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Fischhandel und Fischschwund

In Bremen tagen bis Freitag Vertreter der FAO-Fischereigruppe. Dieser Unterausschuss ist Teil des Fischereikomitees der UN-Landwirtschaftsorganisation. Und er ist für alle Fragen des internationalen Fischhandels zuständig. Den Mangel verwalten oder - wie geht man verantwortungsvoll mit dem um, was die Meere noch liefern können? Vertreter aus 79 UN-Mitgliedsstaaten und von Nichtregierungsorganisationen beraten darüber.

Von Christina Selzer | 03.06.2008
    Ein Viertel der weltweiten Fischbestände steht durch Überfischung vor dem Kollaps. So schätzt das die FAO ein, die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen. Deshalb treten Themen wie nachhaltige Nutzung und Umweltschutz zunehmend in den Mittelpunkt. Der Isländer Grimur Valdimarsson ist Direktor der Abteilung für Fischereiprodukte und Industrie bei der FAO:

    "Wenn Sie mich vor 15 Jahren gefragt hätten, was sind die Probleme, dann hätte ich gesagt: Sicherheit der Produkte für die Menschen und die Qualität der Produkte. Aber heute ist der Fokus auf jeden Fall auf das Thema Umweltschutz gerichtet."

    Von den 600 Beständen, die die FAO weltweit überwacht, sind bereits 25 Prozent vom Aussterben bedroht. Im Nordostatlantik zum Beispiel stehen unter anderem Seelachs, Kabeljau, Dorsch und Schellfisch auf der Liste der bedrohten Fische. Illegales Fischen, unkontrollierter Handel - all das führt dazu, dass Arten aussterben und die Umwelt geschädigt wird. Ein großes Problem, so Valdimarrson:

    "Sie können Korallenriffe ruinieren, sie können den Meeresboden zerstören, seltene Seevögel vertreiben, Delphine und Wasserschildkröten töten. All das sind Probleme, mit denen wir konfrontiert sind. Wir müssen dahin kommen, dass der Fischfang der Umwelt so wenig Schaden wie möglich zufügt."

    Es gibt zwar eine Menge von Vereinbarungen und Empfehlungen zum schonenden Umgang mit Fischbeständen. Das Problem ist aber: Viele dieser Richtlinien sind freiwillig. Gesetze gibt es nur auf nationaler Ebene. International fehlt es noch an verbindlichen Instrumenten, um die Meere zu schützen. Die internationale Tagung der FAO in Bremen soll dazu beitragen, weltweit einheitliche Standards voranzutreiben:

    "Eine andere Möglichkeit, die wir in dieser Woche diskutieren, ist zum Beispiel, wie wir den Hafenbehörden mehr Macht geben können. Damit diese dann streng kontrollieren können, welcher Fisch überhaupt in den Hafen kommt. "

    Nicht nur die Umwelt, auch der Handel profitiert vom Schutz der Meere vor Überfischung. Das betont Matthias Keller vom Bundesmarktverband der Fischereiwirtschaft:

    "Überfischung überall, es lässt sich nicht zählen, wir müssen ansetzen mit Kontrollen, um nur das rauszuholen, was auf dem Markt gebraucht wird und das andere im Meer drin zu lassen, damit es sich vermehren kann. "

    Allerdings könne die Lösung nicht darin bestehen, mehr zu regulieren, sondern besser zu regulieren:

    "Wir wissen, dass Kutter herausfahren, die haben alle Vorschriften, die nicht miteinander harmonieren. Wir fordern weniger aber effektivere Vorschriften und bessere Kontrollen."

    Die Behörden müssen seiner Meinung nach genau hinschauen: Wo der Fisch herkommt, und ob er legal oder illegal angelandet wird.

    Die UNO will aus diesem Grund auch Kriterien entwickeln, mit denen die Herkunft von Fisch bestimmt werden kann. Denn wenn es dafür klare Regeln gibt, dann darf zum Beispiel Fisch ohne Ökosiegel nicht mehr auf dem Weltmarkt verkauft werden.
    Verantwortungsvoller Fischhandel, da sind sich die Experten in Bremen einig, ist die einzige Möglichkeit, die hohe Nachfrage auf dem Weltmarkt auch künftig zu bedienen und dabei die Umwelt zu schonen.