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Fall Seppelt
Test für die Glaubwürdigkeit der FIFA

Der deutsche Journalist Hajo Seppelt darf nicht zur Fußball-WM nach Russland, das Visum ist ihm entzogen worden. Politiker reagieren empört, der Deutsche Fußball-Bund sieht den Weltverband am Zug und Seppelt selbst möchte nicht, dass Sportler in Mitleidenschaft gezogen werden.

Von Sebastian Trepper | 12.05.2018
    Der Sportreporter und Dopingexperte Hajo Seppelt spricht am 19.10.2016 in Hamburg nach seiner Auszeichnung mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis.
    Der Sportreporter und Dopingexperte Hajo Seppelt (dpa, Daniel Bockwoldt)
    Hajo Seppelt, der ARD-Dopingredakteur, der das staatlich gelenkte, russische Dopingsystem aufdeckte, erhält kein Visum. Dieses Einreiseverbot zieht einen Sturm der Entrüstung nach sich. Viele Politiker, die Organisation Reporter ohne Grenzen und Medienvertreter forden massive Maßnahmen gegen WM-Gastgeber Russland und sehen den Fußball-Weltverband FIFA in der Pflicht.
    FDP-Chef Christian Lindner griff das aberkannte Visum Hajo Seppelts in einer Rede beim Bundesparteitag der FDP auf, um zu verdeutlichen, wie problematisch Russland als internationaler Partner sei. Er sagte:
    "Wie autoritär gegenwärtig in Russland gedacht wird, das zeigt sich daran, dass ein anerkannter deutscher Journalist wie der ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt zur unerwünschten Person erklärt wird. Ich finde, das muss ein Anlass für den Bundesaußenminister sein, dem russischen Botschafter zu erklären, was wir unter Presse- und Meinungsfreiheit verstehen."
    "Diplomatische Wege"
    Norbert Röttgen, CDU-Politiker und Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, forderte Russland auf, die Verweigerung des Visums zu korrigieren.
    Der Fernsehdirektor des Westdeutschen Rundfunks, Jörg Schönenborn, sieht nun die Bundesregierung am Zug. Wenn auch eher hinter den Kulissen. Er sei zuversichtlich, dass die Bundesregierung auf diplomatischem Wege einschreiten werde.
    Schönenborns gelassene Einschätzung gründet sich auch auf der Tatsache, dass Russland vertraglich verpflichtet ist, Berichterstattern Zutritt zu gewähren.
    Keine Begründung
    Hajo Seppelt selbst war sich zwar darüber bewusst, dass er in Russland nicht gerade mit offenen Armen empfangen werden würde. Im Gespräch mit dem Deutschlandfunk erklärte er aber, dass ihn sein Ausschluss dennoch wundert, weil dadurch das Thema wieder hochgekocht wird.
    Eine Begründung für seine Ausweisung bekam Seppelt eigenen Angaben zufolge nicht. Ihm wurde lediglich mündlich mitgeteilt, dass er auf einer Liste unerwünschter Personen stehe und sein Visum damit ungültig sei. Er blickt nun vor allem auf die Reaktion der Sportverbände.
    "Ziemlicher Blödsinn"
    Der Deutsche Fußball-Bund hat sich allerdings bisher nur zurückhaltend geäußert. Präsident Grindel verwies auf den Weltverband. Er habe volles Vertrauen, dass die FIFA ihren Einfluss geltend mache, damit Seppelt ungehindert aus Russland berichten könne. Seppelt sieht seinen Fall wiederum als Test für die Glaubwürdigkeit des Weltverbands, der bislang einen Schmusekurs gegenüber Russland gefahren habe.
    Der Frage nach einem Boykott der WM durch die Deutsche Fußball-Nationalmannschaft erteilte Seppelt eine klare Absage. "Das halte ich für ziemlichen Blödsinn", sagte er im Gespräch mit dem RBB. Sportler könnten am wenigsten etwas dafür, dass Sportereignisse in ungeeigneten Ländern stattfänden.
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