Der Angeklagte hatte zugegeben, die Studentin Tugce im November 2014 auf dem Parkplatz eines Schnellrestaurants in Offenbach heftig ins Gesicht geschlagen zu haben. Die 22-Jährige stürzte und fiel ins Koma, aus dem sie nicht mehr erwachte.
Der Fall hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt und eine Debatte über Zivilcourage ausgelöst. Denn Tugce soll auf der Toilette des Restaurants zwei Mädchen vor dem Angeklagten in Schutz genommen haben. Freunde sehen in ihr deshalb eine Heldin. Als Tugces Eltern nach dem Hirntod ihrer Tochter die lebenserhaltenden Apparate abschalten ließen, versammelten sich vor dem Krankenhaus rund 1.500 Menschen, um Anteilnahme zu zeigen.
Das Landgericht Darmstadt hatte in dem Verfahren mehr als 60 Zeugen vernommen, auch Freundinnen von Tugce sowie Freunde des Angeklagten. Dabei war herausgekommen, dass sich beide Seiten vor dem Schlag übel beleidigten. Oberstaatsanwalt Alexander Homm sagte in seinem Plädoyer, der Angeklagte sei weder ausschließlich ein aggressiver "Koma-Schläger" noch Tugce eine "nationale Heldin" für Zivilcourage.
Tumulte vor dem Gerichtssaal
Die Verteidigung will das Urteil anfechten. "Wir werden in Revision gehen", sagte Anwalt Heinz-Jürgen Borowsky. Man halte die Begründung des Gerichts nicht für überzeugend, es hätte bessere Möglichkeiten für den Angeklagten gegeben, als ihn jetzt im Gefängnis wegzusperren. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten nach dem Jugendstrafrecht gefordert. Die Nebenklage verlangte eine längere Haftdauer, ohne einen konkreten Zeitraum zu nennen.
Vor der Urteilsverkündung war es im Landgericht zu Tumulten gekommen. Nach Angaben eines Gerichtssprechers wollten sich einige Zuschauer in der Warteschlange vor dem Gerichtssaal vordrängeln. Als andere mit Unverständnis darüber reagiert hätten, habe es Beleidigungen und Rangeleien gegeben.
(hba/tzi)