Archiv


Fegebank wirft FDP Klientelpolitik vor

Das schwarz-grün regierte Hamburg will im Bundesrat dem Konjunkturpaket der Bundesregierung zustimmen. Grünen-Landeschefin Katharina Fegebank sagte, damit wolle man verhindern, dass die FDP sich mit ihren Forderungen nach Steuergeschenken durchsetze. Damit wäre das Abstimmungsverhalten der Länder mit Regierungsbeteiligung der FDP nicht mehr entscheidend.

Katharina Fegebank im Gespräch mit Jochen Spengler |
    Jochen Spengler: Man bleibe auf dem Teppich, verkündete FDP-Chef Guido Westerwelle und konnte doch vor Kraft kaum laufen - nach den über 16 Prozent für die hessische FDP am Sonntag. Eine Folge: Die Große Koalition hat nun im Bundesrat keine Mehrheit mehr. Da ist es gut, wenn sich die Kanzlerin Angela Merkel heute Nachmittag mit dem FDP-Vorsitzenden zusammensetzen will, um zu erkunden, was der genau vor hat. Zwar beteuerte der Liberale, man werde den Umstand, dass die FDP inzwischen an fünf Landesregierungen beteiligt ist, nicht zu einer Blockade des Konjunkturpakets im Bundesrat nutzen, aber nachverhandeln wolle man schon - zum Beispiel, um weitere Steuererleichterungen für die Bürger durchzusetzen. Daraus aber wird wohl nichts, denn ausgerechnet die Grünen kündigten nun an, sie wollten als Regierungspartner der Koalitionen in Bremen und Hamburg trotz einiger Bedenken im Bundesrat dem Konjunkturpaket von Union und SPD zustimmen. Das heißt aber: Die FDP wird nun doch nicht zum Zünglein an der Wage. Der oberste Liberale reagiert entsprechend verschnupft, und das hört sich so an:

    Guido Westerwelle: Ich bedauere schon, dass Bremen und Hamburg mit den Grünen einen Blankoscheck ausgestellt haben für die Bundesregierung, und dass damit möglicherweise wirkliche wirkende Verbesserungen beim Konjunkturpaket verhindert worden sind. Aber dafür tragen die Grünen Verantwortung, das müssen sie mit sich selbst ausmachen.

    Spengler: Das war FDP-Chef Guido Westerwelle und am Deutschlandfunk-Telefon ist nun die Landesvorsitzende der Grünen in Hamburg, Katharina Fegebank. Guten Tag, Frau Fegebank.

    Katharina Fegebank: Guten Tag, Herr Spengler. Hallo!

    Spengler: Gönnen Sie der FDP denn gar nichts?

    Fegebank: Das hat nichts damit zu tun, dass wir der FDP nichts gönnen. Wir haben aber festgestellt, dass trotz der Kritik, die wir als Grüne natürlich nach wie vor an dem Konjunkturprogramm haben, das von der Bundesregierung vorgelegt wird, wir eine Verantwortung haben, auch Gestaltung zu übernehmen, und das können wir in Bremen und in Hamburg durch unsere Regierungsbeteiligung und da wollen wir Spielräume nutzen und natürlich auch direkt Einfluss nehmen auf das, was in dem Konjunkturpaket verabschiedet wird.

    Spengler: Und Sie wollen verhindern, dass die FDP sich durchsetzt mit Steuersenkungen?

    Fegebank: Na ja. Die FDP wollte die Zustimmung zum Konjunkturpaket durch Steuergeschenke vergolten haben und wir haben gesagt, dass zwei Argumente ganz klar dagegen sprechen: Zum einen das Nachhaltigkeitsargument und dann natürlich das Argument der sozialen Gerechtigkeit. Und ich sehe, dass die FDP - und das ist natürlich vorbereitend auf den Wahlkampf auch verständlich - hier gleichzeitig eine Rolle vorwärts und rückwärts macht. Auf der einen Seite sagt sie, keine neuen Schulden; auf der anderen Seite, Steuerentlastungen für alle. Das kann nicht funktionieren und geht zu Lasten der Nachhaltigkeit und sozialen Gerechtigkeit.

    Spengler: Es sollen ja laut Ansicht der FDP vor allen Dingen Steuersenkungen für die Mittelschicht sein. Das wäre ungerecht oder?

    Fegebank: Ja. Wir haben eine deutliche Kritik daran, weil wir sagen, dass diejenigen, die gering verdienen, natürlich nichts davon haben. Steuergeschenke führen zu einer sozialen Schieflage. Das heißt alle diejenigen, die jetzt Rentner sind, Studenten, Arbeitslose oder auch Geringverdiener, die hätten überhaupt nichts davon. Deshalb haben wir gesagt, wir müssen natürlich deutlich nachbessern, und das ist auch unsere Kritik am Konjunkturpaket. Wir haben gesagt, wir wollen die Hartz-IV-Sätze erhöhen, einen flächendeckenden Mindestlohn und natürlich Senkung von Sozialabgaben im unteren Lohnbereich. Aber das, was die FDP vorschlägt, das ist Klientelpolitik allererster Güte und das ist mit uns Grünen nicht zu machen.

    Spengler: Also die Mittelschicht hätte keine weitere Steuererleichterung verdient?

    Fegebank: Steuererleichterungen haben ja immer alle verdient. Nur wenn wir kombinieren, Steuererleichterungen gepaart mit einer Schuldenbremse, die eingezogen werden soll - und die sehe ich bei der FDP nicht -, dann haben wir damit natürlich große Probleme, weil wir sagen, dass die von der FDP vorgeschlagenen Änderungen natürlich zu Lasten jetziger, aber auch zukünftiger Generationen gehen und daher ganz klar eine Absage an Nachhaltigkeit und sozialer Gerechtigkeit sind.

    Spengler: Hat es denn ausgerechnet die Große Koalition verdient, dass die Grünen ihr im Bundesrat helfen?

    Fegebank: Ich habe ja gerade schon mal gesagt, dass wir auf Bundesebene und unsere Bundestagsfraktion allen voran deutlich Kritik geübt haben an dem bisher geschnürten Paket.

    Spengler: Da war die Rede von Flickwerk, da war die Rede von Murks, von Voodoo-Ökonomie, und jetzt stimmen Sie zu?

    Fegebank: Genau, das ist richtig und dieser Spagat, der ist vielleicht nach außen hin schwer zu erklären. Wir haben aber gesagt, dass wir hier in einer Verantwortung stehen, in einer Regierungsverantwortung - sowohl in Bremen, als auch in Hamburg -, und da wollen wir natürlich unsere Spielräume nutzen und haben ganz deutlich Vorschläge gemacht, wie dieses Konjunkturpaket auch verbessert werden kann.

    Spengler: Also Sie wollen auch was rausholen?

    Fegebank: Beispielsweise bei der Abwrackprämie, und wir haben gesagt, keine weiteren Steuerentlastungen zu Lasten oder auf Lasten der zukünftigen Generationen. Deshalb haben wir gesagt, Zustimmung ja, aber Nachbesserung ist auch erforderlich.

    Spengler: Sie sagen, Nachbesserung bei der Abwrackprämie. Was denn genau?

    Fegebank: Im Moment ist vorgesehen, dass eine Euro-Abgasnorm IV vorgesehen ist für die Neuwagen, die gekauft werden. Da haben wir gesagt, das reicht nicht aus, wir wollen, dass am CO2-Ausstoß für Neuwagen noch mal tierisch gedreht wird, dass wir da nach unten gehen. Über die genauen Grenzwerte, die werden diskutiert werden. Wir wollen natürlich, dass da eine Klimakomponente auch in den Bereich der Abwrackprämie reinkommt.

    Spengler: Also die kriegt nur der, der sein Auto verschrottet und dann ein klimafreundliches Auto kauft?

    Fegebank: Genau, weil das der Weg ist, auch mit dieser Krise umzugehen und auch aus dieser Krise, die ja viele Bereiche treffen wird und schon getroffen hat, vielleicht gestärkt hervorzugehen, indem man überlegt, in welchen Bereichen können wir nachhaltig investieren, in welchen Bereichen entstehen perspektivisch Jobs, und deshalb haben wir auch gesagt, dass das Konjunkturpaket, was so vorgelegt ist, natürlich auf Kritik der Grünen stößt, weil Investitionen in Bereiche wie Bildung, Investitionen in Bereiche wie regenerative Energien, Klimaschutz, Umweltschutz natürlich deutlich zu kurz kommen. Das sind für uns die Bereiche, bei denen wir sagen, wir brauchen einen "green new Deal", da wollen wir vorangehen und nur so ist auch nachhaltig in die Zukunft zu schreiten.

    Spengler: Aber Sie verhandeln ja nach, wenn ich das richtig verstehe, nur über die Neuwagen. Was ist denn ein klimafreundlicher Neuwagen? Sind das nur kleine Autos, oder auch ein BMW?

    Fegebank: Das sind Autos, die einen sehr geringen CO2-Ausstoß haben und damit klimaverträglicher sind als die, die jetzt unter diesen großen Schirm der Euro-Abgasnorm IV subsumiert werden können.

    Spengler: Was heißt "sehr geringen CO2-Ausstoß"? Was heißt das?

    Fegebank: Von Bundesebene habe ich was von 140 Gramm gehört. Ich bin jetzt keine Expertin, was CO2-Ausstoß angeht, aber der muss deutlich geringer sein als der, den eben die Großwagen ausstoßen, die Sie auch gerade genannt haben.

    Spengler: Lassen Sie sich eigentlich von der Bundespartei instrumentalisieren?

    Fegebank: Nein! Wir lassen uns nicht instrumentalisieren, denn wir haben hier ganz klar gesagt, dass wir aus einer Regierungsverantwortung in Hamburg heraus - und unsere Kollegen in Bremen sehen das ähnlich - sehen, dass wir auch für Hamburg und eben auch für Bremen versuchen, das Konjunkturpaket zu nutzen, um auf zukunftsfähige Wege zu gehen. Deshalb haben wir hier vor Ort auch deutlich die Devise, dass wir nicht nur in Beton und Hafen, sondern vor allem in Investitionen von Bildung investieren wollen - mit dem Hamburger Paket, das umgesetzt wird. Von daher gehen wir hier einen eigenständigen Weg, weil wir eben in der Regierung auch eine Gestaltungsaufgabe wahrnehmen wollen, und das hat mit einer Instrumentalisierung nichts zu tun.

    Spengler: Die Landesvorsitzende der Grünen in Hamburg, Katharina Fegebank. Danke für das Gespräch, Frau Fegebank.