das der Idee folgt, Zuwanderung zu ermöglichen. Das ist tatsächlich für die Bundesrepublikanische Geschichte, insbesondere auch seit 1990, ein wichtiger erster, großer Schritt. Den dürfen wir, bei vielen kritischen Anmerkungen, nicht geringschätzen".
"Wichtiger erster, großer Schritt"
Deutschland benötige eine netto-Zuwanderung von jährlich mindestens 400.000 Personen, so Berechnungen, die im Deutschlandfunk auch Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung anstellte. Über dieses Gesetz werde davon nur ein kleiner Teil kommen, so Brücker.
"Die Bundesregierung selbst rechnet mit etwa 25.000 zusätzlichen Personen. Es ist so: Die Einwanderung wird natürlich nicht nur über diesen Weg erfolgen. Wir haben Einwanderung aus der Europäischen Union, die wird aber stark zurückgehen, auf etwa ein Fünftel des gegenwärtigen Niveaus".
Bisher erlaubt Deutschland Arbeitsmigration aus Staaten außerhalb der EU vor allem für Akademiker. Nach dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz sollen auch Personen mit qualifizierter Berufsausbildung kommen können – wenn sie einen Arbeitsvertrag haben und ihre Qualifikation anerkannt ist. Wie hoch diese Hürde ist, ist umstritten. Die Migrationsrechtsexpertin Anuscheh Farahat sieht sie als Problem an.
"Wenn es darum geht, Gleichwertigkeit der Qualifikation herzustellen, das stellt für viele Fachkräfte effektiv eine Hürde dar".
Wobei für diejenigen, die bei ihrer Ankunft schon einen Arbeitsvertrag in der Tasche haben, Nachqualifizierungen in Deutschland möglich sein sollen. Ermöglicht werden soll unter Umständen auch die Arbeitsplatzsuche in Deutschland. Auch hier bewerten Fachleute die zu erwartende Wirkung unterschiedlich.
Problem: Abschlüsse anerkennen
Stefan Hardege vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag sieht als große Hürde, dass vor der Arbeitssuche die vollständige Anerkennung der Qualifikation stehen muss. Zumal andere Länder das deutsche Duale Ausbildungssystem nicht kennen.
"Von daher hätten wir uns gewünscht, dass man da vielleicht auch sagt, man kann mit einer teilweisen Gleichwertigkeit kommen. Die theoretischen Sachen hat man gelernt, hat auch Berufserfahrungen, aber es fehlen dann vielleicht noch praktische Elemente, die man in der deutschen Ausbildung gelernt hätte, die man dann aber hier nachholen kann. Das würde es insgesamt erleichtern".
Wer zur Arbeitssuche kommen will, muss außerdem Sprachkenntnisse mitbringen und Geld, um den Lebensunterhalt zu sichern. Soweit die Regeln, die aber auch in der Praxis umgesetzt werden müssen. Da müsse noch manches geschehen, betonte im Bundesrat aus Niedersachsens Innenminister, der SPD-Politiker Boris Pistorius.
"Hierzu zählen vor allem schnelle und einfache Verfahren zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse, gezielte Werbung im Ausland durch Unternehmen und Verbände, verstärkte Angebote zum Erlernen der deutschen Sprache auch im Ausland und effiziente und transparente Verwaltungsverfahren".
Anfang kommenden Jahres soll das Gesetz in Kraft treten.