Dienstag, 16. April 2024

Archiv

Fachkräftemangel
Ein Risiko für den Mittelstand

Die Bundesagentur für Arbeit kann sich freuen: Nach aktuellen Zahlen ist die Zahl der Arbeitslosen im Mai erneut gesunken. Aus Sicht der Wirtschaft ist die Lage allerdings alles andere als entspannt. Es fehlt an Fachkräften, vor allem im Mittelstand.

Von Stefan Maas | 31.05.2016
    Der Bochumer Maschinenbauer Eickhoff produziert seit 2009 in Klipphausen bei Dresden Getriebe fuer Windkraftanlagen.
    Trotz des Zuzugs ausländischer Fachkräfte werden die Hilferufe aus der Wirtschaft immer lauter. (imago/Rainer Weisflog)
    Wenn es um die Präsentation der Arbeitsmarktzahlen geht, dann hat Frank-Jürgen Weise, der Chef der Bundesagentur für Arbeit, im Moment einen durchaus angenehmen Job. Denn auch im Mai hat sich der Arbeitsmarkt positiv entwickelt, die Zahl der Arbeitslosen ist um 80.000 gesunken. Und damit stärker als im Durchschnitt der letzten drei Jahre im gleichen Monat.
    Um jahreszeitliche Einflüsse bereinigt, ist die Erwerbslosenzahl im Vergleich zum April um 11.000 zurückgegangen. Das allerdings hat vor allem damit zu tun, dass Jobcenter und Kommunen Arbeitslose – und hier vor allem als arbeitssuchend gemeldeten Asylberechtigte - wieder mehr in Fördermaßnahmen unterbringen oder in so genannten Ein-Euro-Jobs.
    Die Zahl der arbeitslos gemeldeten Flüchtlinge liegt derzeit bei rund 145.000. Pro Monat kommen etwa 10.000 hinzu. Flüchtlingen mit Bleibeperspektive komme das von der Bundesregierung geplante Integrationsgesetz zugute, denn es sorge auch bei potentiellen Arbeitgebern für Planbarkeit, die etwa junge Flüchtlinge ausbilden wollten, erläutert Weise.
    Keine Entspannung beim Fachkräftemangel
    "Aus unserer Sicht – und in diesem Fall muss ich sagen Arbeitsmarkt, ist es ein großer Fortschritt, dass Menschen, die in Ausbildung gehen, für drei Jahre diese Ausbildung gesichert bekommen und dann noch zwei Jahre Sicherheit für die Berufsorientierung, das ist eine Sicherheit für die Menschen und für die Arbeitgeber."
    Die von manchen erhoffte Milderung des Fachkräftemangels werden aber auch diese Neuregelungen nicht bringen. Etwa in den sogenannten MINT-Berufen. MINT steht für – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Zwar hat in den vergangenen Jahren die Zuwanderung von MINT-Facharbeitern dafür gesorgt, dass die Lücke nicht ganz so weit aufklaffte. Doch der Bedarf an Arbeitskräften mit naturwissenschaftlich-technischer Ausbildung ist laut dem MINT-Frühjahrsreport, der für den Bundesverband der Deutschen Industrie und die Arbeitgeberverbände erstellt wird, in den vergangenen zwei Jahren um 70 Prozent gestiegen.
    Doch während die Zahl der berufstätigen Hochschulabsolventen aus MINT-Fächern in den vergangenen Jahren gestiegen ist, ist die Zahl der Mitarbeiter mit entsprechender Ausbildung stark gesunken. Seit 2011 um rund 36.000 pro Jahr. Im April fehlten deshalb mehr als 171.000 Arbeitskräfte – etwa Systemprogrammierer, Netzwerkadministratoren oder Industriesystemtechniker. Und die Aussichten sind düster, rechnet Thomas Sattelberger, der Vorstandsvorsitzende der Initiative MINT-Zukunft schaffen, vor:
    "Auf der Basis der IW-Bevölkerungsprognose wird die Beschäftigungsprognose von beruflich qualifizierten MINT-Fachkräften bis zum Jahr 2010 um 431.000, bis zum Jahr 2025 um rund eine Million zurückgehen."
    Anteil von Frauen in MINT-Berufen stagniert
    Dabei ist der Mangel an naturwissenschaftlich gebildeten Mitarbeitern regional unterschiedlich ausgeprägt. Während Bayern, Baden-Württemberg und Hessen keine größeren Probleme haben, sieht es in den ostdeutschen Bundesländern oft schlecht aus. Ähnlich das Gefälle zwischen Stadt und Land. Auch stagniere der Anteil der Frauen, die entsprechende Berufe ergreifen seit Jahren, klagt Thomas Sattelberger. Er bewege sich "seit 15 Jahren auf einem niedrigen Niveau im Bereich der akademischen Qualifizierung von 30, bzw. im Bereich der beruflichen Qualifizierung von acht Prozent."
    Auch die abschlagsfreie Rente mit 63 nach 45-Beitragsjahren, werde für viele Betriebe zum Problem, sagte Sattelberger. Denn von der profitierten vor allem gut qualifizierte Facharbeiter.