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Familienförderung
Das nächste Schöner-Name-Gesetz

Auf das "Gute-Kita-Gesetz" folgt ein "Starke-Familien-Gesetz": Die SPD-Kabinettsmitglieder Franziska Giffey und Hubertus Heil wollen damit vor allem Alleinerziehenden unter die Arme greifen. Der Bund lässt sich die Reform 1,2 Milliarden Euro kosten.

Von Frank Capellan | 09.01.2019
    Franziska Giffey (r), Bundesfamilienministerin, und Hubertus Heil (l, beide SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales, stellen bei einer Pressekonferenz im "ZukunftsHaus Wedding" das "Starke-Familien-Gesetz" vor, das Familien mit kleinen Einkommen stärken und Kinderarmut bekämpfen soll.
    Familienministerin Franziska Giffey (SPD) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) wollen mit dem Gesetz den Kinderzuschlag ausbauen (picture alliance/ dpa / Bernd von Jutrczenka )
    Ungewohnte Töne bei den Sozialdemokraten. Franziska Giffey und Hubertus Heil suchen nach neuen Wegen, um ihre Wohltaten besser an die Menschen zu bringen.
    Der kleine Medi aus Syrien spielt erst mal ein kleines Stück für Familienministerin und Arbeitsminister. Beide sind zu Gast in Berlin Wedding im Paul-Gerhardt-Stift, einem Zentrum der evangelischen Kirche, in dem hilfsbedürftige und einkommensschwache Familien Unterstützung finden.
    Giffey: "Wir haben ja heute einen Anlass. Es gibt ja einen Grund, warum wir heute hier sind! Wir kommen gerade direkt aus dem Kanzleramt, wir hatten ja heute Kabinettssitzung und das Kabinett hat heute einen Gesetzesentwurf beschlossen. Nämlich für unser ´Starke Familien Gesetz´."
    Weg vom Ministerialsprech!
    Nach den "guten Kitas" das Gesetz für starke Familien. Weg vom Ministerialsprech! Schon im Namen muss den Menschen klar werden, worum es geht, meint auch Sozialdemokrat Heil:
    "Warum heißt das ´Starke Familien Gesetz´? Natürlich, weil Franziska Giffey damit angefangen hat, endlich Gesetze so zu nennen, dass Menschen sich die Namen auch merken können. Das fing mit dem ´Gute Kita Gesetz´an - also Politik muss verständlicher und klarer werden!"
    Doch was steht drin im Gesetzentwurf? Zunächst wird der Kinderzuschlag von 170 auf 185 Euro im Monat angehoben, der Kreis der Berechtigten wird ausgeweitet. Wer nur geringfügig mehr verdient, soll nicht automatisch aus der Förderung fliegen. Die Familienministerin hofft, damit vor allen Dingen Alleinerziehenden unter die Arme zu greifen.
    Giffey: "Bisher ist es so, wenn eine Alleinerziehende Unterhaltsleistungen bekommt, werden diese Unterhaltsleistungen voll auf den Kinderzuschlag angerechnet und sie bekommt den Kinderzuschlag dann nicht mehr. Wir haben gesagt, wir wollen, dass dieses Kindeseinkommen, diese Unterhaltszahlungen, eben nicht mehr voll zu 100 Prozent angerechnet werden, sondern nur noch zu 45 Prozent, dass es einen Freibetrag gibt von 100 Euro."
    Von kostenlosem Schulessen bis ÖPNV-Ticket
    Insgesamt sollen durch Änderungen beim Kinderzuschlag bis zu 1,2 Millionen Kinder zusätzlich gefördert werden, grob gesagt in Familien mit einem Einkommen von weniger als 2.000 Euro brutto monatlich. Der Bund lässt sich die Reform 1,2 Milliarden Euro kosten.
    Denn wer den Kinderzuschlag und Wohngeld erhält, hat auch Anspruch auf die Leistungen des sogenannten Bildungs- und Teilhabepaketes. Kostenloses Schulessen, bessere Nachhilfeförderung, ein kostenfreies Ticket für den Nahverkehr und ein umfangreicheres Starterpaket für Schulanfänger gehören dazu, 150 statt bisher 100 Euro.
    Hubertus Heil verspricht im Gespräch mit einer betroffenen Alleinerziehenden zudem weniger Bürokratie bei der Beantragung der staatlichen Hilfen:
    "Und war das sehr anstrengend, die Leistung zu bekommen, die ursprüngliche Kritik, als das mal eingeführt war, war: Das ist total bürokratisch! Wie haben Sie das denn erlebt? - Ja, das stimmt, war nicht einfach! - Wir versuchen das jetzt zu entbürokratisieren, bisher musste man für ein Mittagessen noch immer was bezahlen und auch für Schülerbeförderung, das fällt weg und es gibt inzwischen auch die Möglichkeit, dass Klassen so Sammelanträge stellen. Wir versuchen das auch - inzwischen sind wir im 21. Jahrhundert - zu digitalisieren."
    Kritik kommt dennoch vom Deutschen Kinderschutzbund. Präsident Jochen Hilgers hält gerade die Regelungen für den Kinderzuschlag für zu kompliziert und verweist darauf, dass dieser "auch nach Einschätzung der Bundesregierung nur von 35 Prozent der Anspruchsberechtigten überhaupt beantragt wird. Das liegt an einer überbordenden Bürokratie!"
    Zunächst müssen sich jetzt Bundestag und Bundesrat mit dem Gesetz befassen - frühestens im Sommer könnte es in Kraft treten.