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Fernsehrechte-Poker 2004

Kapérn: Klare Worte vom Präsidenten: Soviel Geld wie beim letzten Fernsehrechte-Poker werden die Fußballklubs im Jahre 2004, wenn wieder verhandelt werden muss, nicht noch einmal herausschlagen können, so Gerhard Mayer-Vorfelder, Chef des Deutschen Fußball-Bundes gestern. 1,53 Milliarden Euro hatten die Klubs bei den Verhandlungen mit Kirch herausgeholt, steht jetzt der Fernsehunternehmer vor dem Bankrott. In den letzten Tagen mehrten sich diejenigen, die Interesse an Teilen des Kirch-Konzerns äußerten. Das könnte den verbleibenden Rest retten. Zumindest vorläufig. Bei uns am Telefon nun Wolfgang Holzhäuser, Sport- und Finanzchef bei Bayer Leverkusen. Morgen muss Kirch die nächste Rate für die Fußball-Fernsehrechte überweisen, immerhin 100 Millionen Euro. Sind Sie sicher, dass das Geld kommt?

    Holzhäuser: Wir werden haben eine feste Zusage von Kirch Media, mit denen wir besprochen haben, dass am Freitag, also Morgen, die fällige Rate gezahlt wird, und wir haben auch entsprechende Bankbestätigungen.

    Kapérn: Wir wollen keine Horrorszenarien malen, Herr Holzhäuser, aber wir fragen uns natürlich alle, wie abhängig sind die Fußballvereine von Fernsehgeldern? Was würde passieren, wenn Kirch morgen nicht bezahlt?

    Holzhäuser: Ich gehe nicht davon aus, dass Kirch morgen nicht überweist. Ich gehe auch nicht davon aus, dass er die im Mai fällige vierte Rate nicht zahlt. Im Gegenteil, man muss immer wieder mal eine Lanze für Kirch brechen. Er hat uns in den letzten Jahren pünktlicher als viele andere, und zwar immer rechtzeitig, bedient, und ich sehe keine Anlass dafür, darüber nachzudenken, dass er eventuell morgen oder die vierte Rate im Mai nicht bezahlt. Natürlich ist es so, dass der Fußball von den Zahlungen Dritter abhängig ist. Das ist in diesem Geschäft nun mal nicht anders machbar, etwa dreißig Prozent der Budgets der Vereine hängen von den Fernsehgeldern ab. Das lässt sich nicht ändern. Wenn man Spitzenfußball sehen will, braucht man auch die entsprechende flüssige Masse, sprich Geld. Man braucht das Fernsehgeld, die Abhängigkeit ist unbestritten, aber daran lässt sich nichts ändern.

    Kapérn: Welche Konsequenzen ziehen Sie für sich, für Bayer Leverkusen und für das gesamte Gebaren der Liga aus dem Wackeln des Kirch-Konzerns?

    Holzhäuser: Man wird sich für die Zukunft sicherlich Gedanken darüber machen müssen, ob man, wenn man wieder Fernsehverträge abschließt, wovon man ja ausgehen kann, ob man diese Verträge mit einem einzigen abschließt oder eventuell mit mehreren Anbietern. Die Situation vor zwei Jahren, als der Vertrag abgeschlossen wurde, war natürlich etwas anders. Da hatte, und so ist es wohl auch heute noch, Kirch ein Monopol auf dem Markt. Zukünftig wird das vielleicht nicht mehr so sein, so dass man dann entsprechend reagieren kann.

    Kapérn: Gefragt, wer denn einspringen würde, wenn Kirch nun ausfalle, haben alle großen TV-Veranstalter mit ganz spitzen Fingern reagiert. Macht Sie das besorgt?

    Holzhäuser: Wissen Sie, zwischen dem was dann öffentlich gesagt wird und dem was möglicherweise intern diskutiert wird, gibt es oftmals Unterschiede. Ich mache mir da aber derzeit nicht so die Sorgen, wie sie von außen teilweise an uns herangetragen werden. Ich glaube, dass Kirch Media stark genug ist, die jetzt ohne Zweifel vorhandene Krise zu überstehen. Es gibt durchaus Anzeichen in den letzten Tagen, die uns optimistisch stimmen. Trotz allem, ich bleibe dabei, man wird in der Zukunft darüber nachdenken müssen, ob man sämtliche Fernsehrechte in eine Hand vergibt, oder ob man versucht, auch wenn man dafür möglicherweise geringere Einnahmen in Kauf nehmen muss, die Rechte an verschiedene Anbieter zu geben.

    Kapérn: Rechnen Sie mit einer Preisspirale nach unten, nachdem ja das Pokern um die Fernsehrechte gigantische Höhern erreicht hatte, weil auch die Fernsehveranstalter gemerkt haben, dass das Geldverdienen mit dem Fußball gar nicht so leicht ist?

    Holzhäuser: Ich bin da nicht ganz so pessimistisch wie der Präsident des DFB. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass man zum richtigen Zeitpunkt mit der richtigen Vermarktungsstrategie die Beträge, die man jetzt von den Fernsehanstalten bekommt, durchaus halten kann. Das setzt aber voraus, dass man eine geschickte Vermarktungsstrategie aufbaut. Das ist im Moment schlecht möglich, aber ich glaube, dass man in zwei drei Jahren da neu drüber nachdenken kann. Man wird sicherlich mehr Schwierigkeiten haben, als es in der Vergangenheit der Fall war. Deswegen aber schon von einer Preisspirale nach unten zu sprechen, das halte ich für zu pessimistisch.

    Kapérn: Sie haben also den Spielern von Bayer Leverkusen noch nicht angedeutet, dass sie möglicherweise in Zukunft den Gürtel enger schnallen müssen?

    Holzhäuser: Wir haben dem einen oder anderen Spieler schon gesagt, dass er in Zukunft enger schnallen muss. Das liegt aber mehr an einer Veränderung unserer Vertragsstruktur. Ich glaube, dass in der Zukunft die Löhne der Spitzenspieler weiter steigen werden. Das wird man nicht verhindern können, und ich halte das auch für richtig. Denn ein Spieler, der absolute Spitzenleistung bringt, der soll auch absolute Spitzengehälter bekommen. Ich glaube aber, dass die Masse der Spieler, die vielleicht nicht so in der ersten Reihe stehen, sich in der Zukunft daran gewöhnen müssen, etwas weniger zu verdienen.

    Kapérn: Zwei Ihrer Kollegen, Rudi Assauer und Uli Hoeneß, haben den Vorschlag ins Gespräch gebracht, einen Sonderzuschlag auf die öffentlich-rechtlichen Fernsehgebühren zu erheben, damit die öffentlich-rechtlichen Sender die Rechte am Fußball kaufen können. Was halten Sie davon?

    Holzhäuser: Von dem Vorschlag halte ich sehr wenig, ich halte es auch für strategisch sehr unklug, derartige Äußerungen zum derzeitigen Zeitpunkt zu machen. Ich bleibe aber auch bei dem, was ich seit Jahren sage, dass man im Free-TV, also im nicht bezahlten Fernsehen, die öffentlich-rechtlichen Sender als die ersten Partner der Wahl betrachten sollte. Ich glaube auch, dass bei den öffentlich rechtlichen Interesse da ist, die Frage ist, ob sie das finanzieren können. Denn wir können uns es nicht leisten, ein so wertvolles Gut wie den Fußball den Öffentlich-Rechtlichen für wenig Geld abzugeben. Auch da werden diese Sender, wenn sie die Rechte irgendwann wieder haben wollen, mehr bezahlen müssen, als sie in der Vergangenheit bereit waren. Wie sie das finanzieren, ist nicht unser Bier. Auf jeden Fall bleibe ich dabei, den Vorschlag von den Kollegen Hoeneß und Assauer, den hätte man jetzt besser erst mal in der Schublade gelassen.

    Kapérn: Aber haben Sie nicht nach dem, was Sie gerade gesagt haben, Verständnis für die Zurückhaltung manch eines öffentlich-rechtlichen Intendanten, der sagt, diese weiter steigenden Spitzengehälter von Fußballern, die Sie gerade angekündigt haben, die können wir doch nicht durch Rundfunkgebühren bezahlen?

    Holzhäuser: Das ist natürlich sehr populistisch gesagt, und in dieser Form wird es auch nicht gesagt. Wissen Sie, ich sehe das etwas anders. Ich denke, ein öffentlich-rechtlicher Sender hat den Auftrag, eine Art Grundversorgung für den Zuschauer herzustellen. Und zur Grundversorgung gehört sicherlich, dass man den Sport der Deutschen, den Fußball, dem Fernsehzuschauer näher bringt. Dafür muss man natürlich nicht jeden Preis bezahlen. Man muss aber bereit sein, einen bestimmten Marktpreis zu riskieren. Ob der Marktpreis so hoch ist wie derzeit, das steht auf einem anderen Blatt. Wenn man es aber nicht bezahlen will, dann darf man auch nicht darüber jammern.