Archiv

Film "Meteora"
Orthodoxe Liebe

Der Film "Meteora" von Spiros Stathoulopoulos spielt in den gleichnamigen Klöstern in Thessalien: Weitab von aller Weltlichkeit leben Mönche und Nonnen in strenger Askese. Doch Theodorus und Urania suchen immer wieder den Kontakt zueinander. Mit der Zuneigung wächst auch die Zerrissenheit zwischen spiritueller Hingabe und erotischer Anziehung.

Von Josef Schnelle |
    Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
    Der griechische Mönch Theodoros (Theo Alexander) und die russisch-orthodoxe Nonne (Tamila Koulieva-Karantinaki) in einer Szene des Kinofilms "Meteora". (picture alliance / dpa / Kairos Filmverleih)
    Scheinbar schwebend zwischen Himmel und Erde thronen auf hohen Sandsteinfelsen die Klöster von Meteora in Thessalien. Weitab von aller Weltlichkeit leben hier Mönche und Nonnen in strenger Askese. Ihre Klöster sind voneinander getrennt durch tiefe Schluchten. Der junge Mönch Theodorus und die Nonne Urania haben sich den strikten Ritualen und Gebräuchen ihrer orthodoxen Orden untergeordnet. Selten steigen die Mönche und Nonnen hinab ins Tal, wo die Bauern einem anderen Lebensrhythmus folgen, dem ewigen Kreislauf der Natur. Eines Tages treffen Theodorus und Urania zufällig aufeinander und suchen daraufhin immer wieder den Kontakt zueinander. Doch mit der Zuneigung wächst auch die Zerrissenheit zwischen spiritueller Hingabe und erotischer Anziehung.
    Theodorus und Urania spüren die erotische Anziehung
    Theodorus und Urania müssen sich fragen, wem sie ihr Leben und ihre Liebe widmen wollen. Theodoros ist sowieso schon hin- und hergerissen zwischen seiner spirituellen Berufung und dem einfachen bäuerlichen Leben zu Füßen von Meteora. Das Refugium der Nonne aber ist so unzugänglich, dass sie sich in einem Netz abseilen lassen muss, um überhaupt den Boden zu erreichen. Es gibt für sie keinen anderen Weg in die profane Welt. Urania und Theodorus treffen sich zum Picknick, flirten miteinander und schließlich kommt es in einer Höhle zur geschlechtlichen Begegnung.
    Sex in der Höhle
    Die ist allerdings inszeniert wie eine spirituelle Erfahrung der besonderen Art, durchaus den religiösen Ritualen verwandt, die das Alltagsleben der beiden bestimmen. (Die Mutter-Oberin schaut die junge Nonne so an, als könne sie ihr tief ins Herz blicken. Bruder Theodorus gleichermaßen fromm und von der Liebe geleitet, weicht kaum von seinem Weg ab.) Alles ist Meditation und Poesie in diesem Film. Die Lichtzeichen, die der Mönch als Botschaft in die Klosterzelle der Nonne schickt. Die Kerzen, die sie wechselseitig in tiefen Gedanken aneinander entzünden. Die einsamen Wege, die sie tatsächlich zueinander führen.
    Fast dialogfreier Film
    Der Regisseur erzählt die zarte Liebesgeschichte mit der Schlichtheit eines frommen Gedichts. Immer häufiger treffen sich die beiden, deren Liebe den Klosterregeln natürlich widerspricht. Dass die Liebe jedoch eine Himmelsmacht ist, der man sich fugen sollte - das wird in diesem fast dialogfreien Film (der in einer deutsch synchronisierten Fassen ebenso wie in einer untertitelten Fassung in den Kinos zu sehen sein wird) mehr als wörtlich genommen. Regisseur Stathoulopoulos nimmt seine Geschichte zum Anlass über die großen Fragen des Lebens in ganz einfachen Bildern zu philosophieren. Manchmal benutzt er auch naive Zeichentrickelemente, um der Geschichte etwas von ihrer Emotionalität zu nehmen und in kurzen Sequenzen das bis dahin Gesehene zusammen zu fassen und auf den Punkt zu bringen.
    Meteora ist keine Kritik am Zölibat
    Unten flötet der Hirte und ein großer Bär kostet die reifen Früchte, bevor der Mönch es ebenfalls versucht. Damit das keinesfalls falsch verstanden wird: Meteora ist keine Kritik am Zölibat, das im orthodoxen Glauben außerhalb der Klostermauern auch gar nicht existiert. Vielmehr feiert der Film die Utopie der wahren Liebe, die mit einem Lächeln beginnt und in eine verzauberte Leiblichkeit mündet. Als Feier der klösterlichen Meditation fordert der Film selbst zur Meditation auf und erinnert daran, dass Kinos oft den Grundriss eines Kirchenschiffs imitieren. Der Filmabend mit „Meteora" ist jedenfalls ein die Sinne anregendes und spirituelles Erlebnis. Die Liebe hat einen ganz besonderen Klang, der nicht nur in den Klöstern der thessalischen Felsenformationen zu hören sein dürfte.