Silvia Engels: Es geht um viel Geld für die neuen Bundesländer, und es geht darum, wie es ausgegeben wird. Die Rede ist von Mitteln aus dem Solidarpakt II. Schon vor drei Jahren hatten sich Bund und Länder darauf geeinigt, die Ostländer bis zum Jahr 2019 mit insgesamt 156 Milliarden Euro zu unterstützen. Der Umfang und die Verwendung von 105 Milliarden davon waren dabei im so genannten Korb I klar geregelt. Streit gab es allerdings um die 51 Milliarden Euro, die in einem zweiten Korb liegen und die in die Wirtschaftsförderung fließen sollten.
Gestern haben sich Bund und Ostländer offenbar auf Eckdaten geeinigt. Danach steigert der Bund seinen Anteil, der beispielsweise für Sonderrenten und Versorgungen aus DDR-Zeiten ausgegeben wird. Im Gegenzug wird festgelegt, wie viel Mittel jeweils in Verkehr, Wohnungsbau, Wirtschaftsförderung und Forschung fließen. Und die Förderung nimmt mit den Jahren ab.
Am Telefon ist nun der Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Bundestages, Otto Fricke (FDP). Guten Morgen, Herr Fricke!
Otto Fricke: Einen schönen letzten Novembermorgen, Frau Engels!
Engels: Danke Ihnen. Was halten Sie von diesem Kompromiss?
Fricke: Also dieser Kompromissvorschlag, wie man ja im Moment sagen muss - die Ministerpräsidenten müssen noch durch, und auch das Kabinett muss ja noch beschließen -, dieser Kompromissvorschlag deutet für mich als Bundespolitiker in die richtige Richtung. Er ist in einem schwierigen, komplexen Bereich, wo der Ausgleich über die Frage, was braucht der Osten noch, weil er einigungsbedingt da wirklich noch Defizite hat, und der Frage, wie viel von dem Geld wird überhaupt richtig verwendet, ich sage mal so, zumindest in die richtige Richtung zeigt, und weil der Weg zumindest nicht zu holprig zu sein scheint.
Engels: Lange war ja der Streit darüber geführt worden, ob die Mittel richtig verwendet werden. Haben Sie jetzt Anzeichen dafür, dass das geschieht, das heißt vor allen Dingen Investitionen?
Fricke: Ja und nein. Das größte Problem im Bereich des Solidarpaktes ist immer wieder die Kontrolle, ob die Mittel richtig verwendet werden. Es gab ja dann dieses berühmte Gutachten, aus dem hervorging, dass bis auf Sachsen nahezu alle Länder kleinere oder siehe Berlin sehr große Sünder waren, was diese Mittel anging. Hier ist mir noch nicht klar aufgrund der Vorschläge, wie eine verbesserte Kontrolle möglich ist. Die sehe ich im Moment nur dadurch gegeben, dass jedenfalls Medien, Presse, öffentliche Seite und natürlich die alten Bundesländer viel genauer gucken werden, was passiert eigentlich hier mit dem Geld, das mehr oder weniger auch aus der Steuerkraft der alten Bundesländer, naja, ich sage einmal, genutzt wird? Da liegen noch Schwierigkeiten. Es ist auch für den Haushaltausschuss immer ein Thema gewesen, wie man hier besser kontrollieren kann. Leider kann ich hier aus dem, was bisher mir vorliegt, noch nicht erkennen, dass da Verbesserungen eingetreten sind.
Engels: Sie sprechen davon, früher hätte es die Diskussion gegeben, dass einige Mittel nicht richtig, also in Form von Sünden ausgegeben worden seien. Was waren das für falsch verwendete Mittel? Wohin flossen die dann?
Fricke: Naja, ich würde mal so sagen, es war sozusagen das gesamte Spektrum dessen, was Politik - bewusst sage ich das von allen Parteien - gerne macht, wenn sie Geld haben. Man hat bestimmte Projekte gefördert, die eigentlich mit Zukunftsinvestitionen, die eigentlich mit der Frage, wie verbessere ich den Standort Ost, nichts zu tun hatten. Man hat damit Löcher gestopft, man hat damit einen größeren Beamtenapparat aufrecht erhalten, obwohl man eigentlich diesen hätte stärker abbauen müssen und viele andere von diesen schönen Dingen mehr, die Politik manchmal viel zu leicht machen, aber dauerhaft dann eben, weil es sehr viel Geld kostet, für alle sehr schwer macht.
Engels: Wenn man jetzt diesen Eckdaten folgt, die ja auf dem Tisch liegen, fließen allerdings doch wieder recht viele Mittel eben nicht in Investitionen, sondern auch in alte Versorgungsleistungen, möglicherweise eben in Renten oder auch in Personalkosten. Ist das denn jetzt trotzdem besser geregelt?
Fricke: Ja, es ist besser geregelt. Man muss natürlich auch streng beim Korb II wieder differenzieren. Das ist ja ein sehr schwieriges, ein komplexes System insgesamt. Diese ganze Frage der so genannten Sonderversorgungssysteme für ehemalige, ich will das in Anführungszeichen setzen, "Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes der DDR", sind ein sehr komplexes, schwieriges System, bei dem uns auch als Haushälter im Bund die Rechtsprechung immer wieder Schwierigkeiten gemacht hat. Und hier ist ja nun die Veränderung so, dass diese Ansprüche schon bestehen und hier auch der Bund schon ein Drittel bisher übernommen hat, aber jetzt auf 40 Prozent der Kosten hochgehen wird. Ich halte das für akzeptabel, würde aber niemals sagen, da darf man drüber hinausgehen. Denn gerade bei Versorgungssystemen kommt dann wieder Anspruch, man müsste dieses Versorgungssystem noch besser ausstatten und jenes noch besser ausstatten. Ich glaube, dass der Weg gut ist.
Der beste Ansatz allerdings, den man gewählt hat, ist dass man auch beim Korb II, wie zuvor beim Korb I, der ja 100 Milliarden über den Zeitraum bis 2019 betrifft, Degression eingeführt hat. Wenn ich den neuen Bundesländern Geld gebe und ich bleibe auf dem selben Niveau, dann bin ich am Ende der Zeit so wieder, dass die Länder sagen, jetzt haben wir doch diese hohen Zuschüsse, wir können jetzt nicht auf Null gehen. Degression, also das Runterfahren der Zuschüsse, führt dazu, dass auch klar ist, dass die Länder sehen müssen, wo sie sparen müssen.
Engels: Bis 2019 sind diese Gelder insgesamt vorgesehen. Wird das reichen?
Fricke: Bis 2019 wird es wahrscheinlich reichen, ja, aber danach, sage ich voraus, nach all den Erfahrungen, die wir ja mit anderen Subventionen haben. Gucken Sie sich an, gestern Abend ist gleichzeitig auch die Frage des Steinkohlekompromisses ja wieder gescheitert. Wir haben immer wieder Teile der Politik, die sagen, hier diese Subventionen, die können wir jetzt nicht sofort runterfahren. 2019 beziehungsweise um 2019 herum, da bin ich mir ziemlich sicher, da wird dann kommen, man müsse doch hier noch ein bisschen und man könne doch jetzt nicht auf Null gehen. Das wird man dann sehen. Entscheidend ist im Moment, dass der Schritt runter klar und deutlich gegangen wird und das damit auch für Haushalte insgesamt in Bund und Ländern klar wird, dass man weiter sparen muss.
Engels: Das heißt, abgesehen von möglichen Diskussionen dann weit in der Zukunft, ist bislang dann das leidige Thema, wie viel Geld fließt noch in die neuen Länder damit abschließend geregelt, wenn sich heute die Ministerpräsidenten einigen?
Fricke: Damit ist es, was 2019 angeht, eigentlich abschließend geregelt. Wir werden sicherlich immer wieder Diskussionen über einzelne, noch besondere Fälle bekommen. Wo wir aber als Bundesrepublik Deutschland endlich von wegkommen müssen, ist nach diesem Korb II, dass wir immer wieder sagen, was ist im Osten, deswegen andere Regeln als im Westen. Es gibt immer das schöne Beispiel des so genannten Goldenen Plan Ost für Sportplätze. Der ist bis heute noch nach der Regel im Bundeshaushalt gefasst, ob die Sportplätze, die alten, im Osten liegen. Das geht nicht mehr, denn wenn sie etwa in meiner Nachbarschaft Duisburg-Rheinhausen auf die Sportplätze gehen, dann sehen die auch nicht besser aus als irgendwo in Sachsen oder in Brandenburg. Das müssen wir aus den Köpfen kriegen, und dann fangen wir auch an, weniger zu überlegen, was geht von West nach Ost, und mehr zu überlegen, was geht zu denen, die es brauchen.
Engels: Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Bundestages, Otto Fricke von der FDP. Ich bedanke mich für das Gespräch, Herr Fricke.
Fricke: Ich danke auch.
Gestern haben sich Bund und Ostländer offenbar auf Eckdaten geeinigt. Danach steigert der Bund seinen Anteil, der beispielsweise für Sonderrenten und Versorgungen aus DDR-Zeiten ausgegeben wird. Im Gegenzug wird festgelegt, wie viel Mittel jeweils in Verkehr, Wohnungsbau, Wirtschaftsförderung und Forschung fließen. Und die Förderung nimmt mit den Jahren ab.
Am Telefon ist nun der Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Bundestages, Otto Fricke (FDP). Guten Morgen, Herr Fricke!
Otto Fricke: Einen schönen letzten Novembermorgen, Frau Engels!
Engels: Danke Ihnen. Was halten Sie von diesem Kompromiss?
Fricke: Also dieser Kompromissvorschlag, wie man ja im Moment sagen muss - die Ministerpräsidenten müssen noch durch, und auch das Kabinett muss ja noch beschließen -, dieser Kompromissvorschlag deutet für mich als Bundespolitiker in die richtige Richtung. Er ist in einem schwierigen, komplexen Bereich, wo der Ausgleich über die Frage, was braucht der Osten noch, weil er einigungsbedingt da wirklich noch Defizite hat, und der Frage, wie viel von dem Geld wird überhaupt richtig verwendet, ich sage mal so, zumindest in die richtige Richtung zeigt, und weil der Weg zumindest nicht zu holprig zu sein scheint.
Engels: Lange war ja der Streit darüber geführt worden, ob die Mittel richtig verwendet werden. Haben Sie jetzt Anzeichen dafür, dass das geschieht, das heißt vor allen Dingen Investitionen?
Fricke: Ja und nein. Das größte Problem im Bereich des Solidarpaktes ist immer wieder die Kontrolle, ob die Mittel richtig verwendet werden. Es gab ja dann dieses berühmte Gutachten, aus dem hervorging, dass bis auf Sachsen nahezu alle Länder kleinere oder siehe Berlin sehr große Sünder waren, was diese Mittel anging. Hier ist mir noch nicht klar aufgrund der Vorschläge, wie eine verbesserte Kontrolle möglich ist. Die sehe ich im Moment nur dadurch gegeben, dass jedenfalls Medien, Presse, öffentliche Seite und natürlich die alten Bundesländer viel genauer gucken werden, was passiert eigentlich hier mit dem Geld, das mehr oder weniger auch aus der Steuerkraft der alten Bundesländer, naja, ich sage einmal, genutzt wird? Da liegen noch Schwierigkeiten. Es ist auch für den Haushaltausschuss immer ein Thema gewesen, wie man hier besser kontrollieren kann. Leider kann ich hier aus dem, was bisher mir vorliegt, noch nicht erkennen, dass da Verbesserungen eingetreten sind.
Engels: Sie sprechen davon, früher hätte es die Diskussion gegeben, dass einige Mittel nicht richtig, also in Form von Sünden ausgegeben worden seien. Was waren das für falsch verwendete Mittel? Wohin flossen die dann?
Fricke: Naja, ich würde mal so sagen, es war sozusagen das gesamte Spektrum dessen, was Politik - bewusst sage ich das von allen Parteien - gerne macht, wenn sie Geld haben. Man hat bestimmte Projekte gefördert, die eigentlich mit Zukunftsinvestitionen, die eigentlich mit der Frage, wie verbessere ich den Standort Ost, nichts zu tun hatten. Man hat damit Löcher gestopft, man hat damit einen größeren Beamtenapparat aufrecht erhalten, obwohl man eigentlich diesen hätte stärker abbauen müssen und viele andere von diesen schönen Dingen mehr, die Politik manchmal viel zu leicht machen, aber dauerhaft dann eben, weil es sehr viel Geld kostet, für alle sehr schwer macht.
Engels: Wenn man jetzt diesen Eckdaten folgt, die ja auf dem Tisch liegen, fließen allerdings doch wieder recht viele Mittel eben nicht in Investitionen, sondern auch in alte Versorgungsleistungen, möglicherweise eben in Renten oder auch in Personalkosten. Ist das denn jetzt trotzdem besser geregelt?
Fricke: Ja, es ist besser geregelt. Man muss natürlich auch streng beim Korb II wieder differenzieren. Das ist ja ein sehr schwieriges, ein komplexes System insgesamt. Diese ganze Frage der so genannten Sonderversorgungssysteme für ehemalige, ich will das in Anführungszeichen setzen, "Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes der DDR", sind ein sehr komplexes, schwieriges System, bei dem uns auch als Haushälter im Bund die Rechtsprechung immer wieder Schwierigkeiten gemacht hat. Und hier ist ja nun die Veränderung so, dass diese Ansprüche schon bestehen und hier auch der Bund schon ein Drittel bisher übernommen hat, aber jetzt auf 40 Prozent der Kosten hochgehen wird. Ich halte das für akzeptabel, würde aber niemals sagen, da darf man drüber hinausgehen. Denn gerade bei Versorgungssystemen kommt dann wieder Anspruch, man müsste dieses Versorgungssystem noch besser ausstatten und jenes noch besser ausstatten. Ich glaube, dass der Weg gut ist.
Der beste Ansatz allerdings, den man gewählt hat, ist dass man auch beim Korb II, wie zuvor beim Korb I, der ja 100 Milliarden über den Zeitraum bis 2019 betrifft, Degression eingeführt hat. Wenn ich den neuen Bundesländern Geld gebe und ich bleibe auf dem selben Niveau, dann bin ich am Ende der Zeit so wieder, dass die Länder sagen, jetzt haben wir doch diese hohen Zuschüsse, wir können jetzt nicht auf Null gehen. Degression, also das Runterfahren der Zuschüsse, führt dazu, dass auch klar ist, dass die Länder sehen müssen, wo sie sparen müssen.
Engels: Bis 2019 sind diese Gelder insgesamt vorgesehen. Wird das reichen?
Fricke: Bis 2019 wird es wahrscheinlich reichen, ja, aber danach, sage ich voraus, nach all den Erfahrungen, die wir ja mit anderen Subventionen haben. Gucken Sie sich an, gestern Abend ist gleichzeitig auch die Frage des Steinkohlekompromisses ja wieder gescheitert. Wir haben immer wieder Teile der Politik, die sagen, hier diese Subventionen, die können wir jetzt nicht sofort runterfahren. 2019 beziehungsweise um 2019 herum, da bin ich mir ziemlich sicher, da wird dann kommen, man müsse doch hier noch ein bisschen und man könne doch jetzt nicht auf Null gehen. Das wird man dann sehen. Entscheidend ist im Moment, dass der Schritt runter klar und deutlich gegangen wird und das damit auch für Haushalte insgesamt in Bund und Ländern klar wird, dass man weiter sparen muss.
Engels: Das heißt, abgesehen von möglichen Diskussionen dann weit in der Zukunft, ist bislang dann das leidige Thema, wie viel Geld fließt noch in die neuen Länder damit abschließend geregelt, wenn sich heute die Ministerpräsidenten einigen?
Fricke: Damit ist es, was 2019 angeht, eigentlich abschließend geregelt. Wir werden sicherlich immer wieder Diskussionen über einzelne, noch besondere Fälle bekommen. Wo wir aber als Bundesrepublik Deutschland endlich von wegkommen müssen, ist nach diesem Korb II, dass wir immer wieder sagen, was ist im Osten, deswegen andere Regeln als im Westen. Es gibt immer das schöne Beispiel des so genannten Goldenen Plan Ost für Sportplätze. Der ist bis heute noch nach der Regel im Bundeshaushalt gefasst, ob die Sportplätze, die alten, im Osten liegen. Das geht nicht mehr, denn wenn sie etwa in meiner Nachbarschaft Duisburg-Rheinhausen auf die Sportplätze gehen, dann sehen die auch nicht besser aus als irgendwo in Sachsen oder in Brandenburg. Das müssen wir aus den Köpfen kriegen, und dann fangen wir auch an, weniger zu überlegen, was geht von West nach Ost, und mehr zu überlegen, was geht zu denen, die es brauchen.
Engels: Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Bundestages, Otto Fricke von der FDP. Ich bedanke mich für das Gespräch, Herr Fricke.
Fricke: Ich danke auch.