Samstag, 04. Mai 2024

Archiv


Filme erhalten, Geschichte sichtbar machen

Das Jubiläum wird etwas früher gefeiert, aber was tut man nicht alles für den Film: Eigentlich jährt sich Gründung der Deutschen Kinemathek in Berlin erst am 1. Februar zum 50. Mal. Doch dann muss schon die Berlinale vorbereitet werden, also legt man die Festlichkeiten für das wichtige Filmarchiv ein wenig vor.

Von Bernd Sobolla | 24.01.2013
    1931 verfilmte Gerhard Lamprecht "Emil und die Detektive" und machte aus Erich Kästners Kinderbuch einen Filmklassiker. Fotos von den Filmarbeiten und einige Drehbuchseiten kann man heute im "Museum für Film und Fernsehen" besichtigen. Aber viel wichtiger: Gerhard Lamprecht schuf mit seiner Privatsammlung die Basis für die Deutsche Kinemathek und wurde 1963 ihr erster Direktor:

    "Genauso bin ich mir bewusst, welch große Verantwortung auf mir liegt, dass ich dieses Institut, das jetzt in die Öffentlichkeit treten soll, richtig führe, dass genau zu überlegen ist, wie diese Filme, die ja ein unersetzliches Kulturgut darstellen, auch für die Zukunft aufgehoben werden können."

    Lange Zeit war die Deutsche Kinemathek vor allem eine Anlaufstelle für Wissenschaftler, Filmfestivalmacher und Kinobetreiber. Erst mit dem Umzug von Charlottenburg zum Potsdamer Platz im Jahr 2000 konnte der alte Traum eines eigenen Museums verwirklicht werden, in das jährlich über 100.000 Besucher strömen. Das ursprüngliche Konzept Kameras, Projektoren und viel Technik zu zeigen, wurde allerdings geändert, wie Rainer Rother, der heutige Direktor erläutert:

    "Das hat sich dann im Laufe der konzeptionellen Überlegungen sehr in Richtung Kulturgeschichte, Kontextualisierung des Films in der Zeitgeschichte entwickelt. Das ist ja auch das Modell, das dieses Filmmuseum von anderen unterscheidet. Und ich glaube, das war eine ganz richtige Entscheidung. Vor allem wenn wir auf unser zum großen Teil internationales Publikum schauen: Wir haben 40 Prozent ausländische Besucher."

    Filme erhalten, Geschichte sichtbar machen, das sind die Aufgaben der Deutschen Kinemathek. In ihrer ständigen Ausstellung bietet sie einen faszinierenden Rundgang durch ein ganzes Jahrhundert Filmgeschichte: von den frühen Pionieren bis hin zu Fatih Akın, dem Gewinner des Goldenen Bären. Dazu umfassende Sonderausstellungen über die Diven und Helden der Leinwand und ihre herausragenden Regisseure wie etwa Fritz Lang, Alfred Hitchcock oder ganz aktuell Martin Scorsese. Es ist die erste Ausstellung über den amerikanischen Filmemacher weltweit.

    Weniger spektakulär, aber ebenso wichtig ist die Archivarbeit: Rund 13.000 Ton- und Spielfilme befinden sich im Filmlager, werden konserviert, restauriert und zum Teil verliehen. Darüber hinaus besitzt und präsentiert die Deutsche Kinemathek auch Nachlässe, private Sammlungen zum Beispiel von Marlene Dietrich, Bernd Eichinger oder Werner Herzog.

    "Also natürlich ist es ein Highlight, wenn Werner Herzog oder Heinrich Breloer herkommen und ihr Archiv übergeben. Oder wenn ich einen Anruf bekomme von Sir Ken Adam, der dann sagt: You can get all my stuff!"

    Zumal Sir Ken Adam einer der wichtigsten Production Designer der Welt ist und zum Beispiel den berühmten War Room in Stanley Kubricks Kriegsfarce "Dr. Seltsam oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben" schuf.

    Und nicht zuletzt gibt es seit 1977 keine Berlinale ohne die Retrospektive der Deutsche Kinemathek. Im Februar ist es wieder soweit. Dann geht es um den "Internationalen Einfluss des Weimarer Kinos nach 1933", das für eine Demokratisierung von Gesellschaft und Kunst stand. Und damit schlägt Rainer Rother zugleich einen Bogen zu seinem Lieblingsraum im Museum:

    "Weil wir dort so intensiv den Zuschauern auch darbringen, dass die aus Deutschland Vertriebenen mit dem Erbe des Weimarer Kinos weiter gewirkt haben."
    Rainer Rother, Künstlerischer Direktor der Deutschen Kinemathek
    Rainer Rother, Künstlerischer Direktor der Deutschen Kinemathek (picture alliance / dpa / Britta Pedersen)