Christiane Heuer: Unter anderem über das Reformkonzept von Wolfgang Schneiderhan möch-te ich jetzt mit Jörg van Essen sprechen. Er ist parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion und Verteidigungsexperte seiner Partei. Ich grüße Sie Herr van Essen!
Jörg van Essen: Guten Tag aus Berlin!
Heuer: Ziel einer Bundeswehrreform soll ja sein: mehr Professionalität und Effizienz. Würden denn diese Ziele mit den Vorschlägen von Wolfgang Schneiderhan erreicht?
van Essen: Ich denke, dass das tatsächlich ein wichtiger Schritt in Richtung Professionalität ist. Wir als Verteidigungsexperten der FDP haben ja schon vor fünf Jahren ähnliche Vorschläge ge-macht und wir bedauern natürlich, dass fünf Jahre ins Land gegangen sind, ohne dass die not-wendigen Weichenstellungen vorgenommen worden sind. Dass dies jetzt geschehen ist, kann man nur begrüßen.
Heuer: Stimmt aus Sicht Ihrer Partei denn auch die Größenordnung, um die es geht? Wir haben das ja gerade im Bericht aus Berlin gehört. Es geht um 26 Milliarden Euro, die bis 2016 eingespart werden sollen.
van Essen: Uns macht bei den Einsparungen große Sorge, dass insbesondere das Heer davon betroffen sein soll. Unter anderem ist ja auch davon die Rede, dass bei der Beschaffung von ge-panzerten Transportfahrzeugen gespart werden soll. Das sehen wir mit Sorge, weil ja beispiels-weise der Vorfall in Kabul, als Soldaten mit einem ungepanzerten Bus transportiert worden sind, gezeigt hat, dass insbesondere das Heer gepanzerte Fahrzeuge zum Schutz unserer Soldaten benötigt.
Heuer: Noch einmal die Frage nach dem Gesamtumfang. 26 Milliarden Euro, von denen in der Zeitschrift "Die Welt" berichtet wird. Das wäre aber aus Ihrer Sicht OK?
van Essen: Nein! Die Bundeswehr ist unterfinanziert, eindeutig unterfinanziert. Wir stellen fest, dass wir immer wieder neue Aufträge für die Bundeswehr bekommen, die Bundeswehr immer wie-der in neue Einsatzorte geschickt wird. Deshalb muss auch klar sein: wer der Bundeswehr Aufträ-ge gibt, muss auch für eine vernünftige Finanzierung sorgen.
Von uns wird aber unterstützt, dass natürlich alle Anstrengungen unternommen werden, im Be-trieb der Bundeswehr im Inland zu sparen, wo das möglich ist.
Heuer: Gut. - Beim Heer sagen Sie würde zu viel gespart. Wo kann denn an anderer Stelle ge-spart werden? Wo wäre Sparen aus Sicht der FDP sinnvoller?
van Essen: Sie wissen, dass die FDP sich für eine Neustrukturierung der Bundeswehr ohne eine Wehrpflicht ausgesprochen hat. Ich selbst gehöre zu den häufig wehrübenden Reservisten der Bundeswehr in einer Kommandeurfunktion und weiß, dass viele meiner Kommandeurkamera-den großen Wert auf die Wehrpflicht legen mit einer Begründung, die auch einleuchtet, weil unse-re besten Nachwuchssoldaten, sowohl für die Zeit- wie für die Berufssoldaten, bekommen wir aus den Wehrpflichtigen.
Aber wer der Bundeswehr einen neuen Auftrag gibt, wie das jetzt auch klar vom Generalinspek-teur formuliert und ausformuliert worden ist, der im Wesentlichen daraus besteht, in Auslandsein-sätze zu gehen, und wer deutlich feststellt, dass die Landesverteidigung, mit der die Wehrpflicht ausgesprochen eng verbunden ist, ganz ans Ende rückt, der muss feststellen, dass wir natürlich einen Umbau der Bundeswehr in Richtung einer professionellen Armee brauchen. Deshalb wird das eine der nächsten Entscheidungen sein. Es ist ja kein Wunder, dass der Verteidigungsminis-ter den Generalinspekteur ausdrücklich beauftragt hat, diese Struktur auch ohne Wehrpflicht zu planen. Das ist der Einstieg in den Ausstieg.
Heuer: Der Generalinspekteur plant aber nach den vorab bekannt gewordenen Einzelheiten eben dies nicht. Es geht darum oder bei Schneiderhan steht, dass die Wehrpflicht erhalten bleiben soll.
van Essen: Das ist richtig. Das ist ja im Augenblick auch noch die Entscheidung der Bundesre-gierung. Sie wissen, dass die SPD in absehbarer Zeit dazu entscheiden will. Der Auftrag an den Generalinspekteur ist aber klar vom Minister erteilt worden, diese Planung, die jetzt vorgelegt wor-den ist und über die wir jetzt gerade sprechen, auch so zu planen, dass sie auch ohne Wehrpflicht umgesetzt werden kann.
Heuer: Sie haben, Herr van Essen, gerade über die neuen Aufgaben der Bundeswehr gespro-chen, auf die der neue Zuschnitt zugeschnitten werden soll. Werden denn die Streitkräfte aus Ih-rer Sicht sinnvoll verteilt im Konzept von Herrn Schneiderhan?
van Essen: Ich denke, dass es zunächst einmal sinnvoll ist, die bisherigen Unterschiede zwi-schen den einzelnen Teilstreitkräften Heer, Marine, Luftwaffe, Streitkräftebasis und Sanität zu lo-ckern. Es zeigt sich, dass die Einsätze im Ausland im Regelfall gemeinsam absolviert werden müssen. Beispielsweise muss die Luftwaffe die Transportkräfte bereitstellen, damit man in das Ausland fliegen kann, und dann vor Ort muss man eng zusammenwirken zwischen den einzelnen Teilstreitkräften. Deshalb ist es sinnvoll, dass diese Unterschiede der klassischen Aufteilung in Heer, Luftwaffe und Marine aufgehoben werden. Das ist ein internationaler Trend, der richtig ist, und deshalb begrüßen wir es, dass es auch in der inneren Struktur der Bundeswehr umgesetzt wird.
Heuer: Während die Bundeswehr Milliarden einsparen soll, vergibt das Verteidigungsministeri-um millionenschwere Aufträge an Beraterfirmen wie Roland Berger. Passt das zusammen, Herr van Essen?
van Essen: Das passt nicht zusammen! Wir haben zunächst einmal nichts dagegen, dass sich das Ministerium auch beraten lässt. Das kann vernünftig sein, dass man externen Sachverstand von außen hinzuzieht. Uns ärgert aber, dass wir jetzt zum wiederholten Male einen Vorgang ha-ben, dass solche Aufträge freihändig vergeben worden sind. Das ist unmöglich. Das ist nicht hin-nehmbar. Es gibt dafür Vorschriften, wie so etwas zu geschehen hat, und dass zum wiederholten Male die Bundesregierung offensichtlich dagegen verstoßen hat, das ist etwas, was wir nicht hin-nehmen wollen. Nachdem wir das jetzt zum zweiten Mal erleben fordern wir von der Bundesregie-rung, dass offengelegt wird, welche Beraterverträge vergeben worden sind und vor allen Dingen nach welchen Kriterien sie vergeben worden sind. Wir wollen Klarheit darüber haben, ob es noch weitere solche freihändig vergebenen Beraterverträge gibt.
Heuer: Wenn Sie sagen freihändig vergeben, heißt das aber nicht, dass dort die Dinge nicht trotzdem mit rechten Dingen zugegangen wären?
van Essen: Das kann sein. Wir wissen es nicht. Deshalb haben wir als FDP-Bundestagsfraktion für die nächste Sitzung des Verteidigungsausschusses Aufklärung durch den Bundesverteidi-gungsminister in diesem Zusammenhang erbeten. Wir wollen schnellstmöglich Klarheit haben, unter welchen Voraussetzungen dieser Beratervertrag vergeben worden ist.
Heuer: Weitere Konsequenzen ziehen Sie zu diesem Zeitpunkt nicht?
van Essen: Ich denke, dass man in der Politik gut beraten ist, sich zunächst einmal mit den Tat-sachen vertraut zu machen. Wenn man die Tatsachen kennt, muss man dann daraus die Konse-quenzen ziehen. Ich habe nie etwas davon gehalten, zunächst einmal Forderungen zu stellen und sich dann um die Tatsachen zu kümmern. Das ist jedenfalls nicht liberale Oppositionspolitik.
Heuer: Ist Ihnen, Herr van Essen, denn schon bekannt, ob die Empfehlungen von Roland Ber-ger tatsächlich umgesetzt worden sind oder umgesetzt werden sollen?
van Essen: Nach allem was man hört sind viele der Empfehlungen ja tatsächlich nicht verwert-bar gewesen, weil inzwischen andere Entscheidungen getroffen worden sind. Auch dort brauchen wir Tatsachenaufklärung und auch das werden wir verlangen.
Heuer: Danke schön! - Jörg van Essen war das, der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion und Bundeswehrexperte seiner Partei.
Jörg van Essen: Guten Tag aus Berlin!
Heuer: Ziel einer Bundeswehrreform soll ja sein: mehr Professionalität und Effizienz. Würden denn diese Ziele mit den Vorschlägen von Wolfgang Schneiderhan erreicht?
van Essen: Ich denke, dass das tatsächlich ein wichtiger Schritt in Richtung Professionalität ist. Wir als Verteidigungsexperten der FDP haben ja schon vor fünf Jahren ähnliche Vorschläge ge-macht und wir bedauern natürlich, dass fünf Jahre ins Land gegangen sind, ohne dass die not-wendigen Weichenstellungen vorgenommen worden sind. Dass dies jetzt geschehen ist, kann man nur begrüßen.
Heuer: Stimmt aus Sicht Ihrer Partei denn auch die Größenordnung, um die es geht? Wir haben das ja gerade im Bericht aus Berlin gehört. Es geht um 26 Milliarden Euro, die bis 2016 eingespart werden sollen.
van Essen: Uns macht bei den Einsparungen große Sorge, dass insbesondere das Heer davon betroffen sein soll. Unter anderem ist ja auch davon die Rede, dass bei der Beschaffung von ge-panzerten Transportfahrzeugen gespart werden soll. Das sehen wir mit Sorge, weil ja beispiels-weise der Vorfall in Kabul, als Soldaten mit einem ungepanzerten Bus transportiert worden sind, gezeigt hat, dass insbesondere das Heer gepanzerte Fahrzeuge zum Schutz unserer Soldaten benötigt.
Heuer: Noch einmal die Frage nach dem Gesamtumfang. 26 Milliarden Euro, von denen in der Zeitschrift "Die Welt" berichtet wird. Das wäre aber aus Ihrer Sicht OK?
van Essen: Nein! Die Bundeswehr ist unterfinanziert, eindeutig unterfinanziert. Wir stellen fest, dass wir immer wieder neue Aufträge für die Bundeswehr bekommen, die Bundeswehr immer wie-der in neue Einsatzorte geschickt wird. Deshalb muss auch klar sein: wer der Bundeswehr Aufträ-ge gibt, muss auch für eine vernünftige Finanzierung sorgen.
Von uns wird aber unterstützt, dass natürlich alle Anstrengungen unternommen werden, im Be-trieb der Bundeswehr im Inland zu sparen, wo das möglich ist.
Heuer: Gut. - Beim Heer sagen Sie würde zu viel gespart. Wo kann denn an anderer Stelle ge-spart werden? Wo wäre Sparen aus Sicht der FDP sinnvoller?
van Essen: Sie wissen, dass die FDP sich für eine Neustrukturierung der Bundeswehr ohne eine Wehrpflicht ausgesprochen hat. Ich selbst gehöre zu den häufig wehrübenden Reservisten der Bundeswehr in einer Kommandeurfunktion und weiß, dass viele meiner Kommandeurkamera-den großen Wert auf die Wehrpflicht legen mit einer Begründung, die auch einleuchtet, weil unse-re besten Nachwuchssoldaten, sowohl für die Zeit- wie für die Berufssoldaten, bekommen wir aus den Wehrpflichtigen.
Aber wer der Bundeswehr einen neuen Auftrag gibt, wie das jetzt auch klar vom Generalinspek-teur formuliert und ausformuliert worden ist, der im Wesentlichen daraus besteht, in Auslandsein-sätze zu gehen, und wer deutlich feststellt, dass die Landesverteidigung, mit der die Wehrpflicht ausgesprochen eng verbunden ist, ganz ans Ende rückt, der muss feststellen, dass wir natürlich einen Umbau der Bundeswehr in Richtung einer professionellen Armee brauchen. Deshalb wird das eine der nächsten Entscheidungen sein. Es ist ja kein Wunder, dass der Verteidigungsminis-ter den Generalinspekteur ausdrücklich beauftragt hat, diese Struktur auch ohne Wehrpflicht zu planen. Das ist der Einstieg in den Ausstieg.
Heuer: Der Generalinspekteur plant aber nach den vorab bekannt gewordenen Einzelheiten eben dies nicht. Es geht darum oder bei Schneiderhan steht, dass die Wehrpflicht erhalten bleiben soll.
van Essen: Das ist richtig. Das ist ja im Augenblick auch noch die Entscheidung der Bundesre-gierung. Sie wissen, dass die SPD in absehbarer Zeit dazu entscheiden will. Der Auftrag an den Generalinspekteur ist aber klar vom Minister erteilt worden, diese Planung, die jetzt vorgelegt wor-den ist und über die wir jetzt gerade sprechen, auch so zu planen, dass sie auch ohne Wehrpflicht umgesetzt werden kann.
Heuer: Sie haben, Herr van Essen, gerade über die neuen Aufgaben der Bundeswehr gespro-chen, auf die der neue Zuschnitt zugeschnitten werden soll. Werden denn die Streitkräfte aus Ih-rer Sicht sinnvoll verteilt im Konzept von Herrn Schneiderhan?
van Essen: Ich denke, dass es zunächst einmal sinnvoll ist, die bisherigen Unterschiede zwi-schen den einzelnen Teilstreitkräften Heer, Marine, Luftwaffe, Streitkräftebasis und Sanität zu lo-ckern. Es zeigt sich, dass die Einsätze im Ausland im Regelfall gemeinsam absolviert werden müssen. Beispielsweise muss die Luftwaffe die Transportkräfte bereitstellen, damit man in das Ausland fliegen kann, und dann vor Ort muss man eng zusammenwirken zwischen den einzelnen Teilstreitkräften. Deshalb ist es sinnvoll, dass diese Unterschiede der klassischen Aufteilung in Heer, Luftwaffe und Marine aufgehoben werden. Das ist ein internationaler Trend, der richtig ist, und deshalb begrüßen wir es, dass es auch in der inneren Struktur der Bundeswehr umgesetzt wird.
Heuer: Während die Bundeswehr Milliarden einsparen soll, vergibt das Verteidigungsministeri-um millionenschwere Aufträge an Beraterfirmen wie Roland Berger. Passt das zusammen, Herr van Essen?
van Essen: Das passt nicht zusammen! Wir haben zunächst einmal nichts dagegen, dass sich das Ministerium auch beraten lässt. Das kann vernünftig sein, dass man externen Sachverstand von außen hinzuzieht. Uns ärgert aber, dass wir jetzt zum wiederholten Male einen Vorgang ha-ben, dass solche Aufträge freihändig vergeben worden sind. Das ist unmöglich. Das ist nicht hin-nehmbar. Es gibt dafür Vorschriften, wie so etwas zu geschehen hat, und dass zum wiederholten Male die Bundesregierung offensichtlich dagegen verstoßen hat, das ist etwas, was wir nicht hin-nehmen wollen. Nachdem wir das jetzt zum zweiten Mal erleben fordern wir von der Bundesregie-rung, dass offengelegt wird, welche Beraterverträge vergeben worden sind und vor allen Dingen nach welchen Kriterien sie vergeben worden sind. Wir wollen Klarheit darüber haben, ob es noch weitere solche freihändig vergebenen Beraterverträge gibt.
Heuer: Wenn Sie sagen freihändig vergeben, heißt das aber nicht, dass dort die Dinge nicht trotzdem mit rechten Dingen zugegangen wären?
van Essen: Das kann sein. Wir wissen es nicht. Deshalb haben wir als FDP-Bundestagsfraktion für die nächste Sitzung des Verteidigungsausschusses Aufklärung durch den Bundesverteidi-gungsminister in diesem Zusammenhang erbeten. Wir wollen schnellstmöglich Klarheit haben, unter welchen Voraussetzungen dieser Beratervertrag vergeben worden ist.
Heuer: Weitere Konsequenzen ziehen Sie zu diesem Zeitpunkt nicht?
van Essen: Ich denke, dass man in der Politik gut beraten ist, sich zunächst einmal mit den Tat-sachen vertraut zu machen. Wenn man die Tatsachen kennt, muss man dann daraus die Konse-quenzen ziehen. Ich habe nie etwas davon gehalten, zunächst einmal Forderungen zu stellen und sich dann um die Tatsachen zu kümmern. Das ist jedenfalls nicht liberale Oppositionspolitik.
Heuer: Ist Ihnen, Herr van Essen, denn schon bekannt, ob die Empfehlungen von Roland Ber-ger tatsächlich umgesetzt worden sind oder umgesetzt werden sollen?
van Essen: Nach allem was man hört sind viele der Empfehlungen ja tatsächlich nicht verwert-bar gewesen, weil inzwischen andere Entscheidungen getroffen worden sind. Auch dort brauchen wir Tatsachenaufklärung und auch das werden wir verlangen.
Heuer: Danke schön! - Jörg van Essen war das, der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion und Bundeswehrexperte seiner Partei.