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FDP-Haushälter Fricke warnt vor "dummem Sparen"

Der FDP-Politiker Otto Fricke hat die Forderung seiner Partei nach Steuersenkungen bekräftigt. Zwischen Haushaltskonsolidierung und Steuersenkung bestehe kein Widerspruch, "man muss beides tun", sagte der Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Bundestag.

Moderation: Silvia Engels |
    Silvia Engels: Wirtschaftsforschungsinstitute beobachten das ganze Jahr über ständig die nationale und internationale Konjunkturentwicklung. Daraus erwarten sie dann die Zukunft. Da auch für Ökonomen Überraschungen zum Alltag gehören, verwundert es nicht, dass auch die fünf führenden Institute ihre Prognosen mal nach oben und mal nach unten korrigieren müssen. Dass sie aber ihr Frühjahrsgutachten im Vergleich zum letzten Herbst direkt um einen ganzen Prozentpunkt anheben, das ist selten.

    Mitgehört hat Otto Fricke (FDP). Er ist Vorsitzender des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages. Guten Tag!

    Otto Fricke: Einen schönen guten Tag vom Niederrhein, Frau Engels!

    Engels: Herr Fricke, nehmen wir an, dass sich das Wachstum tatsächlich so entwickelt, wie nun von den Instituten vorhergesagt. Haben Sie schon einen Überblick, mit wie vielen Mehreinnahmen im Vergleich zur jetzigen Planung Sie rechnen können?

    Fricke: Da will ich ganz vorsichtig sein. Es werden sicherlich zweistellige Milliardenbeträge sein. Man muss jetzt genau gucken, wie sich das in den einzelnen Steuerbereichen auswirkt. Ich bin da jemand, der sagt, es wird viel Geld da sein, wir müssen dieses Geld vernünftig verwenden. Aber bevor wir nicht wissen, wie viel es denn wirklich sein könnte, warte ich dann auf die Steuerschätzung. Die ist nach meiner Meinung das letzte und maßgebliche Kriterium dafür.

    Engels: Aber ich bin sicher, Sie haben schon eine Idee, wie das Extrageld ausgegeben werden soll, nämlich ganz nach FDP-Linie Steuern senken.

    Fricke: Ich wollte gerade sagen: ausgegeben nicht! Ich würde es zurückgeben wollen, soweit es geht. Man muss ganz klar sagen, man muss beides tun. Es wird immer dargestellt, als gebe es einen Widerspruch zwischen Steuersenkung und Haushaltskonsolidierung. Das wäre aber nur dann der Fall, wenn ich sage, was ich immer nenne, wir machen sozusagen ein Dummsparen, also wir sparen an der falschen Stelle, oder wir machen ein dummes Senken der Steuern.

    Ich muss bei beiden Bereichen Anreize bekommen: einerseits Anreize, das Steuersystem beziehungsweise das Steuer- und Abgabensystem so zu verändern, dass der Kreislauf des Geldes insgesamt beschleunigt wird, und andererseits aber auch so zu sparen, dass der Staat selber weniger konsumtive Aufgaben hat, was wiederum ebenfalls dazu führt, dass ich besser Steuern senken kann.

    Engels: Das Gegenargument lautet ja nun, Steuern senken schön und gut, aber Schulden bedeuten ja Konsumausgaben, die man schon früher gemacht hat, die man sich eigentlich nicht leisten konnte. Wenn man zurückzahlen muss, ist jetzt die ideale Situation.

    Fricke: Ja und nein. Es ist richtig, dann ist jetzt die richtige Situation. Aber jetzt kommt das für mich ganz Entscheidende als Haushälter: Jetzt einfach zurückzuzahlen bedeutet ja, dass ich an der Struktur unseres Staatssystems, an der Struktur unserer Ausgaben nichts verändere. Dann zahle ich meinetwegen ein, zwei, drei Jahre zurück, und danach geht das ganze Spiel noch viel schlimmer auf höherem Niveau wie bei der Arbeitslosigkeit von vorne los.

    Nein! Ich kann nur dann auch zurückzahlen, jedenfalls zu Teilen, wenn ich gleichzeitig den Mut habe als Regierung, und das sehe ich leider bei der Großen Koalition nicht, in guten Zeiten den Leuten zu sagen, "spare in der Zeit, dann hast du in der Not", wir gehen jetzt wirklich daran, an bestimmten Ausgabenbereichen Schnitte vorzunehmen. Ich fürchte eher, wir werden im Haushalt 2008, der jetzt in der Planung ansteht, mehr Geld ausgeben als in den Jahren zuvor.

    Engels: Aber das Argument, Steuern zu senken, um damit auch die Wirtschaft weiter anzukurbeln und damit noch mehr Wachstum zu generieren, das ist ja auch ein FDP-Argument, das lässt sich ja immer anwenden. Jetzt wäre doch einmal der Punkt, wo beispielsweise auch die Bevölkerung durchaus zustimmt, dass gespart werden sollte, dass Schulden abgebaut werden sollten. Welcher Vorschlag kommt da von der FDP, vielleicht auch in Milliardengrößen?

    Fricke: Ja, es ist auch richtig. Aber nochmals bewusst, man muss das eine tun, das heißt aber nicht, dass man das andere dadurch dann lassen muss, sondern man muss beides tun. Wir müssen, so glaube ich, insbesondere primär an den unteren Bereich heran in den Steuersätzen. Wir müssen bei der Unternehmenssteuerreform nicht nur sagen, wir senken die Tarife und fangen das dann größtenteils wieder durch eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage auf, sondern wir müssen gucken, dass wir hier auch sagen, müssen wir wirklich alles bei der Bemessungsgrundlage so machen? Müssen wir es wirklich demnächst so machen, dass wir bei der Abschreibung in eine Richtung gehen, die nur noch eine lineare Abschreibung zulässt, also die Möglichkeit einer "schnellen" Rückzahlung, in Anführungszeichen, von Investitionen verhindert? Wir müssen auch gleichzeitig dann eben gucken, wie kriege ich Steuerreformen so hin, dass sie eben über einen Wachstumszyklus hinaus dafür sorgen, dass der Handel, die Industrie, der Mittelstand die Arbeitsplätze sicher zur Verfügung stellt? Denn gerade da liegt ja der Trick, es so zu verlängern, dass ich eben nicht in dieses Berg und Tal komme und dann im Tal die Schwierigkeit habe, dass das Tal immer tiefer wird durch zusätzliche Ausgaben.

    Engels: Nehmen wir an, Ihre Pläne zur Unternehmenssteuerreform würden so umgesetzt. Um wie viel könnten Sie dann mittelfristig Schulden zurückzahlen?

    Fricke: Auf welchen Zeitraum, müsste ich dann sofort zurückfragen. In den ersten zwei, drei Jahren würde es weniger Zurückzahlung sein, aber im Saldo, bin ich mir ziemlich sicher, würden wir dann weiterhin genau dieselbe Summe zurückzahlen können. Es kommt darauf an, wie ich diesen Zyklus durchbreche. Ich glaube, dass wir mit einer Unternehmenssteuerreform auf der einen Seite eine Entlastung im unteren zweistelligen Milliardenbereich hinbekommen würden, aber gleichzeitig dadurch den Haushalt über eine Legislaturperiode, also sagen wir vier Jahre, immer noch so hinbekommen würden, dass er sich haushaltsneutral letztlich auswirken würde.

    Engels: Otto Fricke, Vorsitzender des Haushaltsausschusses, von der FDP, ich bedanke mich für das Gespräch.

    Fricke: Ich danke auch.