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Fehmarnbelttunnel
Gericht macht den Weg frei für den Tunnelbau

Das Bundesverwaltungsgericht hat die bisherigen Planungen für den Fehmarnbelttunnel klar bestätigt. Gegner des Projekts, wie die Naturschutzorganisation NABU, zeigen sich enttäuscht, Befürworter sehen die Chance, Skandinavien und Zentraleuropa stärker zu vernetzen.

Von Johannes Kulms | 03.11.2020
Auf Lolland nahe Rodbyhavn plant Femern AS auf diesem Areal die Errichtung einer riesigen Fabrik
Die dänische Ostseeinsel Lolland: Im kommenden Januar soll hier mit dem Bau einer Fabrik begonnen werden, in der die riesigen Tunnelelemente gefertigt werden. (Deutschlandradio / Johannes Kulms)
Menschen im Gerichtssaal, die sich nach dem gerade verkündeten Urteil euphorisch in die Arme fallen. In Corona-Zeiten wirken solche Bilder fast schon befremdlich. In Leipzig waren die Jubelstürme im Bundesverwaltungsgericht aber noch aus einem anderen Grund überraschend. Denn kaum jemand hatte damit gerechnet, dass das umstrittene Großprojekt Feste Fehmarnbeltquerung so durchgewunken wird. Um kurz nach 13 Uhr verkündete der Vorsitzende Richter Wolfgang Bier:
"Das Bundesverwaltungsgericht hat die Klagen abgewiesen. Der Planfeststellungsbeschluss für den deutschen Abschnitt der Festen Fehmarnbeltquerung hält der Überprüfung stand."
Über sechs Klagen hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden. Zwei Fährbetreiber, die Stadt Fehmarn sowie verschiedene Umweltschutzorganisationen – sie alle wehren sich seit vielen Jahren gegen den geplanten 18 Kilometer langen Tunnel zwischen Puttgarden und Rødbyhavn. Mit einem klagenden Landwirt war gestern noch eine außergerichtliche Lösung gefunden worden.
Selbst die Tunnelgegnerinnen und Tunnelgegner hatten zuletzt nur noch wenig Hoffnung, das Projekt komplett zu Fall zu bringen. Wohl aber, zumindest Nachbesserungen bei der Planung zu erreichen. Entsprechend enttäuscht zeigte sich Malte Siegert vom NABU. Die Naturschutzorganisation hatte ebenfalls in Leipzig geklagt.
"Ja also, was die deutsche Gerichtsbarkeit angeht, ist das Projekt vorbei. Wir haben das hier verloren, der Vorhabenträger kriegt Baurecht und das erkennen wir an. Es ist eben jetzt rechtlich entschieden worden, nicht in unsere Richtung. Das bleibt schade."
Mögliche Gefährdung für Schweinswale und Vögel
Das Tunnelprojekt gefährde die Schweinswale im Fehmarnbelt, das Vergraben der Tunnelelemente am Meeresgrund würde viele Sedimente aufwirbeln. Und auch den Vogelschutz sah der NABU in Gefahr.
Fehmarnbelt-Tunnel: die umstrittene Röhre
18 Kilometer lang, gut sieben Milliarden Euro teuer: Der geplante Fehmarnbelt-Tunnel zwischen Dänemark und Deutschland ist ein großes Projekt. Bis heute ist der Nutzen des Tunnels umstritten. Dennoch könnte ab dem kommenden Jahr gebaut werden.
Für die Leipziger Richter sind alle diese Punkte jedoch ausreichend von den Schleswig-Holsteinischen Planfeststellungsbehörden berücksichtigt worden. Auch hoben sie hervor, dass der Ostseetunnel weiterhin von der EU als eines der wichtigsten europäischen Verkehrsprojekte angesehen wird.
"Dass ist heute nicht der Tag, wo wir in Jubelgeheul ausfallen", erklärte am Nachmittag Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz. Der FDP-Politiker sieht den Tunnel als Chance, Skandinavien und Zentraleuropa stärker zu vernetzen. Nach der Bestätigung der Schleswig-Holsteinischen Planungsarbeit ging Buchholz auf die Tunnelgegner zu.
"Wir werden auch bei der Ausführung der Arbeiten auf die ökologischen Belange achten. Und werden auch gerade in dem Teil, der ja auch in den letzten Monaten eine wichtige Rolle gespielt hat, nämlich das Vorhandensein von Riffen, mit einem ergänzenden Verfahren dafür sorgen, dass auch diese Belange auch ordentlich beachtet werden. Und entweder eine Befreiung oder ein Ausgleich dafür vorgesehen wird."
Bundesrepublik zahlt lediglich den Ausbau der Straßen- und Schienenwege
Auch das Unternehmen Scandlines kassierte in Leipzig eine Niederlage. Die Reederei betreibt die Fähren, die heute mit 45 Minuten Fahrzeit das dänische Lolland und die deutsche Ostseeinsel Fehmarn miteinander verbinden. Heute brauchen Autos und Züge rund viereinhalb Stunden für die 340 Kilometer lange Strecke von Hamburg nach Kopenhagen. Durch den Tunnel, aber auch den Ausbau der Straßen und Schienenwege, soll sich die Fahrzeit fast halbieren.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer zeigte sich nach dem Urteil erfreut, "weil es nicht nur Klarheit schafft, sondern auch Beweis dafür ist, dass wir in Verantwortung für Landschaft und Umwelt Großprojekte planen können", so der CSU-Politiker in einer Telefon-Pressekonferenz.
Die Bundesrepublik wird bei dem Projekt lediglich den Ausbau der Straßen- und Schienenwege zahlen. Die Kosten dafür werden inzwischen jedoch auf rund 3,5 Milliarden Euro prognostiziert. Die Baukosten für den eigentlichen Tunnel sind doppelt so hoch. Doch diese will das dänische Königreich alleine tragen und durch eine Maut wieder reinholen. Schon im kommenden Januar soll auf Lolland mit dem Bau einer Fabrik begonnen werden, in der die riesigen Tunnelelemente gefertigt werden. Mit der heutigen Entscheidung haben die Richter in Leipzig dafür die letzten Hürden aus dem Weg geräumt.