Stefan Heinlein: Das neue Paar Winterschuhe, der Musikunterricht, der Klassenausflug und, und, und. Kinder sind teuer und wer viele Münder versorgen muss, braucht jeden Cent, um das Familienbudget nicht in die roten Zahlen gleiten zu lassen. Der Staat hilft Familien mit einer ganzen Reihe von Leistungen. Fast 200 Milliarden Euro werden Jahr für Jahr aus dem Bundeshaushalt transferiert. Einer der größten Posten - etwa 35 Milliarden Euro - ist das Kindergeld. Egal ob arm oder reich, jeder bekommt die gleiche Summe. Ursula von der Leyen will das bisherige Gießkannenprinzip verändern. Das Kindergeld soll künftig noch stärker gestaffelt werden. Ab dem dritten Kind soll es mehr geben, so die Pläne aus dem Bundesfamilienministerium. Doch schon regt sich Widerstand. Finanzminister Steinbrück will keine Mehrausgaben akzeptieren, solange nicht an anderer Stelle gespart wird. Am Telefon begrüße ich nun Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU). Guten Morgen nach Berlin!
Ursula von der Leyen: Guten Morgen!
Heinlein: Warum soll dem Staat künftig das dritte Kind mehr Wert sein als das erste oder zweite?
von der Leyen: Ja nun, wir sehen, dass in Deutschland wir die demographische Entwicklung haben - das heißt das Verschwinden der Kinder seit 30, 40 Jahren. Das liegt nicht nur daran, dass wir eine sehr viel höhere Kinderlosigkeit haben - insbesondere bei gebildeteren jungen Menschen - als andere Länder, sondern - das wird oft vergessen - wir verlieren sehr viel schneller als andere Länder die Drei-, Vier- und Fünf-Kinder-Familie, schlicht und einfach weil es schwer wird für diese Familien, aus der Mitte der Gesellschaft nicht in Armut zu rutschen, wenn die Geldkosten, die Kinder mit sich bringen, das dritte, vierte Kind heißt größere Wohnung, das Auto muss größer werden, die Waschmaschine läuft häufiger, am Anfang des Schuljahres braucht es eben vier Schulranzen oder viermal den Tuschkasten, das sind alles Fixkosten, die nicht zu vermeiden sind. Andererseits ist es für diese Familien nicht ganz einfach, die Arbeitsleistung, also das was Vater und Mutter verdienen können, am Markt noch zu steigern.
Heinlein: Aber das erste Kind, Frau von der Leyen, ist doch meistens das teuerste. Viele Dinge müssen neu angeschafft werden, die dann später vielleicht an die folgenden Kinder weitergegeben werden können - zum Beispiel der Schulranzen.
von der Leyen: Na ja, geben Sie mal einen Schulranzen 13 Jahre lang an Kinder weiter, die das dritte oder vierte Kind sind. Ich glaube da erreichen wir sehr schnell eine Grenze dessen, was zumutbar ist. Wenn man mal genau schaut, dann sieht man, dass es in der Tat bei dem ersten Kind so ist: da sind die Anschaffungskosten - nehmen wir mal den Kinderwagen - da. Die sind nicht zu vermeiden. Aber gerade bei den ersten und zweiten Kindern ist für Familien unendlich wichtig, dass Vater und Mutter eine Chance haben, auf die Dauer Beruf und Familie gut zu vereinbaren. Also die Investition in Kinderbetreuung, gute Schulen, auch Ganztagsschulen sind da sehr wichtig. Wenn die Kinderzahl steigt, dann wird es organisatorisch allein für die Familie immer schwerer, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren. Viele der Mütter wollen dann auch einige Jahre aussteigen aus dem Beruf, aber die Fixkosten bleiben eben. Das heißt das Einkommen der Familie sinkt, obwohl eigentlich das, was die Familie braucht, steigt. Und wenn man mal überlegt, was es für eine Gesellschaft bedeutet, wenn die Geschwisterkinder nicht mehr da sind, also die Erfahrung was Geschwister bedeuten, die soziale Schulung, die Kompetenzen, die entwickelt werden dadurch, dass Geschwisterkinder da sind, dann ahnt man wie wichtig es doch ist, in der Mitte der Gesellschaft, nicht in Armut, sondern in der Mitte der Gesellschaft die kinderreichen Familien zu halten.
Heinlein: Frau von der Leyen, ist denn das Kindergeld tatsächlich immer noch die wirksamste Form der Familienförderung? Ihr Koalitionspartner, die SPD, fordert ja mehr Sachleistungen, etwa kostenlose Betreuungsangebote oder kostenloses Schulessen. Das würde ja auch der Familie, der Mutter vor allem ermöglichen, auch zu arbeiten und Geld für die Familie zu verdienen - mehr vielleicht als mit dem Kindergeld eigentlich möglich ist.
von der Leyen: Wir haben ja inzwischen in der Familienpolitik aus den Ländern gelernt, die erfolgreicher sind als wir, mit denen wir uns in Europa vergleichen, wo mehr Kinder wieder geboren werden bei guter Wirtschaftslage und guten Erwerbsmöglichkeiten für die Eltern, dass man die gezielten Geldleistungen und das, was wir Infrastruktur nennen (zum Beispiel Kinderbetreuung, Schulen, Mehr-Generationen-Häuser), und das Phänomen Zeit (insbesondere beim Arbeitgeber) nicht gegeneinander ausspielen sollte, sondern klug aufeinander abstimmen sollte. Und so wichtig mir in der Tat die Möglichkeit ist, Beruf und Familie für Familien zu vereinbaren, also genau die Infrastruktur zu schaffen, so weiß ich eben auch aus der internationalen Forschung, dass es bestimmte Geldleistungen gibt, die unabdingbar sind, dass Familien nicht in Armut rutschen - zum Beispiel wenn sie mehrere Kinder haben. Denn man darf nicht vergessen: Das Kindergeld ist das Geld, was in der Mitte die Familien mit den kleinen Einkommen stützt - fleißig arbeiten, mehrere Kinder haben -, die nicht so viel Einkommen haben, dass sie vom Steuerfreibetrag für die Kinder profitieren, der völlig in Ordnung ist, weil er mehr vom selbst verdienten Einkommen bei den Familien lässt, aber die auch nicht von Hartz IV zum Beispiel leben, sondern die genau in der Mitte sind mit kleinen Einkommen und sich um ihre Kinder sehr fleißig kümmern.
Heinlein: Aber es geht ja nicht nur um die Mitte, denn Michael Schumacher bekommt ja genauso Kindergeld in der identischen Höhe wie die alleinerziehende Mutter. Das ist ja eine Förderung mit der Gießkanne und viele denken darüber nach, ob das noch sinnvoll ist.
von der Leyen: Ja. Ich danke Ihnen für diese Frage. Das ist nämlich ein Trugschluss, wo die meisten gar nicht wissen, dass Michael Schumacher in der Tat zum Beispiel fürs erste Kind 154 Euro ausgezahlt kriegt, aber obendrauf den sehr viel höheren Freibetrag in der Steuer. Der Staat macht es sich bequem. Er will nicht erst rechnen, was es bedeutet, die 154 Euro abzuziehen, um später den hohen Steuerfreibetrag zu geben, sondern der gibt erst mal allen Kindergeld und dann denjenigen, die Steuern zahlen und die hohe Freibeträge haben, aber den ganzen Freibetrag obendrauf. Das muss so sein; das ist verfassungsrechtlich so gesichert. Auch wenn wir null Euro Kindergeld zahlen würden, Michael Schumacher würde nach wie vor seinen sehr viel höheren Freibetrag im Steuerrecht haben. Das zeigt, dass vom Kindergeld tatsächlich nur in der Wirklichkeit die Familien profitieren, die kaum Steuern zahlen oder gar keine Steuern zahlen. Die bekommen ganz konkret das Kindergeld. Der Rest hat wie gesagt die höheren Freibeträge oder in Hartz IV das höhere Sozialgeld für die Kinder.
Heinlein: Frau von der Leyen, reden wir darüber, woher das Geld kommen soll. Warum haben Sie denn Ihre Vorschläge mit Peer Steinbrück nicht näher abgestimmt? Dann hätten Sie sich ja vielleicht diese Breitseite aus dem Bundesfinanzministerium ersparen können.
von der Leyen: Doch. Wir stimmen gerade mit dem Kompetenzzentrum eng mit dem Bundesfinanzministerium die wissenschaftlichen Erkenntnisse und einfach die Konzeptarbeit ab. Dass man zwischenzeitlich unterschiedlicher Meinung sein kann über Wege, die man geht, das gehört dazu. Aber mir ist schon sehr wichtig, dass wir die Dinge, die wir auch wissenschaftlich erarbeiten, was international erfolgreich ist in der Familienpolitik und was nicht, ganz eng mit dem Bundesfinanzminister abstimmen.
Heinlein: Haben Ihre Wissenschaftler denn schon gesagt, woher die gut zwei Milliarden Euro für die geplante Kindergelderhöhung kommen sollen?
von der Leyen: Das ist das Pferd von hinten aufzäumen, denn ...
Heinlein: Für Peer Steinbrück nicht!
von der Leyen: Die Schrittfolge ist so, dass zunächst einmal der Bundesfinanzminister im Spätsommer dieses Jahres den so genannten Existenzminimumsbericht darlegen wird. Der sagt einfach nur: Sind die Lebenshaltungskosten so stark und so schnell gestiegen, dass für Kinder im Steuerrecht der Existenzfreibetrag, dieser Steuerfreibetrag steigen muss. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass das steigen muss, denn seit 2001 ist das nicht mehr erhöht worden. Dann steigt eben für diejenigen, die Steuern zahlen, der Freibetrag. Das ist richtig, verfassungsrechtlich geschützt. Sie bekommen mehr oder behalten mehr vom selbst verdienten Einkommen. Aber dann stellt sich eben die Frage: Was machen wir mit denjenigen, die auch diese Lebenshaltungskostensteigerung erleben, aber keinen Freibetrag in der Steuer haben, weil sie kleinere Einkommen haben. Das ist das Kindergeld. Und bevor wir nicht diesen Betrag kennen, bevor das Bundesfinanzministerium diesen Bericht nicht vorgelegt hat, wissen wir nicht genau, über welche Beträge und Zahlen wir sprechen.
Heinlein: Kurze Antwort zum Schluss auf die Frage: hoffen Sie im tiefsten Innern darauf, dass Peer Steinbrück sein Herz für Kinder öffnet und einer Kindergelderhöhung zustimmt, ohne dass er verlangt, dass an anderer Stelle dann gespart werden muss?
von der Leyen: Zunächst einmal hat der Finanzminister ein Herz für Kinder. Ich habe viel auch Sinnvolles gemeinsam mit ihm machen können - gerade das Thema Ausbau der Kinderbetreuung. Meine Aufgabe ist es immer, argumentativ zu zeigen, dass diese Investitionen in Familie, zum Beispiel auch in Geschwisterkinder, die richtigen Investitionen sind in die Zukunft, die sich nicht nur für die Menschlichkeit einer Gesellschaft auszahlen, sondern ganz einfach auch ökonomisch für eine Gesellschaft auszahlen. Das sind Argumente, die der Finanzminister gut versteht.
Heinlein: Warten wir's ab. - Im Deutschlandfunk heute Morgen Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen. Ich danke für das Gespräch und auf Wiederhören nach Berlin!
Ursula von der Leyen: Guten Morgen!
Heinlein: Warum soll dem Staat künftig das dritte Kind mehr Wert sein als das erste oder zweite?
von der Leyen: Ja nun, wir sehen, dass in Deutschland wir die demographische Entwicklung haben - das heißt das Verschwinden der Kinder seit 30, 40 Jahren. Das liegt nicht nur daran, dass wir eine sehr viel höhere Kinderlosigkeit haben - insbesondere bei gebildeteren jungen Menschen - als andere Länder, sondern - das wird oft vergessen - wir verlieren sehr viel schneller als andere Länder die Drei-, Vier- und Fünf-Kinder-Familie, schlicht und einfach weil es schwer wird für diese Familien, aus der Mitte der Gesellschaft nicht in Armut zu rutschen, wenn die Geldkosten, die Kinder mit sich bringen, das dritte, vierte Kind heißt größere Wohnung, das Auto muss größer werden, die Waschmaschine läuft häufiger, am Anfang des Schuljahres braucht es eben vier Schulranzen oder viermal den Tuschkasten, das sind alles Fixkosten, die nicht zu vermeiden sind. Andererseits ist es für diese Familien nicht ganz einfach, die Arbeitsleistung, also das was Vater und Mutter verdienen können, am Markt noch zu steigern.
Heinlein: Aber das erste Kind, Frau von der Leyen, ist doch meistens das teuerste. Viele Dinge müssen neu angeschafft werden, die dann später vielleicht an die folgenden Kinder weitergegeben werden können - zum Beispiel der Schulranzen.
von der Leyen: Na ja, geben Sie mal einen Schulranzen 13 Jahre lang an Kinder weiter, die das dritte oder vierte Kind sind. Ich glaube da erreichen wir sehr schnell eine Grenze dessen, was zumutbar ist. Wenn man mal genau schaut, dann sieht man, dass es in der Tat bei dem ersten Kind so ist: da sind die Anschaffungskosten - nehmen wir mal den Kinderwagen - da. Die sind nicht zu vermeiden. Aber gerade bei den ersten und zweiten Kindern ist für Familien unendlich wichtig, dass Vater und Mutter eine Chance haben, auf die Dauer Beruf und Familie gut zu vereinbaren. Also die Investition in Kinderbetreuung, gute Schulen, auch Ganztagsschulen sind da sehr wichtig. Wenn die Kinderzahl steigt, dann wird es organisatorisch allein für die Familie immer schwerer, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren. Viele der Mütter wollen dann auch einige Jahre aussteigen aus dem Beruf, aber die Fixkosten bleiben eben. Das heißt das Einkommen der Familie sinkt, obwohl eigentlich das, was die Familie braucht, steigt. Und wenn man mal überlegt, was es für eine Gesellschaft bedeutet, wenn die Geschwisterkinder nicht mehr da sind, also die Erfahrung was Geschwister bedeuten, die soziale Schulung, die Kompetenzen, die entwickelt werden dadurch, dass Geschwisterkinder da sind, dann ahnt man wie wichtig es doch ist, in der Mitte der Gesellschaft, nicht in Armut, sondern in der Mitte der Gesellschaft die kinderreichen Familien zu halten.
Heinlein: Frau von der Leyen, ist denn das Kindergeld tatsächlich immer noch die wirksamste Form der Familienförderung? Ihr Koalitionspartner, die SPD, fordert ja mehr Sachleistungen, etwa kostenlose Betreuungsangebote oder kostenloses Schulessen. Das würde ja auch der Familie, der Mutter vor allem ermöglichen, auch zu arbeiten und Geld für die Familie zu verdienen - mehr vielleicht als mit dem Kindergeld eigentlich möglich ist.
von der Leyen: Wir haben ja inzwischen in der Familienpolitik aus den Ländern gelernt, die erfolgreicher sind als wir, mit denen wir uns in Europa vergleichen, wo mehr Kinder wieder geboren werden bei guter Wirtschaftslage und guten Erwerbsmöglichkeiten für die Eltern, dass man die gezielten Geldleistungen und das, was wir Infrastruktur nennen (zum Beispiel Kinderbetreuung, Schulen, Mehr-Generationen-Häuser), und das Phänomen Zeit (insbesondere beim Arbeitgeber) nicht gegeneinander ausspielen sollte, sondern klug aufeinander abstimmen sollte. Und so wichtig mir in der Tat die Möglichkeit ist, Beruf und Familie für Familien zu vereinbaren, also genau die Infrastruktur zu schaffen, so weiß ich eben auch aus der internationalen Forschung, dass es bestimmte Geldleistungen gibt, die unabdingbar sind, dass Familien nicht in Armut rutschen - zum Beispiel wenn sie mehrere Kinder haben. Denn man darf nicht vergessen: Das Kindergeld ist das Geld, was in der Mitte die Familien mit den kleinen Einkommen stützt - fleißig arbeiten, mehrere Kinder haben -, die nicht so viel Einkommen haben, dass sie vom Steuerfreibetrag für die Kinder profitieren, der völlig in Ordnung ist, weil er mehr vom selbst verdienten Einkommen bei den Familien lässt, aber die auch nicht von Hartz IV zum Beispiel leben, sondern die genau in der Mitte sind mit kleinen Einkommen und sich um ihre Kinder sehr fleißig kümmern.
Heinlein: Aber es geht ja nicht nur um die Mitte, denn Michael Schumacher bekommt ja genauso Kindergeld in der identischen Höhe wie die alleinerziehende Mutter. Das ist ja eine Förderung mit der Gießkanne und viele denken darüber nach, ob das noch sinnvoll ist.
von der Leyen: Ja. Ich danke Ihnen für diese Frage. Das ist nämlich ein Trugschluss, wo die meisten gar nicht wissen, dass Michael Schumacher in der Tat zum Beispiel fürs erste Kind 154 Euro ausgezahlt kriegt, aber obendrauf den sehr viel höheren Freibetrag in der Steuer. Der Staat macht es sich bequem. Er will nicht erst rechnen, was es bedeutet, die 154 Euro abzuziehen, um später den hohen Steuerfreibetrag zu geben, sondern der gibt erst mal allen Kindergeld und dann denjenigen, die Steuern zahlen und die hohe Freibeträge haben, aber den ganzen Freibetrag obendrauf. Das muss so sein; das ist verfassungsrechtlich so gesichert. Auch wenn wir null Euro Kindergeld zahlen würden, Michael Schumacher würde nach wie vor seinen sehr viel höheren Freibetrag im Steuerrecht haben. Das zeigt, dass vom Kindergeld tatsächlich nur in der Wirklichkeit die Familien profitieren, die kaum Steuern zahlen oder gar keine Steuern zahlen. Die bekommen ganz konkret das Kindergeld. Der Rest hat wie gesagt die höheren Freibeträge oder in Hartz IV das höhere Sozialgeld für die Kinder.
Heinlein: Frau von der Leyen, reden wir darüber, woher das Geld kommen soll. Warum haben Sie denn Ihre Vorschläge mit Peer Steinbrück nicht näher abgestimmt? Dann hätten Sie sich ja vielleicht diese Breitseite aus dem Bundesfinanzministerium ersparen können.
von der Leyen: Doch. Wir stimmen gerade mit dem Kompetenzzentrum eng mit dem Bundesfinanzministerium die wissenschaftlichen Erkenntnisse und einfach die Konzeptarbeit ab. Dass man zwischenzeitlich unterschiedlicher Meinung sein kann über Wege, die man geht, das gehört dazu. Aber mir ist schon sehr wichtig, dass wir die Dinge, die wir auch wissenschaftlich erarbeiten, was international erfolgreich ist in der Familienpolitik und was nicht, ganz eng mit dem Bundesfinanzminister abstimmen.
Heinlein: Haben Ihre Wissenschaftler denn schon gesagt, woher die gut zwei Milliarden Euro für die geplante Kindergelderhöhung kommen sollen?
von der Leyen: Das ist das Pferd von hinten aufzäumen, denn ...
Heinlein: Für Peer Steinbrück nicht!
von der Leyen: Die Schrittfolge ist so, dass zunächst einmal der Bundesfinanzminister im Spätsommer dieses Jahres den so genannten Existenzminimumsbericht darlegen wird. Der sagt einfach nur: Sind die Lebenshaltungskosten so stark und so schnell gestiegen, dass für Kinder im Steuerrecht der Existenzfreibetrag, dieser Steuerfreibetrag steigen muss. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass das steigen muss, denn seit 2001 ist das nicht mehr erhöht worden. Dann steigt eben für diejenigen, die Steuern zahlen, der Freibetrag. Das ist richtig, verfassungsrechtlich geschützt. Sie bekommen mehr oder behalten mehr vom selbst verdienten Einkommen. Aber dann stellt sich eben die Frage: Was machen wir mit denjenigen, die auch diese Lebenshaltungskostensteigerung erleben, aber keinen Freibetrag in der Steuer haben, weil sie kleinere Einkommen haben. Das ist das Kindergeld. Und bevor wir nicht diesen Betrag kennen, bevor das Bundesfinanzministerium diesen Bericht nicht vorgelegt hat, wissen wir nicht genau, über welche Beträge und Zahlen wir sprechen.
Heinlein: Kurze Antwort zum Schluss auf die Frage: hoffen Sie im tiefsten Innern darauf, dass Peer Steinbrück sein Herz für Kinder öffnet und einer Kindergelderhöhung zustimmt, ohne dass er verlangt, dass an anderer Stelle dann gespart werden muss?
von der Leyen: Zunächst einmal hat der Finanzminister ein Herz für Kinder. Ich habe viel auch Sinnvolles gemeinsam mit ihm machen können - gerade das Thema Ausbau der Kinderbetreuung. Meine Aufgabe ist es immer, argumentativ zu zeigen, dass diese Investitionen in Familie, zum Beispiel auch in Geschwisterkinder, die richtigen Investitionen sind in die Zukunft, die sich nicht nur für die Menschlichkeit einer Gesellschaft auszahlen, sondern ganz einfach auch ökonomisch für eine Gesellschaft auszahlen. Das sind Argumente, die der Finanzminister gut versteht.
Heinlein: Warten wir's ab. - Im Deutschlandfunk heute Morgen Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen. Ich danke für das Gespräch und auf Wiederhören nach Berlin!