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FIFA-Präsidentenwahl
"Es wären vier verlorene Jahre"

FIFA-Präsidentschaftskandidat Luis Figo hat sich im Interview mit dem Deutschlandfunk deutlich für Veränderungen im umstrittenen Fußball-Weltverband ausgesprochen. Auch zu einem möglichen Zusammenschluss der drei Kandidaten gegen Sepp Blatter äußerte sich der Portugiese.

Luis Figo im Gespräch mit Philipp May | 28.03.2015
    Ex-Fußballer Luis Figo auf dem UEFA-Kongress in Wien.
    Luis Figo ist Kandidat für die FIFA-Präsidentenwahl am 29. Mai 2015. (picture-alliance / dpa / Antonio Sánchez Solís)
    Philipp May: Luis Figo, was für ein Image hat die FIFA derzeit ihrer Meinung nach?
    Luis Figo: Ich denke, dass das Image der FIFA in den letzten Jahren auf einem Tiefpunkt angekommen ist. Es gab so viele Korruptionshinweise und Berichte über fehlende Transparenz. Bei der letzten Weltmeisterschaft in Brasilien hat es so viele Proteste gegeben im Zusammenhang mit dem besten Wettbewerb der Welt. Logisch, dass das nicht gut ist für eine Organisation in der Führungsrolle, die sich um den Fußball in der Welt und um seine Mitgliedsverbände kümmern soll.
    May: Und was denken Sie, wie groß ist da die Verantwortung von Sepp Blatter?
    Figo: Wenn du Präsident bist, musst du dafür sorgen, dass deine Organisation nicht in so einen Zustand gerät. Und Herr Blatter ist schon sehr lange Präsident. Logisch hat er auch wichtige Sachen gemacht. Aber wenn Gerüchte aufkommen oder es Umstände gibt, die das Image einer Organisation ramponieren, dann muss man für Aufklärung und größtmögliche Transparenz sorgen.

    May: Sepp Blatter ist der einzige der vier Präsidentschaftskandidaten ohne Wahlprogramm. Er sagt, dass er keins braucht, weil sein Wahlprogramm sei ja seine Arbeit der letzten Jahre, wie finden sie das?
    Figo: Ich glaube, jeder braucht Ideen für die Zukunft des Fußballs, braucht ein Programm, muss sich modernisieren. Wenn du das nicht hast, dann lehnst Du dich zurück und das ist nicht gut - in keiner Organisation. Du musst jeden Tag darüber nachdenken, wie du dich verbessern kannst. Und ich glaube, dass es in einer Kampagne immer wichtig ist, deine Ideen zu präsentieren - schon allein vor den Verbänden, die ja den Präsidenten wählen. Aber der Fußball gehört auch den Fans und vielen anderen Menschen. Alle müssen wissen, in welche Richtung sich die Organisation bewegt, die den Weltfußball steuert.
    "Wer kein Wahlprogramm braucht, scheint in einer komfortablen Situation zu sein"
    May: Und wirkt das für sie nicht etwas arrogant, wenn der Präsident sagt: 'Ich brauche kein Wahlprogramm'?
    Figo: Ach, so etwas ärgert mich nicht. Ich glaube, jeder wählt seine Strategie so, wie sie am besten zu seiner Kampagne bis zur Wahl am 29. Mai passt. Und wenn es Leute gibt, die ein Wahlprogramm nicht nötig haben, dann befinden sie sich mit Sicherheit in einer komfortablen Situation.
    May: Sie waren auf Platz berühmt und geliebt für ihre offensive Spielweise, heute wirken sie aber defensiver. Warum?
    Figo: Ganz und gar nicht. Zunächst einmal war ich vor allem deshalb immer ein offensiver Spieler aufgrund meiner Position, die ich gespielt habe. Jetzt möchte ich aber auch nicht als Ex-Spieler gesehen werden. Ich bin in einer Position in der man, wenn man alles zusammennimmt, ein wichtiges, gutes Wahlprogramm präsentieren muss, was ich, denke ich, getan habe. Und dann versucht man damit die richtigen Personen zu überzeugen. Mein Wahlprogramm steht für den Wandel einer Organisation, die in den letzten Jahren aus Sicht der meisten Leute für einen Mangel an Transparenz und Führung steht. Also ich spiele nicht defensiv, im Gegenteil. Ich glaube, ich präsentiere meine Ideen so, dass ich mit diesen Ideen die Leute überzeugen kann, die am Ende entscheiden.
    May: Sie haben gerade gesagt, dass Blatter gerade in einer sehr komfortablen Situation ist. Wir haben mit einigen FIFA-Exko-Mitgliedern gesprochen und die haben uns gesagt, dass die Chance, dass Sie am 29. Mai zum Präsidenten gewählt werden, sehr klein ist. Was denken Sie? Ist das auch ihr Gefühl?
    Figo: Gut, ich weiß natürlich nicht was am 29. Mai passieren wird. Das kann niemand wissen. Aber ich vertraue darauf, dass etwas Gutes geschehen kann. Ich beabsichtige eine Reihe von Änderungen und ich hoffe, dass sich die Leute der Chance, die sie haben, bewusst sind. Den in meinen Augen wären es vier verlorene Jahre, wenn alles so bleibt oder aber wir können in vier Jahren die gesamte Struktur ändern und modernisieren.
    "Ich denke nur daran bis ins Finale zu kommen"
    May: Kann die Situation eintreten, dass Sie, die drei Kandidaten die gegen Blatter im Ring stehen, sich zusammenschließen und am Ende gemeinsam mit dem aussichtsreichsten Kandidaten antreten?
    Figo: Ich weiß es nicht. Mir gefällt diese Position nicht und ich mag darüber auch nicht reden, weil es im Moment nicht die Realität ist. Ich lasse mir diese Möglichkeit auch nicht durch den Kopf gehen, weil ich nur daran denke, bis ins Finale zu kommen, aber ich kann Ihnen auch nicht sagen, was passieren wird, weil ich nicht in die Zukunft gucken kann.
    May: Was ist ihre Meinung zur WM in Katar im Winter - als ehemaliger Spieler?
    Figo: Klar ist es keine normale Situation, logisch, aber die Entscheidung in den Winter zu gehen war gerade im Hinblick auf die Spieler die bestmögliche. Und bis jetzt gibt es keine Beweise, dass die Wahl Katar auf nicht korrekte Art und Weise zustande gekommen ist. Deshalb glaube ich, dass wir alle - jetzt wo die Entscheidung getroffen ist - mithelfen sollten, dass auch diese WM ein großer Erfolg wird.
    May: Glauben Sie, dass es ein Fehler war, Katar die WM zu geben?
    Figo: Ich glaube nicht, dass es ein Fehler war. Ich glaube das, solange nicht bewiesen ist, dass die WM-Vergabe illegal gewesen ist. Wer entscheidet denn im Fußball? Jetzt ist das der FIFA-Kongress, aber davor war es das Exekutivkomitee. Ich glaube, das ist der geeignete Ort gewesen um den Fußball voranzubringen und die WM zum größten Event der Erde zu machen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu Eigen.