Christine Heuer: 91 Euro mehr im Monat. Das ist ja wirklich nicht die Welt. Es ist aber genau die Summe, um die die Abgeordnetendiäten erhöht werden sollen, jedenfalls dann, wenn es nach Bundestagspräsident Norbert Lammert geht. Der Christdemokrat möchte, dass die Bezüge der Parlamentarier so steigen wie das Durchschnittseinkommen der Deutschen. Wie viel das jeweils ist, das soll das Statistische Bundesamt den Politikern sagen.
Am Telefon ist der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP im Deutschen Bundestag. Guten Morgen, Jörg van Essen!
Jörg van Essen: Guten Morgen aus Berlin!
Heuer: Sie sind gegen den Vorschlag von Norbert Lammert. Verdienen Sie die 91 Euro nicht?
Essen: Darum geht es gar nicht. Wir wollen einen Systemwechsel. Bisher ist vieles, was mit Diäten, aber auch mit der Altersversorgung zusammenhängt wie bei Beamten geregelt. Und wir sind der Auffassung, Abgeordnete sind keine Beamten. Sie haben beispielsweise ja keinen Dienstherren, sind nach der Verfassung unabhängig. Deshalb müssen die Einkommensverhältnisse, aber auch die Altersversorgung nicht wie bei Beamten sondern nach unserer Auffassung wie bei freien Berufen, also wie bei Rechtsanwälten, Ärzten, Journalisten, geregelt werden.
Heuer: Aber das Statistische Bundesamt, dessen Angaben Norbert Lammert ja gerne zu Grunde legen möchte, berechnet doch das Durchschnittseinkommen aller Deutschen, egal ob das Freiberufler, Beamte oder Angestellte sind?
Essen: Richtig, deswegen gibt es ja auch einige Landtage, die zum Beispiel auch diese Indizierungslösung übernommen haben. Aber auf der anderen Seite führt das dazu, dass wir unsere Verhältnisse in einer Weise regeln, die wir nicht für richtig halten. Und deswegen möchten wir diesen Systemwechsel. Wir haben das im Übrigen schon vor Wochen auch in den Bundestag eingebracht. Es hat schon die erste Lesung dazu gegeben. Nur dann, wenn wir tatsächlich zu einem solchen Systemwechsel kommen, werden wir die Vorwürfe, die wir immer wieder hören und lesen können, in Zukunft vermeiden können. Dazu gehört beispielsweise für uns auch eine Reform bei der Altersversorgung. Wir haben bisher auch da eine beamtenähnliche Versorgung, und wir wollen das ändern. Es muss auch bei uns möglich sein, dass wir für ein Altersversorgungswerk einzahlen.
Heuer: Nun hat sich aber Norbert Lammert, Herr van Essen, ja gar nicht gegen eine grundlegende Reform der Diätenregelungen für Bundestagsabgeordnete ausgesprochen. Er hat nur gesagt, das sei erst 2009 möglich.
Essen: Das ist übrigens auch richtig. Wenn man solche Änderungen vornimmt, dann nimmt man das für den nächsten Bundestag vor, damit diejenigen, die sich dann für den Bundestag bewerben, sich darauf auch einstellen können. Das sehen wir durchaus nicht anders, aber wir sind der Auffassung, dass die Zeit gekommen ist, jetzt über einen wirklichen Systemwechsel zu reden. Das ist leider mit den anderen Fraktionen im Augenblick nicht möglich.
Heuer: Wieso nicht?
Essen: Weil die Auffassungen sehr unterschiedlich sind. Die anderen Fraktionen haben das ja gestern deutlich gemacht. Die CDU/CSU ist mit dem jetzigen System zufrieden. Die SPD ist grundsätzlich zu Änderungen bereit, macht aber nicht deutlich, wo sie Änderungen sieht. Und die anderen Oppositionsfraktionen, also Linkspartei und Grüne, wollen beispielsweise bei der Altersversorgung, dass die Abgeordneten in die Rentenversorgung kommen. Alles das sind Vorstellungen, die noch weit voneinander entfernt sind.
Heuer: Zu dem Systemwechsel, Herr van Essen, den die FDP sich vorstellt, gehört einerseits eine Neuregelung der Altersversorgung. Das haben Sie schon angesprochen. Das andere ist, dass die FDP, ihre Partei, für eine unabhängige Diätenkommission beim Bundespräsidenten ist. Was soll denn eine solche Diätenkommission anderes leisten als zum Beispiel das Statistische Bundesamt?
Essen: Weil sie sehr viel unabhängiger ist in der Festlegung dessen, was die Abgeordneten tatsächlich verdienen oder nicht verdienen.
Heuer:! Unabhängiger als die Statistiker?
Essen: Nein, unabhängiger als das jetzige System, was auch der Bundestagspräsident vorschlägt. Der Bundestagspräsident geht von der alten Regelung aus, dass die Abgeordneten wie ein Bundesrichter, also nach R6 besoldet werden sollen. Genau das wollen wir nicht. Die Bezugsgröße ist zum Beispiel ganz wichtig. Wir wollen sie von der unabhängigen Kommission festlegen lassen.
Heuer: Wer soll diese Kommission besetzen?
Essen: Wir sind der Auffassung, dass der Bundespräsident die Persönlichkeiten aussuchen soll, weil er neutral ist, weil er selbst kein Interesse an der Gehaltsfestsetzung hat, weil das bei ihm ganz anders geschieht. Wir wollen beispielsweise Kritiker wie den Bund der Steuerzahler, der sich ja mit diesen Fragen immer wieder befasst, in die Kommission auch mit aufnehmen.
Heuer: Der Bund der Steuerzahler, wo Sie den gerade ansprechen, Herr van Essen, hat gar nichts gegen die Erhöhung um 91 Euro, wie Herr Lammert sie gerade vorgeschlagen hat.
Essen: Das mag durchaus sein, aber wie gesagt, es geht darum, wie wir grundsätzlich unsere Versorgung festlegen, und ich habe darauf hingewiesen, dass jetzt im Augenblick wir immer noch an Richter und an Beamte gekoppelt sind, und genau das wollen wir nicht. Ich glaube auch, dass das nicht der richtige Weg ist, Abgeordnete wie Beamte zu behandeln.
Heuer: Eine Mehrheit für das so genannte NRW-Modell scheint es nicht zu geben. Zur Erinnerung: Da wurden die Diäten verdoppelt, aber die Abgeordneten im nordrhein-westfälischen Landtag müssen für ihre Altersvorsorge selber aufkommen. Wieso gibt es keine Mehrheit dafür?
Essen: Ich verstehe das nicht, weil ich denke, dass das System, was die Nordrhein-Westfalen gewählt haben, an sich ein sehr vernünftiges System ist, nämlich in Zukunft selbst in ein Altersversorgungswerk einzuzahlen. Was bei Rechtsanwälten, was bei Ärzten, was bei Journalisten ganz selbstverständlich möglich ist, das muss auch bei Abgeordneten ganz selbstverständlich ebenfalls möglich sein. Deshalb schwebt uns etwas Ähnliches vor.
Heuer: Benachbart zur Diätenfrage, Herr van Essen, ist das Problem der Nebentätigkeiten von Abgeordneten. Da haben wir gerade einen neuen Fall. Friedrich Merz, Bundestagsabgeordneter, ist in der nordrhein-westfälischen CDU-Landesgruppe im Bundestag gerade ausdrücklich als Anwalt des Energieversorgers RAG aufgetreten. Wird da eine Grenze überschritten, die nicht überschritten werden darf?
Essen: Es ist ein problematischer Vorgang. Auf der anderen Seite: Wir sagen als FDP ganz deutlich, dass man auch dann, wenn man in den Bundestag gewählt wird, seinen vorher ausgeübten freien Beruf weiter ausüben können muss.
Heuer: Aber im Bundestag?
Essen: Wir haben zu viele Beamte. Ich bin selber einer. Wir haben zu viele Gewerkschaftsfunktionäre, und wir haben viel zu wenige Handwerksmeister, die das Leben beispielsweise des Mittelstandes kennen, im Deutschen Bundestag. Ein Fünftel der Abgeordneten scheidet schon nach einer Legislaturperiode aus, etwa die Hälfte der Abgeordneten nach acht Jahren. Diejenigen, die aus freien Berufen kommen, die müssen selbstverständlich diesen Beruf weiter ausüben können, denn sonst werden sie von Politik abhängig. Es ist ja interessant, dass diese Transparenzregel insbesondere von Kollegen gemacht worden ist, die überhaupt keinen Beruf haben, die direkt aus einem abgebrochenen Studium in den Deutschen Bundestag gekommen sind. Die höchste Abhängigkeit, die man haben kann, ist, wenn man keinen Beruf hat neben der Tätigkeit als Abgeordneter, weil man dann vom Abgeordnetendasein völlig abhängig ist. Das ist eine Vorstellung, die wir als FDP nicht haben.
Heuer: Okay. Jörg van Essen, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion. Danke schön, Herr van Essen.
Essen: Danke auch, Frau Heuer.
Am Telefon ist der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP im Deutschen Bundestag. Guten Morgen, Jörg van Essen!
Jörg van Essen: Guten Morgen aus Berlin!
Heuer: Sie sind gegen den Vorschlag von Norbert Lammert. Verdienen Sie die 91 Euro nicht?
Essen: Darum geht es gar nicht. Wir wollen einen Systemwechsel. Bisher ist vieles, was mit Diäten, aber auch mit der Altersversorgung zusammenhängt wie bei Beamten geregelt. Und wir sind der Auffassung, Abgeordnete sind keine Beamten. Sie haben beispielsweise ja keinen Dienstherren, sind nach der Verfassung unabhängig. Deshalb müssen die Einkommensverhältnisse, aber auch die Altersversorgung nicht wie bei Beamten sondern nach unserer Auffassung wie bei freien Berufen, also wie bei Rechtsanwälten, Ärzten, Journalisten, geregelt werden.
Heuer: Aber das Statistische Bundesamt, dessen Angaben Norbert Lammert ja gerne zu Grunde legen möchte, berechnet doch das Durchschnittseinkommen aller Deutschen, egal ob das Freiberufler, Beamte oder Angestellte sind?
Essen: Richtig, deswegen gibt es ja auch einige Landtage, die zum Beispiel auch diese Indizierungslösung übernommen haben. Aber auf der anderen Seite führt das dazu, dass wir unsere Verhältnisse in einer Weise regeln, die wir nicht für richtig halten. Und deswegen möchten wir diesen Systemwechsel. Wir haben das im Übrigen schon vor Wochen auch in den Bundestag eingebracht. Es hat schon die erste Lesung dazu gegeben. Nur dann, wenn wir tatsächlich zu einem solchen Systemwechsel kommen, werden wir die Vorwürfe, die wir immer wieder hören und lesen können, in Zukunft vermeiden können. Dazu gehört beispielsweise für uns auch eine Reform bei der Altersversorgung. Wir haben bisher auch da eine beamtenähnliche Versorgung, und wir wollen das ändern. Es muss auch bei uns möglich sein, dass wir für ein Altersversorgungswerk einzahlen.
Heuer: Nun hat sich aber Norbert Lammert, Herr van Essen, ja gar nicht gegen eine grundlegende Reform der Diätenregelungen für Bundestagsabgeordnete ausgesprochen. Er hat nur gesagt, das sei erst 2009 möglich.
Essen: Das ist übrigens auch richtig. Wenn man solche Änderungen vornimmt, dann nimmt man das für den nächsten Bundestag vor, damit diejenigen, die sich dann für den Bundestag bewerben, sich darauf auch einstellen können. Das sehen wir durchaus nicht anders, aber wir sind der Auffassung, dass die Zeit gekommen ist, jetzt über einen wirklichen Systemwechsel zu reden. Das ist leider mit den anderen Fraktionen im Augenblick nicht möglich.
Heuer: Wieso nicht?
Essen: Weil die Auffassungen sehr unterschiedlich sind. Die anderen Fraktionen haben das ja gestern deutlich gemacht. Die CDU/CSU ist mit dem jetzigen System zufrieden. Die SPD ist grundsätzlich zu Änderungen bereit, macht aber nicht deutlich, wo sie Änderungen sieht. Und die anderen Oppositionsfraktionen, also Linkspartei und Grüne, wollen beispielsweise bei der Altersversorgung, dass die Abgeordneten in die Rentenversorgung kommen. Alles das sind Vorstellungen, die noch weit voneinander entfernt sind.
Heuer: Zu dem Systemwechsel, Herr van Essen, den die FDP sich vorstellt, gehört einerseits eine Neuregelung der Altersversorgung. Das haben Sie schon angesprochen. Das andere ist, dass die FDP, ihre Partei, für eine unabhängige Diätenkommission beim Bundespräsidenten ist. Was soll denn eine solche Diätenkommission anderes leisten als zum Beispiel das Statistische Bundesamt?
Essen: Weil sie sehr viel unabhängiger ist in der Festlegung dessen, was die Abgeordneten tatsächlich verdienen oder nicht verdienen.
Heuer:! Unabhängiger als die Statistiker?
Essen: Nein, unabhängiger als das jetzige System, was auch der Bundestagspräsident vorschlägt. Der Bundestagspräsident geht von der alten Regelung aus, dass die Abgeordneten wie ein Bundesrichter, also nach R6 besoldet werden sollen. Genau das wollen wir nicht. Die Bezugsgröße ist zum Beispiel ganz wichtig. Wir wollen sie von der unabhängigen Kommission festlegen lassen.
Heuer: Wer soll diese Kommission besetzen?
Essen: Wir sind der Auffassung, dass der Bundespräsident die Persönlichkeiten aussuchen soll, weil er neutral ist, weil er selbst kein Interesse an der Gehaltsfestsetzung hat, weil das bei ihm ganz anders geschieht. Wir wollen beispielsweise Kritiker wie den Bund der Steuerzahler, der sich ja mit diesen Fragen immer wieder befasst, in die Kommission auch mit aufnehmen.
Heuer: Der Bund der Steuerzahler, wo Sie den gerade ansprechen, Herr van Essen, hat gar nichts gegen die Erhöhung um 91 Euro, wie Herr Lammert sie gerade vorgeschlagen hat.
Essen: Das mag durchaus sein, aber wie gesagt, es geht darum, wie wir grundsätzlich unsere Versorgung festlegen, und ich habe darauf hingewiesen, dass jetzt im Augenblick wir immer noch an Richter und an Beamte gekoppelt sind, und genau das wollen wir nicht. Ich glaube auch, dass das nicht der richtige Weg ist, Abgeordnete wie Beamte zu behandeln.
Heuer: Eine Mehrheit für das so genannte NRW-Modell scheint es nicht zu geben. Zur Erinnerung: Da wurden die Diäten verdoppelt, aber die Abgeordneten im nordrhein-westfälischen Landtag müssen für ihre Altersvorsorge selber aufkommen. Wieso gibt es keine Mehrheit dafür?
Essen: Ich verstehe das nicht, weil ich denke, dass das System, was die Nordrhein-Westfalen gewählt haben, an sich ein sehr vernünftiges System ist, nämlich in Zukunft selbst in ein Altersversorgungswerk einzuzahlen. Was bei Rechtsanwälten, was bei Ärzten, was bei Journalisten ganz selbstverständlich möglich ist, das muss auch bei Abgeordneten ganz selbstverständlich ebenfalls möglich sein. Deshalb schwebt uns etwas Ähnliches vor.
Heuer: Benachbart zur Diätenfrage, Herr van Essen, ist das Problem der Nebentätigkeiten von Abgeordneten. Da haben wir gerade einen neuen Fall. Friedrich Merz, Bundestagsabgeordneter, ist in der nordrhein-westfälischen CDU-Landesgruppe im Bundestag gerade ausdrücklich als Anwalt des Energieversorgers RAG aufgetreten. Wird da eine Grenze überschritten, die nicht überschritten werden darf?
Essen: Es ist ein problematischer Vorgang. Auf der anderen Seite: Wir sagen als FDP ganz deutlich, dass man auch dann, wenn man in den Bundestag gewählt wird, seinen vorher ausgeübten freien Beruf weiter ausüben können muss.
Heuer: Aber im Bundestag?
Essen: Wir haben zu viele Beamte. Ich bin selber einer. Wir haben zu viele Gewerkschaftsfunktionäre, und wir haben viel zu wenige Handwerksmeister, die das Leben beispielsweise des Mittelstandes kennen, im Deutschen Bundestag. Ein Fünftel der Abgeordneten scheidet schon nach einer Legislaturperiode aus, etwa die Hälfte der Abgeordneten nach acht Jahren. Diejenigen, die aus freien Berufen kommen, die müssen selbstverständlich diesen Beruf weiter ausüben können, denn sonst werden sie von Politik abhängig. Es ist ja interessant, dass diese Transparenzregel insbesondere von Kollegen gemacht worden ist, die überhaupt keinen Beruf haben, die direkt aus einem abgebrochenen Studium in den Deutschen Bundestag gekommen sind. Die höchste Abhängigkeit, die man haben kann, ist, wenn man keinen Beruf hat neben der Tätigkeit als Abgeordneter, weil man dann vom Abgeordnetendasein völlig abhängig ist. Das ist eine Vorstellung, die wir als FDP nicht haben.
Heuer: Okay. Jörg van Essen, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion. Danke schön, Herr van Essen.
Essen: Danke auch, Frau Heuer.