Thiele: Guten Morgen, Herr Müller.
Müller: Seit wann hat die FDP etwas gegen Privatisierung?
Thiele: Wir haben überhaupt nichts gegen Privatisierung, das ist schon erforderlich. Aber wenn man Privatisierung wie gerade vorgesprochen in der Größenordnung 15 Milliarden Euro einstellt und gleichzeitig weiß, dass die größte Privatisierungseinnahme des Bundes 1998 über Finanzminister Weigel mit zehn Milliarden Euro erzielt wurde, dann erkennt man schon, dass diese Zahl überhaupt nicht passen kann.
Müller: Zehn Milliarden vor sechs Jahren, jetzt kommen fünf Milliarden dazu. Warum ist das nicht möglich?
Thiele: Weil ein Großteil der Aktien - der Telekom, um die es im Wesentlichen geht - sowieso schon im Vorfeld an die KfW veräußert wurde als Platzhaltelösung und immer noch nicht an der Börse runtergebracht ist und der Bund hat sich ja über die Jahre, was ich begrüße, von vielen Beteiligungen getrennt. Er hat noch immer Beteiligungen, aber die sind nicht annähernd so werthaltig, so dass hier eine Luftbuchung in den Haushalt eingestellt wurde, um ihn auf den ersten Blick noch verfassungsmäßig zu halten.
Müller: Das heißt also, die Bundesregierung hat gar nicht so viel zu verscherbeln, wie sie jetzt tut?
Thiele: Zumindest nicht auf einen Schlag. Sie müssen sehen, der Bund ist nach wie vor mit der KFW der größte Anteileigner der Telekom und wenn der Bund den Riesenbrocken auf den Markt wirft, hat das natürlich Börsenauswirkungen und das wird den Kurs der Telekom weiter reduzieren.
Müller: Nun wollen FDP und Union die Bundesregierung so schnell wie möglich ablösen, das hat auch Guido Westerwelle sowie Angela Merkel immer wieder gesagt. Das heißt, Sie wissen ganz genau, wie man einen Haushalt in den Griff bekommt. Wo sind die Vorschläge der FDP?
Thiele: Man muss in diesem Bereich an konsumtiven Ausgaben ansetzen und wir brauchen einen rigorosen Subventionsabbau, das war auch der Vorschlag, den wir im letzten Jahr schon gebracht haben. Und die Subventionen müssen abgebaut werden. Wir haben jetzt nach dem Entwurf Eichels einen Etat von knapp 260 Milliarden Euro und dass es hier nicht möglich sein soll, größere Einsparbeträge zu erbringen, ist nicht nachvollziehbar. Es wird mit diesem Haushalt ja festgeschrieben, dass in den Jahren 2006 bis 2012 alleine in die deutsche Steinkohle 16 Milliarden Euro subventioniert werden soll. Das passt überhaupt nicht zusammen.
Müller: Es gibt auf der anderen Seite ja immer wieder Aussagen der SPD-Politiker, wonach die Steinkohlesubventionen in einem Ausmaß als Subventionen herunterreduziert worden sind wie in keinem anderen Bereich. Stimmt das nicht?
Thiele: Doch, es stimmt, aber sie sind gleichwohl nicht mehr gerechtfertigt, das heißt, ich muss sie nicht verlängern und sukzessiv minimal kürzen, sondern einfach auslaufen lassen. Aber lassen Sie mich noch eines sagen zu der Seriosität dieses Haushaltes. Wir erleben nun, dass der Finanzminister in Folge einen Etat einbringt und sich vom Parlament verabschieden lässt, der mit der Wirklichkeit wenig zu tun hat. Im Jahr 2002, das war das Jahr der Bundestagswahl, hat es dann einen Nachtragshaushalt geben müssen, mit dem der Haushalt korrigiert wurde und die Neuverschuldung stieg um 64 Prozent. Im letzten Jahr ist die Neuverschuldung ganz eklatant vorher im Etatentwurf mit 18,9 Milliarden Euro festgelegt worden und sie musste um 24,5 Milliarden überschritten werden, das heißt um 130 Prozent; und auch in diesem Jahr erwarten wir einen Nachtragshaushalt - ich bin auch überrascht, dass der Finanzminister ihn nicht vorlegen möchte -, weil jetzt schon bekannt ist, dass die Neuverschuldung mindestens 15 bis 18 Milliarden Euro höher ausfallen wird als sie geplant war und das setzt sich jetzt leider auch für den nächsten Haushalt fort. Und wenn ich mich da nicht mal auf die Basis des Haushaltes verlassen kann - und das ist eigentlich die Aufgabe eines Finanzministers - dann habe ich natürlich überhaupt keine Planungssicherheit und weiß nicht: Zählt das denn überhaupt, was da in den Haushalt reingeschrieben wird, oder ist das nur eine Luftbuchung nach der anderen?
Müller: Nun regiert die Opposition im Bundesrat mit und es hat Ende vergangenen Jahres einen Vermittlungsausschuss gegeben, wo die SPD mehr Subventionen streichen wollte, als es die Union zugelassen hat. Hat die Union mit seriöser Haushaltspolitik auch ein Problem?
Thiele: Die öffentlichen Haushalte stellen für alle Ebenen ein Problem dar, weil wir in Deutschland nahezu kein Wachstum haben und deshalb auch entsprechend die Steuereinnahmen nicht wie geplant steigen. Aber wenn ich noch einmal zurückkommen darf auf das letzte Jahr: Dort wurde von Rot-Grün gesagt, wir müssten die Stufe der Steuerreform 2005 auf das laufende Jahr vorziehen, was wir als FDP auch begrüßt haben. Wir haben dann allerdings nur die Hälfte vorgezogen und im Gegenzug wurden im erheblichem Umfang auch Subventionen abgebaut und diese abgebauten Subventionen sorgen dafür, dass wir in den nächsten Jahren durch Änderungen am Steuerrecht etwa acht Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich einnehmen.
Müller: Die SPD wollte aber noch mehr und die Union hat es verhindert - haben Sie es anders in Erinnerung?
Thiele: Das waren kleine Stellen. Es ging um die Eigenheimzulage, das ist richtig, aber die - und das wird jetzt auch leider übersehen - ist um 30 Prozent reduziert worden im letzten Dezember, so dass hier schon etwas geschehen ist. Aber im Grunde ist es so, dass Finanzminister Eichel den richtigen Zeitpunkt zum Absprung verpasst hat. Er ist an der Stelle als Wiederholungstäter. Er ist mal gestartet als Sparminister und hat erklärt, die Schulden von heute sind die Steuern von morgen und es gibt keinen Finanzminister, unter dem die Neuverschuldung so angestiegen ist, wie unter ihm. Damit triebt er die Steuern von morgen in die Höhe.
Müller: Der FDP-Politiker und Finanzexperte Carl-Ludwig Thiele war das, vielen Dank für das Gespräch. Auf Wiederhören.
Thiele: Gerne, Herr Müller.
Müller: Seit wann hat die FDP etwas gegen Privatisierung?
Thiele: Wir haben überhaupt nichts gegen Privatisierung, das ist schon erforderlich. Aber wenn man Privatisierung wie gerade vorgesprochen in der Größenordnung 15 Milliarden Euro einstellt und gleichzeitig weiß, dass die größte Privatisierungseinnahme des Bundes 1998 über Finanzminister Weigel mit zehn Milliarden Euro erzielt wurde, dann erkennt man schon, dass diese Zahl überhaupt nicht passen kann.
Müller: Zehn Milliarden vor sechs Jahren, jetzt kommen fünf Milliarden dazu. Warum ist das nicht möglich?
Thiele: Weil ein Großteil der Aktien - der Telekom, um die es im Wesentlichen geht - sowieso schon im Vorfeld an die KfW veräußert wurde als Platzhaltelösung und immer noch nicht an der Börse runtergebracht ist und der Bund hat sich ja über die Jahre, was ich begrüße, von vielen Beteiligungen getrennt. Er hat noch immer Beteiligungen, aber die sind nicht annähernd so werthaltig, so dass hier eine Luftbuchung in den Haushalt eingestellt wurde, um ihn auf den ersten Blick noch verfassungsmäßig zu halten.
Müller: Das heißt also, die Bundesregierung hat gar nicht so viel zu verscherbeln, wie sie jetzt tut?
Thiele: Zumindest nicht auf einen Schlag. Sie müssen sehen, der Bund ist nach wie vor mit der KFW der größte Anteileigner der Telekom und wenn der Bund den Riesenbrocken auf den Markt wirft, hat das natürlich Börsenauswirkungen und das wird den Kurs der Telekom weiter reduzieren.
Müller: Nun wollen FDP und Union die Bundesregierung so schnell wie möglich ablösen, das hat auch Guido Westerwelle sowie Angela Merkel immer wieder gesagt. Das heißt, Sie wissen ganz genau, wie man einen Haushalt in den Griff bekommt. Wo sind die Vorschläge der FDP?
Thiele: Man muss in diesem Bereich an konsumtiven Ausgaben ansetzen und wir brauchen einen rigorosen Subventionsabbau, das war auch der Vorschlag, den wir im letzten Jahr schon gebracht haben. Und die Subventionen müssen abgebaut werden. Wir haben jetzt nach dem Entwurf Eichels einen Etat von knapp 260 Milliarden Euro und dass es hier nicht möglich sein soll, größere Einsparbeträge zu erbringen, ist nicht nachvollziehbar. Es wird mit diesem Haushalt ja festgeschrieben, dass in den Jahren 2006 bis 2012 alleine in die deutsche Steinkohle 16 Milliarden Euro subventioniert werden soll. Das passt überhaupt nicht zusammen.
Müller: Es gibt auf der anderen Seite ja immer wieder Aussagen der SPD-Politiker, wonach die Steinkohlesubventionen in einem Ausmaß als Subventionen herunterreduziert worden sind wie in keinem anderen Bereich. Stimmt das nicht?
Thiele: Doch, es stimmt, aber sie sind gleichwohl nicht mehr gerechtfertigt, das heißt, ich muss sie nicht verlängern und sukzessiv minimal kürzen, sondern einfach auslaufen lassen. Aber lassen Sie mich noch eines sagen zu der Seriosität dieses Haushaltes. Wir erleben nun, dass der Finanzminister in Folge einen Etat einbringt und sich vom Parlament verabschieden lässt, der mit der Wirklichkeit wenig zu tun hat. Im Jahr 2002, das war das Jahr der Bundestagswahl, hat es dann einen Nachtragshaushalt geben müssen, mit dem der Haushalt korrigiert wurde und die Neuverschuldung stieg um 64 Prozent. Im letzten Jahr ist die Neuverschuldung ganz eklatant vorher im Etatentwurf mit 18,9 Milliarden Euro festgelegt worden und sie musste um 24,5 Milliarden überschritten werden, das heißt um 130 Prozent; und auch in diesem Jahr erwarten wir einen Nachtragshaushalt - ich bin auch überrascht, dass der Finanzminister ihn nicht vorlegen möchte -, weil jetzt schon bekannt ist, dass die Neuverschuldung mindestens 15 bis 18 Milliarden Euro höher ausfallen wird als sie geplant war und das setzt sich jetzt leider auch für den nächsten Haushalt fort. Und wenn ich mich da nicht mal auf die Basis des Haushaltes verlassen kann - und das ist eigentlich die Aufgabe eines Finanzministers - dann habe ich natürlich überhaupt keine Planungssicherheit und weiß nicht: Zählt das denn überhaupt, was da in den Haushalt reingeschrieben wird, oder ist das nur eine Luftbuchung nach der anderen?
Müller: Nun regiert die Opposition im Bundesrat mit und es hat Ende vergangenen Jahres einen Vermittlungsausschuss gegeben, wo die SPD mehr Subventionen streichen wollte, als es die Union zugelassen hat. Hat die Union mit seriöser Haushaltspolitik auch ein Problem?
Thiele: Die öffentlichen Haushalte stellen für alle Ebenen ein Problem dar, weil wir in Deutschland nahezu kein Wachstum haben und deshalb auch entsprechend die Steuereinnahmen nicht wie geplant steigen. Aber wenn ich noch einmal zurückkommen darf auf das letzte Jahr: Dort wurde von Rot-Grün gesagt, wir müssten die Stufe der Steuerreform 2005 auf das laufende Jahr vorziehen, was wir als FDP auch begrüßt haben. Wir haben dann allerdings nur die Hälfte vorgezogen und im Gegenzug wurden im erheblichem Umfang auch Subventionen abgebaut und diese abgebauten Subventionen sorgen dafür, dass wir in den nächsten Jahren durch Änderungen am Steuerrecht etwa acht Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich einnehmen.
Müller: Die SPD wollte aber noch mehr und die Union hat es verhindert - haben Sie es anders in Erinnerung?
Thiele: Das waren kleine Stellen. Es ging um die Eigenheimzulage, das ist richtig, aber die - und das wird jetzt auch leider übersehen - ist um 30 Prozent reduziert worden im letzten Dezember, so dass hier schon etwas geschehen ist. Aber im Grunde ist es so, dass Finanzminister Eichel den richtigen Zeitpunkt zum Absprung verpasst hat. Er ist an der Stelle als Wiederholungstäter. Er ist mal gestartet als Sparminister und hat erklärt, die Schulden von heute sind die Steuern von morgen und es gibt keinen Finanzminister, unter dem die Neuverschuldung so angestiegen ist, wie unter ihm. Damit triebt er die Steuern von morgen in die Höhe.
Müller: Der FDP-Politiker und Finanzexperte Carl-Ludwig Thiele war das, vielen Dank für das Gespräch. Auf Wiederhören.
Thiele: Gerne, Herr Müller.