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FIFA-Ethikkommission
Politisch motivierte Absetzung?

Sie hatte sich ihr Ansehen in den vergangenen Jahren – auch durch die Absetzung von FIFA-Boss Sepp Blatter – erarbeitet: die FIFA-Ethikkommission. Nun wurde ihre Spitze abgesetzt. Über die wahren Gründe wird viel gemutmaßt: Waren die beiden Kommissionschefs zu unangenehm für FIFA-Boss Infantino?

Von Marina Schweizer |
    Logo der FIFA vor dunklem Himmel
    FIFA-Zentrale in Zürich (FABRICE COFFRINI / AFP)
    Mit welcher Begründung wurden die beiden abgesetzt?
    Offiziell gab es zunächst keine Begründung, der FIFA-Chef Gianni Infantino sagte nach der Sitzung des FIFA-Councils in Bahrein nichts dazu. Interne Quellen hatten berichtet, dass den Mitgliedern des FIFA-Councils gesagt worden sei: Die beiden Chef-Ethiker hätten sich nicht zur anstehenden Wiederwahl angemeldet.
    Aber: Sowohl der Chef der rechtssprechenden Kammer, der deutsche Richter Hans Joachim Eckert, als auch der Schweizer Cornel Borbely haben das zurückgewiesen. Sie fühlen sich hintergangen und Borbely sagte: "Die Absetzung war unnötig und deswegen ausschließlich politisch motiviert."
    Gianni Infantino hatte wohl auch von Kritik an zu starker Europa-Lastigkeit in der Kommission gesprochen. DFB-Chef Reinhard Grindel hat heute mitgeteilt, er habe sich während der Sitzung energisch für den Verbleib der beiden FIFA-Chefethiker eingesetzt.
    Welchen Stellenwert hat denn diese "unabhängige" Ethikkommission?
    Man kann durchaus sagen: Sie hat sich in den vergangenen beiden Jahren Ansehen erarbeitet. Lange Zeit wurde die Unabhängigkeit und Durchsetzungskraft angezweifelt. Gerade, wenn es um Top-Personalien in der FIFA von Sepp Blatter ging. Im jüngsten großen Korruptionsskandal hat die Kommission aber ihre Unabhängigkeit unter Beweis gestellt: Sie war es, die sowohl den damaligen Chef Blatter als auch UEFA-Boss Michel Platini gesperrt und damit auch aus dem Sport verbannt hat.
    Und sie hat auch in der selbst ernannten "neuen FIFA" weiter gemacht und vergangenes Jahr auch gegen den neuen und aktuellen FIFA-Chef Gianni Infantino ermittelt. Er war wegen Privatjet-Flügen und anderen Eskapaden ins Visier geraten. Diese Untersuchung ist zwar inzwischen eingestellt – aber es zeigt: Die Kommission war auch für ihn schon unbequem.
    Muss diesen Verband die Kritik überhaupt kümmern?
    Absolut und mehr denn je. Die US-Justiz hat seit der Verhaftungswelle damals 2015 beim FIFA-Kongress in Zürich nicht geschlafen. Sie ermittelt ja unter dem Anti-Mafia-Gesetz "Rico" und hat schon des öfteren gedroht: Der Opferstatus, den die FIFA in diesen Ermittlungen genießt, könnte zum Täterstatus werden. Und zwar, wenn die FIFA nicht ernsthaft Reformen angeht und glaubhaft in ihrem Verband aufräumt.
    Was jetzt mit der Ethikkommission passiert ist, dürfte bei den US-Ermittlern nicht gut ankommen. Also vielleicht schon bald der große Knall: Täterstatus und dann könnte die FIFA von der Justiz wie eine mafiaähnliche Vereinigung auseinandergenommen werden. Noch ist es nicht so weit.
    Was bedeutet diese Entscheidung für die Zukunft der FIFA-Ethikkommission?
    Das dürfte den Reformprozess erst einmal aus bremsen – das sehen nicht nur die beiden Geschassten so. Ist ja auch logisch: Jetzt müssen sich erst einmal Nachfolger in hoch komplizierte Verfahren einarbeiten. Cornel Borbely sagte heute: Der Ethik-Code sei nun ein wertloses Stück Papier und es gebe keine Garantien, dass die laufenden Verfahren fortgesetzt würden.
    Das betrifft auch Ermittlungen rund um den deutschen WM-Skandal – es ist ja immer noch nicht geklärt, was hinter ominösen Millionenzahlungen rund um die Vergabe der WM 2006 gesteckt hat.
    Für den Zürcher Staatsanwalt Borbely, der als Chefermittler die Schlüsselrolle im Komitee einnahm, kommt als Chefermittlerin jetzt die kolumbianische Anwältin Rojas. Sie hat bisher keine Erfahrung auf diesem Gebiet. Für Eckert kommt der Grieche Skouris, bis 2015 Präsident des Europäischen Gerichtshofes.