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Finanzstabilitätsbericht des IWF
Zehn Jahre nach der Pleite von Lehman Brothers

Zehn Jahre liegt die jüngste Finanzkrise erst zurück. Und schon versuchen einige Länder, die Regulierung der Finanzmärkte bereits wieder zu lockern. Das ist viel zu früh und birgt große Risiken, warnt der Internationale Währungsfonds in einem heute vorgelegten Bericht.

Von Eva Bahner | 10.10.2018
    Geschäftssitz der Bank "Lehman Brothers" im Jahr 2008 - die Insolvenz brachte die weltweiten Finanzmärkte an ihre Grenzen.
    Die Insolvenz der Bank Lehman Brothers 2008 brachte die weltweiten Finanzmärkte an ihre Grenzen (dpa / picture alliance / Justin Lane)
    Eine bessere Bankenaufsicht, Bankenstresstests und größere Kapitalpuffer – seit der Finanzkrise vor 10 Jahren ist viel passiert in Sachen Bankenregulierung. Dennoch gibt der Internationale Währungsfonds im Vorfeld der Herbst-Tagung auf Bali keine Entwarnung. Neue Krisenherde sind aufgetaucht, die das internationale Finanzsystem bedrohen. Geopolitische Risiken, Handelskonflikte und vor allem ein Schuldenstand, der ein neues Rekordniveau erreicht hat.
    Auf 182 Billionen Dollar summiere sich der Schuldenstand von Staaten, Privathaushalten und Unternehmen weltweit inzwischen, sagte IWF-Direktor Vitor Gaspar, der den Fiskal-Bericht in Nusa Dua vorstellte. Demnach sind die Schuldenberge seit 2008 um mehr als 50 Prozent angewachsen. Ein Anstieg, für den zu zwei Dritteln die beiden größten Volkswirtschaften der Welt verantwortlich seien: die USA und China.
    Gefahrenpunkt: Wenn US-Dollar und Zinsen steigen
    China ist laut IWF mittlerweile der wichtigste Treiber bei den Privaten Schulden, die sich in Schwellenländern auftürmen, was vor allem dann problematisch werden könnte, wenn sich die Finanzierungsbedingungen rapide verschlechtern sollten. Die größte Gefahr sei ein starker Dollar mit schnell anziehenden Zinsen, eine Kombination, die Kapital aus den Schwellenländern abzieht, sagte der Direktor der IWF-Kapitalmarktabteilung, Tobias Adrian.
    Eine dramatische Kapitalflucht wie Argentinien oder die Türkei erfährt China zwar derzeit nicht, dafür mache sich dort aber, so Adrian, der Handelskonflikt bereits bemerkbar.
    "Was wir in China beobachten ist, dass sich die Finanzierungsbedingungen in diesem Jahr deutlich verschlechtert haben, und die angespannten Handelsbeziehungen sind ein Faktor, der dazu beigetragen hat."
    Weltweites Wirtschaftswachstum sinkt
    Der Zollstreit zwischen den USA und China ist auch der Grund dafür, dass der IWF erstmals seit zwei Jahren die Prognose für das weltweite Wachstum gesenkt hat, und auch für den Handel. In diesem Jahr werde dieser um 4,2 Prozent zunehmen, im nächsten um 4 Prozent – 0,5 Prozentpunkte weniger als bislang angenommen.
    Die Welthandelsorganisation ist sogar noch pessimistischer. Im nächsten Jahr rechnet sie mit nur noch 3,7 Prozent Handelswachstum. Auch Roberto Azevedo, der Generaldirektor der WTO, ist nach Bali gereist angesichts der angespannten Lage. Von einem "Handelskrieg" wollte der WTO-Chef, im Gegensatz zu einigen anderen Ökonomen auf der Tagung, noch nicht sprechen, das sei auch irrelevant, aber viele Schüsse seien schon abgegeben worden, das sei die Realität. Und im schlimmsten Fall könnte so 1,9 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung verloren gehen.
    Es gibt keine konstruktiven Gespräche
    Eine schnelle Lösung im Handelsstreit zwischen den USA und China hat auch der Chef der Welthandelsorganisation, nicht parat.
    "Ich denke, wir können nur vorankommen wenn wir miteinander sprechen, wenn es einen Dialog gibt. Vor allem auf bilateraler Ebene. Derzeit habe ich nicht den Eindruck, dass konstruktive Gespräche stattfinden."
    Gespräche und Diskussionen gibt es derzeit allerdings viele, auch auf der Herbst-Tagung, über eine Reform der Welthandelsorganisation und um die Frage, wie diese wieder handlungsfähig werden kann. Er sei offen für eine solche Reform, sagte Azevedo. Darüber würden auch die Finanzminister und Notenbankgouverneure der G20 Staaten morgen abend in Bali beraten, dann auch mit dem amerikanischen Finanzminister. Und auch auf dem G20-Gipfel in Buenos Aires im November werde eine Reform der Welthandelsorganisation Thema sein.