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Firmen entwickeln Hyperloop
Wettlauf um die Mega-Rohrpost

Von San Francisco bis Los Angeles in einer halben Stunde - und das zu Billigpreisen? Der Hyperloop - eine Art Transrapid - könnte in einem luftleer gepumpten Tunnel bis zu 1.200 km/h schnell werden. Gleich mehrere Start-up-Firmen wittern ihre Chance. Doch bisher gab es nur unbemannte Testfahrten.

Von Frank Grotelüschen | 27.08.2017
    Ein Prototyp wird bei der Hyperloop Pod Competition in die Stahlröhre geschoben.
    Billiger als das Flugzeug, schneller als die Bahn: das Hochgeschwindigkeits-System Hyperloop. (imago /Zuma Press)
    12. Mai 2017, ein Versuchsgelände in der Wüste von Nevada, nördlich von Las Vegas. Es ist acht Uhr abends, und gerade haben die Vakuumpumpen begonnen, eine 500 Meter lange Röhre luftleer zu pumpen. Kurz vor Mitternacht herrscht in der drei Meter dicken Röhre nur noch ein Tausendstel des normalen Luftdrucks. Dann startet ein Ingenieur in einem zum Kontrollraum umfunktionierten Container den Countdown.
    Ein kurzes Rumpeln nur, aber es versetzt die Crew in Begeisterung. In der Röhre hat sich ein kleiner Schlitten auf Rädern in Bewegung gesetzt, ein Elektroantrieb hat ihn auf 110 km/h beschleunigt. Nur fünf Sekunden dauert die Fahrt, nach 100 Metern ist sie zu Ende. Doch die Leute von Hyperloop One feiern sie als entscheidenden Durchbruch.
    Die Welt werde etwas sehen, was sie noch nie zu Gesicht bekommen, ja nicht einmal für möglich gehalten hat, sagt Firmengründer Josh Giegel in seiner spontanen Ansprache, die Champagnerflasche in der Hand. Dann greift sein Partner Shervin Pishevar zum Mikrofon. "Als wir die Firma gegründet haben, war das eine verrückte Idee. Wir alle hier haben gerade Geschichte geschrieben. Wir werden die Welt verändern - und werden nicht aufgeben!"
    Seit 2014 gibt es Hyperloop One. Inspiriert wurde das kalifornische Start-up von einem der Gedankenspiele, für die Elon Musk bekannt ist - jener milliardenschwere Mogul, der hinter Firmen wie Tesla und SpaceX steckt. Erste Andeutungen hatte Musk auf einer Technologiekonferenz im Mai 2013 gemacht - was die Branche gehörig in Aufruhr versetzte.
    "Gibt es einen schnelleren Weg, um von Los Angeles nach San Francisco zu kommen? Der Hochgeschwindigkeitszug, der im Gespräch ist, ist keine gute Lösung, er ist zu langsam und zu teuer. Eine Alternative wäre der Hyperloop - eine Mischung aus der Concorde, einer Schienenkanone und einem Air-Hockey-Tisch."
    Später präzisierte Musk das Konzept: Hyperloop, eine Art Transrapid, der durch einen luftleer gepumpten Tunnel jagt, entweder unterirdisch oder über der Erde auf Stelzen. Durch den fehlenden Luftwiderstand sollen aberwitzige Geschwindigkeiten möglich sein, bis zu 1.200 km/h. San Francisco wäre von Los Angeles aus in einer halben Stunde zu erreichen - und das zu Preisen eines Billigflug-Tickets.
    Prototyp beschleunigt auf 300 km/h
    Enthusiasten witterten das nächste große Ding, kündigten ihre Jobs und gründeten Firmen - darunter Josh Giegel und Shervin Pishevar. Heute hat Hyperloop One mehr als 200 Angestellte - und hat als Einziger einen funktionierenden Prototyp. Und es scheint voranzugehen: War es beim Test im Mai noch ein simpler Schlitten, den der Elektromotor auf 110 km/h beschleunigte, gelang Ende Juli eine deutlich eindrucksvollere Demonstration.
    Wieder ein Countdown, doch diesmal schießt die XP-1 durch die Röhre, ein futuristisch anmutendes Geschoss, knapp neun Meter lang. Die Räder rumpeln nur in der ersten Sekunde. Dann hebt die Kapsel ab und schwebt nahezu reibungsfrei auf der Magnetschiene.
    Gut 400 Meter kommt sie voran und erreicht mehr als 300 km/h. Nur: Noch ist die Kapsel unbemannt. Wann Menschen eine Testfahrt wagen sollen, können oder wollen die Firmengründer noch nicht verraten. Ihr Ziel: Bereits 2021 soll es drei kommerzielle Strecken geben, wo auch immer auf der Welt. Doch Hyperloop One hat Konkurrenz.
    Ingenieur Brogan Bambrogan hat Hyperloop One im Streit verlassen und mit Arrivo sein eigenes Start-up gegründet. Entwicklungsziel könnte ein "Hyperloop light" sein - langsamer als die Konkurrenz, aber technisch einfacher, weil ohne Vakuumsystem. Und da wäre noch ein Dritter im Bunde: Hyperloop Transportation Technologies, ein Projekt um den deutschen Geschäftsmann Dirk Ahlborn. Der Clou bei diesem Gefährt: Bildschirme sollen Fenster simulieren, um den Röhrentrip angenehmer zu gestalten.
    Auch Autos könnten durch die Tunnel befördert werden
    Bislang aber gibt es nur Ankündigungen: 2018 soll eine 30 Meter lange Transportkapsel fertig sein, in Kalifornien ist Firmenangaben zufolge eine Teststrecke in Vorbereitung. Und Elon Musk? Lange schien er sich mit der Rolle des Ideengebers zufriedenzugeben. Ende 2016 aber hat er eine Firma gegründet, die mit neuartiger Bohrtechnik den Tunnelbau revolutionieren soll. The Boring Company, so der zweideutige Name.
    "Es gibt keine wirkliche Grenze, mit der Technik könnte man so lange Tunnel bauen, wie man will. Und denkt man eine Hyperloop-Strecke zwischen New York und Washington, würde man sie wohl unterirdisch bauen. Schließlich ist die Gegend ziemlich stark bebaut."
    Doch Hyperloop ist nicht der Hauptgrund hinter der Sache. Vorrangig denkt Musk an Tunnel, durch die Autos auf Elektroschlitten durch den Untergrund rasen, um am Ziel von einem Fahrstuhl an die Oberfläche gehievt zu werden - die neueste Idee eines Technik-Moguls, dessen Gedanken die Hightech-Branche stets in Aufruhr versetzen.