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FIFA
IG BAU fordert Schutz der Bauarbeiter in Katar

Das Gastgeberland für die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 hatte vor einem Jahr versprochen, im Umgang mit ausländischen Arbeitskräften Reformen einzuleiten. Nun hat die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt sich zu den Arbeitsbedingungen und der Verantwort der FIFA geäußert.

Von Brigitte Scholtes | 28.05.2015
    Baustelle des Khalifa Stadions in Katars Hauptstadt Doha
    Baustelle des Khalifa Stadions in Katars Hauptstadt Doha (dpa / picture alliance / Sven Hoppe)
    Eine radikale Erneuerung des Weltfußballverbandes FIFA muss her. Das fordern die IG Bau und Amnesty International. Dietmar Schäfers, stellvertretender Vorsitzender der IG Bau:
    "Ich hoffe doch sehr für den Sport, für den Fußball, dass man jetzt die Kurve kriegt und sich bei der FIFA erneuert, grundsätzlich erneuert, und das schafft man nicht bei Herrn Blatter, und das schafft man nicht mit den offensichtlich hochkriminellen Funktionären, sondern die FIFA muss sich jetzt erneuern mit einer ganz neuen Spitze. Und dann habe ich auch wieder Hoffnung, dass der Sport im Mittelpunkt steht und nicht Korruption und unmoralische Verhältnisse."
    Bedingungen als menschenunwürdig bezeichnet
    Die Gewerkschaft hatte heute zusammen mit der Menschenrechtsorganisation Amnesty International abermals auf die Situation an den Baustellen in Katar verwiesen. Dort seien die Bedingungen weiterhin menschenunwürdig und sklavenähnlich. Zurzeit arbeiteten mindestens 1,5 Millionen Gastarbeiter in Katar, von denen im Schnitt einer pro Tag an Erschöpfung oder Herzversagen sterbe, sagte Regina Spöttl, Amnesty-Expertin für die Golfstaaten:
    "Die schlimmsten Arbeitsbedingungen sind zweifellos im Freien bei fast 50 Grad Hitze im Sommer und fast 90 Prozent Luftfeuchtigkeit. Diese Menschen müssen da bis zu 14 Stunden am Tag arbeiten, auch über die heißen Mittagsstunden. Das hat Katar zwar gesagt, man hätte das jetzt eingedämmt. Aber unser Ermittler, der da war, hat mit mehreren hundert Arbeitnehmern gesprochen, und die haben gesagt, nein, nein, wir müssen durcharbeiten, das ist ganz klar."
    Die Gastarbeiter würden zudem von Arbeitsagenturen in ihren Heimatländern unter falschen Versprechungen gelockt, sagt die Menschenrechtsexpertin:
    "Die Entsendeländer sind auch in der Pflicht, diese Agenturen zurückzupfeifen, die den jungen Leuten, die nach Katar kommen wollen und arbeiten wollen, horrende Summen an Vermittlungsgebühren abfordern und dazu beitragen, dass sich die Familien völlig überschulden und das auch Vorschub leistet zu einer Gefangenenlage in den Ländern selber. Denn die können ja nicht mehr zurück. Die müssen ja erst mal ihre Schulden zu Hause abarbeiten und können dann erst zurück."
    "Viele tragen die Verantwortung"
    Einen Fortschritt habe er in den vergangenen zwei Jahren nicht erlebt, sagt Dietmar Schäfers von der IG Bau, der selbst mehrfach vor Ort war. Der öffentliche Druck müsse viel größer werden:
    "Da tragen sehr viele Verantwortung: Das ist die FIFA, das sind die Sponsoren, die ihr Geschäft natürlich machen wollen, es sind sehr viele drumrum, die einfach jetzt auf den Tisch klopfen müssten und sagen, FIFA, so geht's nicht weiter, ihr müsst euch radikal verändern. Der Sport muss wieder im Mittelpunkt stehen und nicht Korruption und Unmoral."
    Die FIFA aber habe es in der Hand, diese Bedingungen in Katar zu ändern, glaubt Schäfers:
    "Die FIFA muss die Vergabebedingungen für solche Fußball-Weltmeisterschaften verändern, und da hat sie bisher noch überhaupt nichts dran getan."
    Zwar gebe es einige Vorzeigebaustellen, die von westlichen Baufirmen betrieben würden. Gerade die müssten dann dafür sorgen, dass auf ausländischen Baustellen die Arbeitnehmer auch von Subunternehmen sich flächendeckend gewerkschaftlich betätigen dürften.