Archiv


Familienverband fordert mehr Geld für Erziehende

Der Deutsche Familienverband hat im Vorfeld der möglichen Neuwahlen im Herbst ein neues Erziehungsgeld gefordert. Die Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft hänge entscheidend von dem Leistungsträger Familie ab, sagte der Vorsitzende des Deutschen Familienverbandes, Albin Nees.

Moderation: Jürgen Liminski |
    Jürgen Liminski: Die Opposition redet von einem Politikwechsel der anstehe, von einer Richtungsentscheidung, gilt das auch für die Familienpolitik der Parteien, oder sind die Familien wieder einmal, wie es eine große Zeitung mit Blick auf das Unionsprogramm jetzt schrieb, die Verlierer der Reformen. Wir sind nun verbunden mit Albin Nees, dem Präsidenten des Deutschen Familienverbandes, des größten Dachverbandes für Familien in Deutschland, guten Morgen Herr Nees.

    Albin Nees: Guten Morgen Herr Liminski.

    Liminski: Herr Nees, sie haben sich die Programme der Parteien angeschaut, war es eine erfreuliche Lektüre für den Präsidenten des Familienverbandes.

    Nees: Es war keine erfreuliche Lektüre, obwohl ich noch keine Abstriche gemacht habe davon, dass es sich um Aussagen vor der Wahl handelt. Bekanntlich gilt nach der Wahl - das ist die Erfahrung der Familien seit einigen Jahrzehnten - etwas anderes als vor der Wahl, aber diesmal sind die Programme so dürftig, dass man wirklich nicht sagen kann, das sei erfreulich gewesen.

    Liminski: Eine Richtungsentscheidung verkündet die Union für die nächsten Wahlen, gilt das auch für die Familien?

    Nees: Das sollte, für nichts anderes sollte es mehr gelten als die Familie, aber das, was im Unionsprogramm steht, enthält nur ganz geringe Ansätze zu einer solchen Richtungsentscheidung. Mir gefällt beispielsweise, dass die CDU sagt, es gibt einen Rechtsanspruch auf Teilzeitbeschäftigung bei Kindererziehung, bei Angehörigenpflege; ich hoffe, dass damit nicht die Arbeitsplatzsicherheit bei voller Widmung der Erziehungsleistung oder der Pflege in Frage gestellt wird, das müsste eine Ergänzung sein dazu.

    Liminski: Aber unter dem Strich verliert die Familie bei der Union im Vergleich zu heute, der Kinderrabatt bringt 600 Euro, die Abschaffung der Eigenheimzulage kostet die Familie aber 750 Euro pro Kind und Jahr, und die Mehrwertsteuer belastet die Familie mehr als andere und den Freibetrag von 8000 Euro kann sie in vielen Fällen auch nicht ausschöpfen, das heißt er übersteigt das Kindergeld nicht. Was müsste Ihrer Meinung nach denn getan werden.

    Nees: Es gibt eine Reihe von Wünschen, die ich an die Parteien hätte, die ich vor allem an die künftige Bundesregierung habe. Am knappsten wäre es zusammengefasst darin, dass ich sage, es müsste endlich das gemacht werden, was das Bundesverfassungsgericht gebietet. Vor wenigen Tagen gab es erst diese Entscheidung zu dem Europäischen Strafbefehl, und da muss natürlich die Politik reagieren darauf und es gab schon eine Reihe von anderen Entscheidungen, da musste auch reagiert werden, bei Familienentscheidungen wird zu wenig getan.

    Liminski: Vielleicht liegt es daran, dass Familie in Deutschland immer noch als Kostenfaktor gilt, in Frankreich sieht man die Ausgaben für Familien dagegen als Investition in die Zukunft, und dieses Denken scheint ja auch demographisch Rendite abzuwerfen - um im Bild zu bleiben-, Frankreich hat eine Geburtenquote von 1,9, Deutschland von 1,3. Wie muss, wie kann denn die Politik in Deutschland umdenken.

    Nees: Die Politik müsste endlich die Investitionen in Familie so behandeln, wie die Investitionen zum Bespiel in Stallbauten, wenn es um das Großziehen von Rindern geht, das ist nämlich wirklich die entscheidende Investition, es wird zukünftig keine leistungsfähige Ökonomie in unserem Land mehr geben, wenn es keine ordentlich erzogenen Kinder gibt. Und der Hinweis, den sie bringen auf Frankreich, der ist sogar noch für Deutschland sehr positiv; wenn man in Deutschland sieht, dass sehr viele Kinder zwei ausländische Elternteile haben, wenn man da die entsprechende Relation abzieht, dann hätten wir Deutschen nur einen Nachwuchs von 1,1 Geburtenrate statt 1,3 - die sie genannt haben - oder statt 2,1 wie wir sie bräuchten. Also das Entscheidende ist, dass für Kinder sehr viel mehr getan werden muss, dass Anreize gesetzt werden, damit junge Leute bereit sind, Elternverantwortung zu übernehmen, das ist bisher das Gegenteil was geschieht, nämlich diejenigen werden belohnt durch eine höhere Rente, durch viele Vergünstigungen, die keine Kinder erziehen; wer Kinder erzieht, wird mit einer geringeren Rente bestraft, eigene Erziehungsleistung ist für den Staat offensichtlich nichts wert, wenn jemand sein Kind in eine Kinderkrippe gibt, um es dort erziehen zu lassen, zahlt der Steuerzahler sofort 700 Euro im Monat, wer das Kind selbst erzieht, bekommt nichts, gar nichts dazu. Ähnlich ist es bei der familiären Pflege, obwohl alle alten Leute möchten, dass die Pflege in der Familie geschieht, wird derjenige mit 1023 Euro bei gleicher Pflegebedürftigkeit belohnt, der die alten Eltern in ein Heim gibt, der sie aber selber pflegt, bekommt gerade mal 205 Euro im Monat. Das sind Fehlanreize, die müssen einfach beseitigt werden und es müssen Anreize begründet werden, damit Eltern bereit sind, für ihre Kinder Verantwortung zu übernehmen.

    Liminski: Ich will mal das Stichwort Leistung aufgreifen, das sie eben genannt haben. Der große liberale Ökonom Friedrich August von Hayek hat einmal gesagt, für eine freie Gesellschaft seien zwei Institutionen unverzichtbar, nämlich das private Eigentum und die Familie, in Deutschland hat das ökonomistische Denken "Wachstum um jeden Preis" dagegen Vorfahrt vor allem Anderen. Ist denn die Familie ein Leistungsträger für die Wirtschaft.

    Nees: Die Familie ist der entscheidende Leistungsträger, die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft hängt vor allem davon ab, dass es Menschen gibt, die leistungsbereit und leistungsfähig sind, die also auch gesundheitsbewusst leben - das ist alles ein Ergebnis von Erziehung - und die ihre Talente, die sie haben, entsprechend einbringen. Ohne diese Bereitschaft zur Leistung wird es keine gesunde Volkswirtschaft mehr geben, die Volkswirtschaft wird zusammenbrechen, wenn die Familie ihre Leistung in Zukunft nicht mehr erbringen kann; also Leistung muss sich in allen Bereichen lohnen, sonst ruht man sich nur noch aus, Leistung muss sich gerade da lohnen, wo sie für Kinder erbracht wird, für die Zukunft unseres Gemeinwesens, und da fehlt mir alles, was erforderlich ist in den Parteiprogrammen, die sie eingangs angesprochen haben.

    Liminski: Sie sprechen von Leistung und Leistungsgerechtigkeit für die Familie, was heißt denn das konkret, ein Erziehungslohn, mehr Kindergeld.

    Nees: Das Entscheidende wäre, dass für die Erziehung eine Leistung erbracht wird, so wie es bei der, vor der letzten Wahl im CDU-Programm stand, ein Erziehungsgehalt oder ein Familiengeld oder auch ein Erziehungsgeld, ein neues Erziehungsgeld, das wäre der richtige Weg, denn in der Zeit, wo Kinder erzogen werden, brauchen die Eltern gerade diese entsprechenden Mittel und danach müsste es sich auch herausstellen, dass es sich für die Rente gelohnt hat, es müsste also auch eine Elternrente geben für diejenigen, die Kinder erzogen haben, meines Erachtens tut derjenige genauso viel für die Rentenversicherung der drei Kinder erzieht, wie jemand anders, der Durchschnittseinkommen zwanzig Jahre lang bezieht und daraus seine Beiträge zahlt. Das heißt, wenn wir eine leistungsgerechte Rente wollen, dann müsste derjenige, der drei Kinder erzogen hat, zwanzig Mal einen vollen Beitragssatzpunkt bekommen und entsprechende Rente beziehen. Wir müssen unterscheiden zwischen Kinder-Habenden und Kinderlosen und nicht immer sagen, das Ganze sei unterschiedslos hinzunehmen.

    Liminski: Das Bundesverfassungsgericht macht das ja auch, aber jetzt dann doch einmal die Frage, dieser Erziehungslohn oder dieses Elterngeld ist ja eigentlich im Programm der SPD enthalten.

    Nees: Im Programm der SPD ist dieses Elterngeld enthalten für ein Jahr als eine Lohnersatzleistung, aber ein Jahr ist ein Tropfen auf den heißen Stein, Elternverantwortung ist nicht zu Ende nach einem Jahr, deswegen muss das mindestens auf drei Jahre ausgedehnt werden und außerdem ist es erforderlich, dass auch für diejenigen, die beispielsweise sehr früh ein Kind bekommen - was ja durchaus wünschenswert ist, zum Beispiel in der Studentenzeit - dass die auch ein entsprechend hohes Elterngeld bekämen, da muss noch gewaltig nachgebessert werden.

    Liminski: Familie als Leistungsträger für Wirtschaft und Gesellschaft, das war Albin Nees, Präsident des Deutschen Familienverbandes, besten Dank für das Gespräch Herr Nees.

    Nees: Gern geschehen, und schönen Tag.