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FIFA-Medienkampagne
Ablenkung von den Ermittlungen gegen Infantino

Gegen FIFA-Präsident Infantino wird in der Schweiz wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch ermittelt. Die Konsequenz müsste eigentlich sein, dass Infantino innerhalb des Verbands suspendiert wird. Doch stattdessen sucht sich die FIFA nun ein anderes Thema und geht gegen ihren ehemaligen Reformchef zum Angriff über.

Von Thomas Kistner | 10.08.2020
Gianni Infantino schaut bei einer Pressekonferenz skeptisch.
Gegen FIFA-Präsident Gianni Infantino läuft in der Schweiz ein Verfahren (Zhou Junxiang/picture alliance/dpa)
In dem Bemühen, von den Strafermittlungen gegen Präsident Gianni Infantino abzulenken, verliert der Fußball-Weltverband Fifa zunehmend die Kontrolle. Drei Anwälte wurden angeheuert, um die massiven Verdachtsmomente gegen Infantino auf Anstiftung zum Amtsverrat medial zu verwässern.
Zugleich erteilte sich Infantino in einem Wochenendbrief an alle 211 Nationalverbände selbst die Absolution, ohne auf konkrete Vorwürfe der Justiz einzugehen. Er selbst ist abgetaucht, die Fifa lässt er Scheingefechte führen.
Der Schotte Alasdair Bell treibt eine Medienkampagne voran. Der Vize-Generalsekretär, der schon bei der Uefa unter Infantino arbeitete, griff am Wochenende im Doppelpass mit dem Schweizer Boulevardblatt "Blick" den früheren Fifa-Reformchef Mark Pieth an. Der Basler Antikorruptions-Experte hatte sich wiederholt kritisch zu Infantino geäußert.
Mark Pieth
Mark Pieth (Imago)
Pieth hätte als Reform-Chef unter Infantinos Vorgänger Sepp Blatter 2,5 Millonen Franken für sich und sein Institut kassiert – "für nichts", lautet der orchestrierte Vorwurf der Fifa und der Klatschpostille. Pieth selbst hätte 215.000 Franken eingestrichen. Und die von ihm berufenen Experten seien nicht unabhängig gewesen, weil Pieth ihre Namen zuvor Blatter vorgelegt habe.
Der Basler Strafjurist konterte die Vorwürfe scharf. Bell verdrehe drastisch die Fakten, teilte er über die Universität Basel mit. Infantino empfahl er, wenn ihm der Schweizer Rechtsstaat nicht passe, solle er die Fifa doch in ein Land umsiedeln, das besser zu seinem Geschäftsstil passe.
Zu den Kosten stellt Pieth klar, dass sich die 2,5 Millionen Franken auf die Gesamttätigkeit der Reform-Kommission unter ihm und seinem Institut über drei Jahre hinweg beziehe; inklusive Spesen und Honorare für ein Dutzend profilierter Rechtsexperten aus aller Welt. Er selbst, so Pieth, habe "kein Geld" erhalten. Berechnet habe er nur die effektive Arbeitszeit und das Geld an die Uni abgeführt. Der reichen Fifa habe man ja nicht auch noch öffentliche Geschenke machen wollen.
Zum Vorwurf, sein Job sei Geldverschwendung und seine Experten seien befangen gewesen, verwies Pieth auf die Realität: Die von ihm berufenen Chefs des Ethikkomitees, der Schweizer Cornel Borbely und der Münchner Strafrichter Hans-Joachim Eckert, hatten 2015 sogar Blatter und den Uefa-Präsidenten Michel Platini gesperrt, die höchsten Funktionäre des Weltfußballs.
Infantino hingegen hat diese beiden umgehend gefeuert – und sie mit nachweislich abhängigem Personal ersetzt. Bells misslungene Medienkampagne wird so zum nächsten Eigentor für die Fifa.