Heuer: So erfolgreich, wie Sie die Arbeit darstellen, sehen sie nicht alle Beobachter. Dieser Erpressungsversuch von Ronald Schill war ja nur der letzte in einer ganzen Reihe von Skandalen. Ist die Schill-Partei eine Partei, mit der die Liberalen allen Ernstes weiterhin koalieren wollen?
Lange: Also es gibt in der Schill-Partei auch sehr viele vernünftige Leute und wir haben, wie gesagt, einen Koalitionsvertrag beschlossen, der die liberale Handschrift trägt, sonst wären wir diese Koalition nicht eingegangen. Wir sind dabei, diesen Koalitionsvertrag umzusetzen. Hamburg brauchte den Wechsel. Hamburg hat uns gewählt für den Wechsel, und wir wollen diese neue Politik fortsetzen.
Heuer: Ich möchte nochmals an das erinnern, was sich Ronald Schill in den vergangenen zwei Jahren so geleistet hat, an seine ausländerfeindliche Rede im Bundestag oder auch an seinen Vorschlag, Betäubungsgas, wie das bei der Moskauer Geiselbefreiung verwendete, auch in Deutschland, in Hamburg einzusetzen. Vertritt die Schill-Partei, von der Sie sagen, es gäbe dort viele vernünftige Personen, also andere Werte und politische Ziele als Ronald Schill, nach dem sie schließlich benannt ist?
Lange: Das ist sicherlich ein Prozess, der in den letzten zwei Jahren stattgefunden hat, dass die Partei, die ja Partei Rechtsstaatlicher Offensive heißt, sich auch vor den Ereignissen von gestern von der Person Schill emanzipiert hat und viele von Ihnen auch aufgezählte unerträgliche Auftritte nicht gutgeheißen hat.
Heuer: Müsste es da nicht eine Bedingung sein für die Fortführung dieser Koalition, dass die Schill-Partei Ronald Schill entgegen dessen erklärte Absicht auch aus der Bürgerschaft entfernt?
Lange: Nun kann man natürlich als eine andere Partei nicht eine Parteibedingung stellen. Man kann natürlich Wünsche äußern und auch sagen, unter welchen Umständen man eine Koalition fortsetzen will, aber die Demokratie ist ja nun auch so, dass Herr Schill als Person auch gewählt ist, und selbst wenn die Partei Rechtsstaatlicher Offensive ihn ausschließen würde, würde er sein Mandat behalten.
Heuer: Dass Sie diese Koalition fortsetzen wollen, liegt das vielleicht auch ein ganz kleines bisschen daran, dass die FDP in Deutschland in so wenigen Regierungen vertreten ist?
Lange: Nein, das ist kein wesentlicher Maßstab für unsere Entscheidung. Die Entscheidung, die ich damals maßgeblich mit beeinflusst habe, war, dass Hamburg nach 44 Jahren Verfilzung und Erstarrung durch die SPD den Wechsel wollte. Wir sind dabei, eine erfolgreiche Arbeit mit der CDU, mit der Partei Rechtsstaatlicher Offensive durchzuziehen. Die Reformen in vielen Bereichen sind angelaufen. Ich nenne nur meinen Bereich, die Bildungsreform. Die Stadt boomt. Die Wirtschaftspolitik kommt in Gang trotz der Schwierigkeiten in der Bundesrepublik. Deswegen gibt es keinen Grund, diese Koalition nicht fortzusetzen.
Heuer: Verfilzung und Erstarrung, sagen Sie, habe es unter der SPD-Regierung gegeben. Aber was jetzt in den vergangenen zwei Jahren und als Höhepunkt gestern geschehen ist, hat dem Land Hamburg doch nun wirklich Schaden zugefügt. Wären da nicht Neuwahlen, ein wirklich komplett neuer Anfang die bessere Alternative?
Lange: Ich kann ja nur nochmals wiederholen: Wir sind gewählt worden wegen eines Programms, und dieses Koalitionsprogramm wollen wir fortsetzen. Die unerträglichen Verhaltensweisen, die gestern, wie gesagt, ihren Gipfelpunkt aber auch Gott sei Dank ihr Ende gefunden haben von Herrn Schill, sollten uns nicht davon abhalten, die erfolgreiche Arbeit fortzusetzen.
Heuer: Aber wenn Sie so erfolgreich sind, dann verstehe ich nicht richtig, warum Sie Neuwahlen so kategorisch ausschließen. Bei der letzten Wahl haben Sie 5,1 Prozent der Stimmen bekommen, 680 Stimmen mehr als nötig waren zum Überspringen der 5-Prozent-Hürde. Glauben Sie nicht, dass Sie bei Neuwahlen nach Ihrer erfolgreichen Arbeit in den vergangenen zwei Jahren im Senat noch besser abschneiden würden?
Lange: Das wäre durchaus denkbar, aber wir sind, wie gesagt, für vier Jahre gewählt worden, und nun wollen wir unser erfolgreiches Programm fortsetzen.
Heuer: Vor zwei Jahren, als die Koalition in Hamburg gegründet wurde, gab es auch in Ihrer Partei, in der FDP sehr viele skeptische Stimmen. Unter anderem hat Sabine Leutheuser-Schnarrenberger die Koalition, die sich da anbahnte, sehr skeptisch beäugt. Haben Sie nach den gestrigen Ereignissen eigentlich schon mit Guido Westerwelle gesprochen?
Lange: Ja. Wir haben gestern mehrfach miteinander gesprochen, und der Bundesvorsitzende Westerwelle und auch die Bundestagsfraktion unterstützt uns darin, dass wir die erfolgreiche Arbeit fortsetzen wollen. Wir sind aber alle erleichtert, dass die Person Schill in der Hamburger Politik keine Rolle mehr spielt, denn er war - und da haben Sie recht - für die Liberalen schon von Anfang an eine schwierige Person. Dass es zu so unerträglichen Dingen gekommen ist, damit haben wir alle nicht gerechnet.
Heuer: Die FDP in Hamburg will weiter regieren ohne Ronald Schill aber mit der Schill-Partei, Rudolf Lange war das, der Bildungssenator in Hamburg, vielen Dank für das Gespräch.
Link: Interview als RealAudio