Donnerstag, 18. April 2024

Archiv

Familienfreundliche Unternehmen
Kind und trotzdem voll im Job

Das Kind ist krank, die Kita streikt, die letzte Schulstunde fällt aus: Für Eltern, die arbeiten, ist die Organisation von Familie und Beruf oft ein Drahtseilakt. Dass es auch stressfreier geht, beweist eine Unternehmensberatung in Frankfurt am Main. Sie geht in Sachen familienfreundliche Arbeitszeitgestaltung mit gutem Beispiel voran.

Von Afanasia Zwick | 06.02.2016
    Weiße Figuren von einem Vater mit Kind und einer Familie mit Kindern kleben auf einer Glasscheibe.
    Wer Familie und Beruf unter einen Hut bringen muss, braucht vor allem eines: Organisationstalent. (pa/dpa/Jens Kalaene)
    Nicole Fischer geht es ähnlich wie vielen anderen Müttern, die arbeiten: Ihr Tag ist vollgepackt und durchstrukturiert:
    "Der normale Tag aus meinem Leben, der normale Wahnsinn: Idealerweise bringt morgens mein Mann die Kinder in den Kindergarten, das heißt, ich sehe die Kinder noch beim Frühstück, geh dann aber los, um morgens spätestens um acht Uhr in der Firma aufzuschlagen.
    Der Tag ist geprägt von Meetings, Telefoncalls und sonstigen Aufgaben. Ich versuche dann an den meisten Tagen so nach Hause zu kommen, dass ich meine Kinder abends noch sehe."
    Die 43-Jährige ist Personalchefin bei der über 3000-Mann-starken Beratungsfirma BearingPoint in Frankfurt am Main. Direkt nach dem Studium fing sie an, dort als Juristin für Arbeitsrecht zu arbeiten. Mit Mitte 30 bekam sie ihren Sohn, mit Ende 30 ihre Tochter. Nach der Elternzeit wollte sie zurück in den Job. Ein familiengerechtes Arbeitsklima? Selbstverständlich bei BearingPoint - und das ohne Audit:
    "Grundsätzlich hatte ich schon vor, in Teilzeit auch wieder zu kommen und ich hatte auch nie das Gefühl, dass es kein Problem ist und es war tatsächlich auch kein Problem."
    Denn BearingPoint lässt zum einen seine Mitarbeiter sich ihre Arbeitszeit flexibel einteilen. Zum anderen bietet das Unternehmen dafür auch die notwendige technische Infrastruktur: virtuelle Netzwerke zum Beispiel oder Online-Plattformen, auf denen Mitarbeiter auch unterwegs arbeiten können - etwa im Wartezimmer beim Kinderarzt.
    Ein zusätzlicher Pluspunkt der Firma: Die Partnerschaft mit dem externen Familienservice PME; einer Art Feuerwehr für Mitarbeiter mit Familie: Wenn zum Beispiel die demente Oma vom Heim weggelaufen ist oder das Kind krank wird und von der Schule abgeholt werden muss:
    "Die haben eine Palette an Personen, auf die sie zurückgreifen können, die eben von der Kindernotfallbetreuung, wenn die Kita mal streikt, über die Ferienbetreuung hin zur Pflege von Angehörigen rund um alles anbieten. Das ist qualifiziertes Personal, das dann auch zu Ihnen nach Hause kommt. Die Möglichkeit allein zu haben, ist für unsere Mitarbeiter ein Benefit."
    Weitsichtige Planung ist alles
    Oft genüge ein Anruf und schnell sei eine Lösung gefunden, sagt Nicole Fischer. Das funktioniere aber auch nur, wenn das Unternehmen selbst weitsichtig mit seinen Mitarbeitern plane:
    "Wir schauen, dass der frischgebackene Familienvater natürlich nicht das Projekt am anderen Ende der Republik zugewiesen bekommt, sondern nach Möglichkeit ortsnah eingesetzt wird. "
    Hört man sich auf der Straße um, erwarten viele Frankfurter von einer familienbewussten Personalpolitik vor allem eins: Teilzeitmodelle:
    "Wenn Frauen zum Beispiel eine 50-Prozent-Stelle haben, dass es auch wirklich 50 Prozent heißt und nicht, wenn sie zu Hause sind, dass sie dann weiterarbeiten müssen." - "Ich glaube, dass wir immer mehr alte Menschen haben, dass die Unternehmen sich auch überlegen müssen, was an dieser Stelle zu tun, was die Vereinbarkeit von Familie und in diesem Fall Pflege betrifft." - "Ja, wenn die krank sind, dass man auch mal flexibel in seiner Arbeitszeit sein kann. Wo ich jetzt bin, wird Rücksicht genommen." - "Bisher habe ich auch gute Erfahrungen gemacht, was das Thema angeht. Einfach ein großes Entgegenkommen vom Chef - meistens hatten die selbst Kinder und kannten das Ganze und haben es verstanden und spontan dann auch mal frei gegeben. "
    Von der Familienmanagerin zur effektiven Teilzeitkraft
    Von einem familienfreundlichen Klima würden aber nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch das Unternehmen profitieren, sagt die Personalchefin Nicole Fischer. Denn wer Teilzeit arbeitet, würde sich seine Zeit oft effektiver einteilen: Weniger Schwätzchen halten und stärker priorisieren:
    "Management lernt man sicherlich auch mit Kindern - und Organisation. Das sind Dinge, die man in so einem Alltag mit Familie übt und kennenlernt und das macht sich sicherlich auch für das Unternehmen in der Arbeit bezahlt. "
    Verlässlichkeit unter Kollegen und ein Vertrauensvorschuss von Vorgesetzten - für Nicole Fischer sind das die wesentlichen Merkmale für einen familienfreundlichen Arbeitsplatz. Klar, sie holt auch mal zu Hause Arbeit nach, die sie in der Firma nicht mehr erledigen konnte. Das sei aber kein Problem, sagt sie, sofern sie weiß, dass sie in der Regel abends ihre Kinder sieht:
    "Tatsächlich funktioniert es mit 80 Prozent und man war auch mutig genug, um es mal auszuprobieren. "