Silvia Engels: Beginnen wir in Berlin. Dort sind die Verkehrsminister von Bund und Ländern zu einer Sonderkonferenz zusammengekommen, um den Bericht der Kommission des ehemaligen Verkehrsministers Bodewig von der SPD zu beraten. Er hat sich mit dem Zustand der deutschen Verkehrsinfrastruktur befasst. Eile scheint geboten, seitdem die Warnungen immer lauter werden, dass immer mehr marode Straßen und Brücken unpassierbar werden könnten.
Mitgehört hat Dirk Fischer, er ist der verkehrspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion und seit Jahren Mitglied im Verkehrsausschuss. Guten Tag, Herr Fischer.
Dirk Fischer: Guten Tag, Frau Engels.
Engels: Sind Sie überrascht von den Ergebnissen der Bodewig-Kommission, dass wir dringend sieben Milliarden mehr pro Jahr für die Sanierung der Verkehrswege brauchen?
Fischer: Nein. Das ist ja die Zahl, die auch schon in der Daehre-Kommission ermittelt worden ist. Der Nachteil ist nur: Hier sind die Bedarfe der Bundesstraßen, der Bundesfernstraßen, der Länderstraßen, der Kommunalstraßen zusammengerechnet worden und dann finanziell dem Bund zugeordnet worden. Wir haben aber im Grundgesetz eine klare Kompetenzverteilung und dort, wo Länder und Gemeinden Kompetenz haben, haben sie nach dem Grundgesetz auch die Finanzverantwortung, der Bund also für die Bundesfernstraßen, die Länder und Gemeinden für das übrige Straßensystem.
Engels: Was denken Sie denn, wenn wir gerade bei der Bundesebene bleiben, für wie viele Milliarden mehr muss denn der Bund geradestehen pro Jahr, um die Infrastruktur, für die er Verantwortung trägt, wieder auf Vordermann zu bringen?
Fischer: Wir haben selbstverständlich auch für die Bundesfernstraßen für Substanzerhalt, Erneuerung, vor allem auch für das Brückenprogramm einen zusätzlichen Finanzbedarf. Der ist im Wahlprogramm, im Regierungsprogramm der Unions-Fraktion ja schon mit jährlich 1,25 Milliarden definiert worden. Darüber wird sicherlich auch in etwaigen Koalitionsverhandlungen gesprochen werden. Also es muss mehr Geld in die Infrastruktur investiert werden, das ist in allen Teilen unbestritten. Aber man kann jetzt nicht so vorgehen, wie die Länder das gerne möchten, dass man die gesamte Infrastruktur zusammenzählt, den Bedarf ermittelt und dem Bund finanziell zuordnet. Ich vermisse in dem Papier völlig den Finanzbeitrag der Länder und der Gemeinden, zu dem sie für ihre Infrastruktur bereit sind.
Engels: Die Union ist aber nun seit acht Jahren mit in der Bundesregierung, auch an vielen Länderregierungen beteiligt. Warum ist das noch nicht auf den Weg gebracht?
Fischer: Na ja, wir haben ja doch in den Jahren schon erhebliche zusätzliche Mittel eingesetzt, haben ein Beschleunigungsprogramm gemacht. Wir haben im Jahre 2012 eine Milliarde zusätzlich in den Straßenbau investiert, in die Infrastruktur. Wir haben im Jahr 2013 715 Millionen zusätzlich investiert. Der Bund hat schon zusätzliche finanzielle Anstrengungen unternommen. Ich weiß nicht, ob man ähnliche Anstrengungen auf der Länderebene schon festgestellt hat.
Engels: Aber auch Bundesbrücken, auch Bundesstraßen sind nach wie vor in vielen Regionen marode. Haben Sie sich nicht durchgesetzt, oder haben Sie das Problem unterschätzt?
Fischer: Das ist ganz unbestritten. Wir haben bei den Brückenbauwerken einen Bedarf etwa jährlich für Substanzerhalt und Erneuerung von 600 Millionen. Es war ziemlich unverantwortlich, dass SPD-Verkehrsminister über Jahre nur dieses Programm mit 300 Millionen ausgestattet haben. Ich selbst habe in den Gesprächen der Großen Koalition seinerzeit schon Alarm geschlagen und der Bundesminister Peter Ramsauer hat sozusagen den Trendumkehr herbeigeführt, nicht nur, dass die 600 Millionen bereitgestellt werden, sondern dass über eine Milliarde in die Brücken investiert werden, damit auch der Nachholbedarf finanziert werden kann. Denn bei den Brücken geht es auch um ein Urvertrauen, ein Grundvertrauen der Bürger in die Sicherheit der Brücken, und ich möchte nicht wie in anderen wichtigen Industrieländern erleben, dass wir hier Einstürze haben. Einen derartigen Vertrauensverlust werden Sie nie wieder ausgleichen können.
Engels: Also hat die SPD in der Großen Koalition blockiert? Ich meine, in den 90er-Jahren war auch die Union lange am Ruder. Ist das alles erst in den letzten Jahren entstanden?
Fischer: In der Großen Koalition und davor, lange Jahre. Es gibt eine Kommission, die einen Namen trägt, und dieser Bundesverkehrsminister hat auch zu wenig in die Brückensubstanzerhaltung investiert. Das ist die Wahrheit.
Engels: Nun hat aber auch lange Jahre, um das noch mal nachzuarbeiten, die Union mit am Ruder gesessen. Hat man da einfach das Thema unterschätzt?
Fischer: Die Union hat unmittelbare Ressortverantwortung übernommen im Jahre 2009 durch den Bundesminister Dr. Peter Ramsauer, und wir haben die Trendwende herbeigeführt. Insoweit sind wir unserer Verantwortung gerecht geworden. Und ich kann nur daran erinnern: Ich habe nach meiner Erinnerung etwa im Jahre 2007 in den Koalitionsgesprächen mit dem damaligen Verkehrsminister Tiefensee gesagt, für mich hört bei den Brücken der Spaß auf. Hier geht es um Grundvertrauen der Bürger und deswegen müssen wir dort mehr tun. Und in der Vergangenheit war damals zu wenig geschehen. Das ist völlig unbestritten.
Engels: Die Bodewig-Kommission schlägt nun vor, die Lkw-Maut, die bisher ja für die Autobahnen und einige Bundesstraßen gilt, weiter auszuweiten. Ein guter Plan?
Fischer: Im Regierungsprogramm der Unions-Fraktion steht drin, die Lkw-Maut weiterzuentwickeln. Über Detailfragen wird erst zu sprechen sein. Da bin ich nicht in der Lage, heute schon Details bekannt zu geben.
Engels: Und Ähnliches gilt wahrscheinlich auch für die Pkw-Maut für Ausländer, die die CSU ja so gerne hätte?
Fischer: Da will ich nur auf das verweisen, was rechtlich ganz unbestritten ist. Darauf hat ja auch die EU-Kommission hingewiesen. Es ist nicht möglich, eine Pkw-Maut für Ausländer einzuführen. Es gibt hier ein klares Diskriminierungsverbot in der Europäischen Union. Das gilt auch für unser Land. Und im Übrigen will ich darauf hinweisen: Der Straßenverkehr bringt Steuereinnahmen von über 53 Milliarden Euro und im Straßenbauhaushalt haben wir 4,8 Milliarden Euro. Deswegen sagt die Bundeskanzlerin zurecht, die Autofahrer zahlen schon genug.
Engels: Sieben Milliarden sollen ja in ein Sondervermögen fließen, wenn man der Bodewig-Kommission folgt. Können Sie das dann als Parlamentarier überhaupt angemessen kontrollieren?
Fischer: Ein Sondervermögen, was sozusagen alles, das gesamte Infrastruktursystem ergreift, Bund, Länder und Kommunalstraßen, dann auch noch die Schienenwege, teilweise auch die nicht bundeseigenen Eisenbahnen mit ihren Schienenwegen und die Bundeswasserstraßen, dieses würde sozusagen völlig die Kompetenzregelung des Grundgesetzes überlagern oder aushebeln. Wir haben ein Instrument auf Bundesebene, die Verkehrsinfrastruktur-Finanzierungsgesellschaft. Dort geht auch die gesamte Lkw-Maut unmittelbar hinein, wird durchgeleitet, und da haben wir auch die Möglichkeit der überjährigen Bewirtschaftung. Herr Bodewig hat zurecht darauf hingewiesen, dass im Verkehr wir im Grunde genommen mit den Jahreshaushalten einen zu engen Zeitrahmen haben, weil wir Projekte haben, die natürlich mehrjährig umgesetzt werden müssen. Deswegen ist für uns die Überjährigkeit ein ganz besonders wichtiger Punkt. Da stimme ich ihm vollinhaltlich zu.
Engels: Informationen und Einschätzungen waren das von Dirk Fischer. Wir hatten ihn im Interview, den verkehrspolitischen Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion. Vielen Dank.
Fischer: Bitte sehr, Frau Engels.
Engels: Auf Wiederhören.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Mitgehört hat Dirk Fischer, er ist der verkehrspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion und seit Jahren Mitglied im Verkehrsausschuss. Guten Tag, Herr Fischer.
Dirk Fischer: Guten Tag, Frau Engels.
Engels: Sind Sie überrascht von den Ergebnissen der Bodewig-Kommission, dass wir dringend sieben Milliarden mehr pro Jahr für die Sanierung der Verkehrswege brauchen?
Fischer: Nein. Das ist ja die Zahl, die auch schon in der Daehre-Kommission ermittelt worden ist. Der Nachteil ist nur: Hier sind die Bedarfe der Bundesstraßen, der Bundesfernstraßen, der Länderstraßen, der Kommunalstraßen zusammengerechnet worden und dann finanziell dem Bund zugeordnet worden. Wir haben aber im Grundgesetz eine klare Kompetenzverteilung und dort, wo Länder und Gemeinden Kompetenz haben, haben sie nach dem Grundgesetz auch die Finanzverantwortung, der Bund also für die Bundesfernstraßen, die Länder und Gemeinden für das übrige Straßensystem.
Engels: Was denken Sie denn, wenn wir gerade bei der Bundesebene bleiben, für wie viele Milliarden mehr muss denn der Bund geradestehen pro Jahr, um die Infrastruktur, für die er Verantwortung trägt, wieder auf Vordermann zu bringen?
Fischer: Wir haben selbstverständlich auch für die Bundesfernstraßen für Substanzerhalt, Erneuerung, vor allem auch für das Brückenprogramm einen zusätzlichen Finanzbedarf. Der ist im Wahlprogramm, im Regierungsprogramm der Unions-Fraktion ja schon mit jährlich 1,25 Milliarden definiert worden. Darüber wird sicherlich auch in etwaigen Koalitionsverhandlungen gesprochen werden. Also es muss mehr Geld in die Infrastruktur investiert werden, das ist in allen Teilen unbestritten. Aber man kann jetzt nicht so vorgehen, wie die Länder das gerne möchten, dass man die gesamte Infrastruktur zusammenzählt, den Bedarf ermittelt und dem Bund finanziell zuordnet. Ich vermisse in dem Papier völlig den Finanzbeitrag der Länder und der Gemeinden, zu dem sie für ihre Infrastruktur bereit sind.
Engels: Die Union ist aber nun seit acht Jahren mit in der Bundesregierung, auch an vielen Länderregierungen beteiligt. Warum ist das noch nicht auf den Weg gebracht?
Fischer: Na ja, wir haben ja doch in den Jahren schon erhebliche zusätzliche Mittel eingesetzt, haben ein Beschleunigungsprogramm gemacht. Wir haben im Jahre 2012 eine Milliarde zusätzlich in den Straßenbau investiert, in die Infrastruktur. Wir haben im Jahr 2013 715 Millionen zusätzlich investiert. Der Bund hat schon zusätzliche finanzielle Anstrengungen unternommen. Ich weiß nicht, ob man ähnliche Anstrengungen auf der Länderebene schon festgestellt hat.
Engels: Aber auch Bundesbrücken, auch Bundesstraßen sind nach wie vor in vielen Regionen marode. Haben Sie sich nicht durchgesetzt, oder haben Sie das Problem unterschätzt?
Fischer: Das ist ganz unbestritten. Wir haben bei den Brückenbauwerken einen Bedarf etwa jährlich für Substanzerhalt und Erneuerung von 600 Millionen. Es war ziemlich unverantwortlich, dass SPD-Verkehrsminister über Jahre nur dieses Programm mit 300 Millionen ausgestattet haben. Ich selbst habe in den Gesprächen der Großen Koalition seinerzeit schon Alarm geschlagen und der Bundesminister Peter Ramsauer hat sozusagen den Trendumkehr herbeigeführt, nicht nur, dass die 600 Millionen bereitgestellt werden, sondern dass über eine Milliarde in die Brücken investiert werden, damit auch der Nachholbedarf finanziert werden kann. Denn bei den Brücken geht es auch um ein Urvertrauen, ein Grundvertrauen der Bürger in die Sicherheit der Brücken, und ich möchte nicht wie in anderen wichtigen Industrieländern erleben, dass wir hier Einstürze haben. Einen derartigen Vertrauensverlust werden Sie nie wieder ausgleichen können.
Engels: Also hat die SPD in der Großen Koalition blockiert? Ich meine, in den 90er-Jahren war auch die Union lange am Ruder. Ist das alles erst in den letzten Jahren entstanden?
Fischer: In der Großen Koalition und davor, lange Jahre. Es gibt eine Kommission, die einen Namen trägt, und dieser Bundesverkehrsminister hat auch zu wenig in die Brückensubstanzerhaltung investiert. Das ist die Wahrheit.
Engels: Nun hat aber auch lange Jahre, um das noch mal nachzuarbeiten, die Union mit am Ruder gesessen. Hat man da einfach das Thema unterschätzt?
Fischer: Die Union hat unmittelbare Ressortverantwortung übernommen im Jahre 2009 durch den Bundesminister Dr. Peter Ramsauer, und wir haben die Trendwende herbeigeführt. Insoweit sind wir unserer Verantwortung gerecht geworden. Und ich kann nur daran erinnern: Ich habe nach meiner Erinnerung etwa im Jahre 2007 in den Koalitionsgesprächen mit dem damaligen Verkehrsminister Tiefensee gesagt, für mich hört bei den Brücken der Spaß auf. Hier geht es um Grundvertrauen der Bürger und deswegen müssen wir dort mehr tun. Und in der Vergangenheit war damals zu wenig geschehen. Das ist völlig unbestritten.
Engels: Die Bodewig-Kommission schlägt nun vor, die Lkw-Maut, die bisher ja für die Autobahnen und einige Bundesstraßen gilt, weiter auszuweiten. Ein guter Plan?
Fischer: Im Regierungsprogramm der Unions-Fraktion steht drin, die Lkw-Maut weiterzuentwickeln. Über Detailfragen wird erst zu sprechen sein. Da bin ich nicht in der Lage, heute schon Details bekannt zu geben.
Engels: Und Ähnliches gilt wahrscheinlich auch für die Pkw-Maut für Ausländer, die die CSU ja so gerne hätte?
Fischer: Da will ich nur auf das verweisen, was rechtlich ganz unbestritten ist. Darauf hat ja auch die EU-Kommission hingewiesen. Es ist nicht möglich, eine Pkw-Maut für Ausländer einzuführen. Es gibt hier ein klares Diskriminierungsverbot in der Europäischen Union. Das gilt auch für unser Land. Und im Übrigen will ich darauf hinweisen: Der Straßenverkehr bringt Steuereinnahmen von über 53 Milliarden Euro und im Straßenbauhaushalt haben wir 4,8 Milliarden Euro. Deswegen sagt die Bundeskanzlerin zurecht, die Autofahrer zahlen schon genug.
Engels: Sieben Milliarden sollen ja in ein Sondervermögen fließen, wenn man der Bodewig-Kommission folgt. Können Sie das dann als Parlamentarier überhaupt angemessen kontrollieren?
Fischer: Ein Sondervermögen, was sozusagen alles, das gesamte Infrastruktursystem ergreift, Bund, Länder und Kommunalstraßen, dann auch noch die Schienenwege, teilweise auch die nicht bundeseigenen Eisenbahnen mit ihren Schienenwegen und die Bundeswasserstraßen, dieses würde sozusagen völlig die Kompetenzregelung des Grundgesetzes überlagern oder aushebeln. Wir haben ein Instrument auf Bundesebene, die Verkehrsinfrastruktur-Finanzierungsgesellschaft. Dort geht auch die gesamte Lkw-Maut unmittelbar hinein, wird durchgeleitet, und da haben wir auch die Möglichkeit der überjährigen Bewirtschaftung. Herr Bodewig hat zurecht darauf hingewiesen, dass im Verkehr wir im Grunde genommen mit den Jahreshaushalten einen zu engen Zeitrahmen haben, weil wir Projekte haben, die natürlich mehrjährig umgesetzt werden müssen. Deswegen ist für uns die Überjährigkeit ein ganz besonders wichtiger Punkt. Da stimme ich ihm vollinhaltlich zu.
Engels: Informationen und Einschätzungen waren das von Dirk Fischer. Wir hatten ihn im Interview, den verkehrspolitischen Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion. Vielen Dank.
Fischer: Bitte sehr, Frau Engels.
Engels: Auf Wiederhören.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.