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Feuerfestes Plastik-Kabel

Technik. - Kabel sind stets neuralgische Punkte in Flugzeugen oder Gebäuden, denn ihre Brandfestigkeit entscheidet darüber, wie lange sie unter Hitze wichtige Signale übermitteln können. Australischen Forschern gelang dabei jetzt ein wichtiger Fortschritt.

27.06.2005
    Kabelbrände gehören zu den Albträumen von Ingenieuren, denn ganz im Verborgenen bahnt sich dabei eine Katastrophe an, die oft zu spät entdeckt wird. Erst wenn die Ummantelungen schmelzen, es zu Kurzschlüssen kommt und Fahrstühle oder wichtige Steuerungen an Bord von Flugzeugen ausfallen, besteht kein Zweifel mehr. Um diesen Moment so weit wie möglich hinaus zu zögern, widmete sich Professor Yi-Bing Cheng von der Monash Universität in Melbourne im Auftrag eines Kabelherstellers dem Problem - und kam zu einer verblüffenden Lösung:

    "Dies ist ein herkömmliches dreiadriges Stromkabel. Es ist genauso flexibel wie ein ganz gewöhnliches Netzkabel. Aber bei großer Hitze verwandelt sich diese farbige Isolierung aus Plastik in eine Keramik."

    Sechs Jahre lang arbeitete Cheng, um schließlich zu der erstaunlichen Isolierung zu kommen. Doch vor der Zulassung des Produktes setzten die staatlichen Prüfer einen wahrhaft diabolischen Test: In einem Ofen von 1050 Grad Celsius musste der Stromleiter drei Minuten überstehen. Damit nicht genug, denn kaum dem Feuer entronnen, wurde das Hightech-Kabel sofort in kaltes Wasser getaucht. Während der gesamten Zeit durfte eine durch das Kabel mit Strom versorgte Glühlampe nicht verlöschen - so die Forderung der Ingenieure. Und das Material absolvierte die Herausforderung mit Bravour.

    "Nach dem Erhitzen ist die Ummantelung vollständig keramisch. Sie hat ihre ursprüngliche Farbe verloren und ist überhaupt nicht mehr biegsam. Sie sehen aber, dass die drei Adern des Kabels immer noch ihre ursprüngliche Form haben und dass die Isolierung zwischen den Kupferdrähten intakt ist."

    Diese Verwandlung mutet geradezu alchemistisch an, stellen doch die Polymere mit ihren Riesenmolekülen einerseits und die anorganischen Keramiken andererseits völlig unterschiedliche Materialklassen dar. Während die Kohlenstoffketten der Polymere relativ früh Feuer fangen, eignen sich die spröden Keramiken kaum für geschwungene Kabelschächte.

    "Aber eines ist beiden gemein: Sie leiten keinen elektrischen Strom. Diese Unterschiede und Gemeinsamkeiten machen wir uns zunutze."

    Statt einer zusätzlichen mineralischen Schutzschicht zwischen Kupferdraht und Plastikisolierung wie bei herkömmlichen feuerfesten Kabeln, mischt Yi-Bing Cheng Mineral-Füllstoffe direkt in das Plastik ein. Damit wird überdies die Herstellung preiswerter. Was genau aber den Polymeren beigemengt ist, will der Forscher nicht verraten. Aber immerhin soviel:

    "Wir haben ein Material entwickelt, in dem das isolierende Polymer bei Temperaturen oberhalb von 400 Grad Celsius komplett verbrennt. Zurück bleiben dann nur die keramischen Füllstoffe, die sich verbinden und so eine Keramik bilden."

    [Quelle: Ralf Krauter]