Unmittelbar zu Beginn oder vor dem Ende einer totalen Sonnenfinsternis ist für wenige Sekunden die Chromosphäre zu sehen – eine intensiv rot-violett leuchtende Schicht der Sonne. Spaltet man das Licht der Chromosphäre in seine Wellenlängen auf, so erscheinen für kurze Zeit grelle Linien in blau, grün, gelb und rot, die fast wie Neonröhren wirken – und rund gebogen sind wie der Sonnenrand.
Dem US-Astronomen Charles Young war dieses Phänomen bei einer Sonnenfinsternis Ende 1870 in Jerez in Südspanien erstmals aufgefallen. Weil die hellen Linien nur für Sekunden aufblitzen, sprechen Fachleute vom "Flash-Spektrum".
Diese Spektrallinien gehen vor allem auf die Elemente Wasserstoff, Helium und Kalzium zurück, die in der etwas kühleren Chromosphäre vorkommen. Dort ist das Gas mit rund 4.000 Grad Celsius etwa 1.500 Grad kühler als auf der Oberfläche. Solange die heiße Oberfläche der Sonne zu sehen ist, bilden die kühleren Elemente dunkle Absorptionslinien. Ist aber das grelle Licht abgedeckt, so leuchten die zuvor dunklen Linien in intensiven Farben auf.
Dieses Phänomen lässt sich bei einer Sonnenfinsternis mit bloßem Auge genießen, sofern man einen Streifen mit einem Gitterprisma vor die Sonne hält. Das Flashspektrum gilt als die bezauberndste Erscheinung einer Totalität – und als die, die die wenigsten Menschen mit eigenen Augen gesehen haben.
Die nächste Chance auf das Flashspektrum besteht in Europa bei der Sonnenfinsternis im August 2026 in Spanien.