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Flüchtlinge an der mazedonisch-griechischen Grenze
"Besser, als in Afghanistan zu sterben"

An der mazedonisch-griechischen Grenze treffen weiterhin täglich neue Flüchtlinge ein: unter ihnen viele Familien mit Kindern, vor allem aus Afghanistan und Syrien. Viele werden krank, denn für den Winter haben sie nicht die richtige Kleidung. Dennoch bleiben sie zuversichtlich.

Von Stephan Ozsváth | 22.12.2015
    Pakistanische Flüchtlinge an der mazedonischen Grenze bei Gevgelija.
    Flüchtlinge an der mazedonischen Grenze bei Gevgelija. (picture alliance / EPA / Nake Batev)
    Eine lange Menschen-Schlange steht im Registrierzelt von Gevgelija an der mazedonisch-griechischen Grenze. Viele Familien mit Kindern sind es. Hier werden ihre Personalien aufgenommen. In der Schlange steht auch der Afghane Rohulan. Er ist mit seiner Familie gekommen.
    "Ja, wir sind zusammen, sagt er. Mein Vater, meine Schwester, mein Bruder. Es ist völlig klar: Jeder versteht, dass Afghanistan kein guter Ort zum Leben und zum Lernen ist. In der Vergangenheit hat es Krieg gegeben, es gibt immer noch viele Kämpfe. Und auch die Zukunft sieht nicht rosig aus."
    Der 21-jährige Afghane hat zwölf Jahre lang die Schule besucht. Er will zeigen, wie gut er Englisch kann. Und er will weiter lernen, sagt er - in England oder in Holland. Vor allem Sprachkenntnisse seien wichtig, betont der junge Mann.
    Es ist mittlerweile Winter geworden in Gevgelija. In den Zelten im Lager stehen zwar Heizungen, die mit Gaskartuschen betrieben werden. Aber die Böden sind nicht isoliert.
    "Es ist sehr kalt hier, sagt Rohulan. Vor allem nachts, vor allem für die, die noch keine warme Kleidung haben. Das ist ein großes Problem, nicht nur für uns, sondern vor allem für Familien mit Kindern. Aber wir haben keine Wahl: Besser, als in Afghanistan zu sterben, ist woanders hin zu gehen, um eine Zukunft zu haben."
    "In Syrien kämpft jeder gegen jeden"
    Da es kalt ist, werden viele Flüchtlinge auch eher krank. Das Rote Kreuz hat ein Behandlungszelt in Gevgelija aufgebaut. Tanja Antic versorgt die Flüchtlinge dort.
    "Wir haben jetzt ein Problem mit der Kälte, sagt sie. Sie haben Fieber, denn das Wetter ändert sich ständig. Viele haben Magenprobleme, denn sie essen unregelmäßig, und ständig etwas anderes. Und natürlich auch noch andere Krankheiten. Aber das ist normal, wenn so viele Menschen auf engem Raum zusammen sind."
    Einer der Patienten ist Ahmed Al-Baghdadi.
    Von Tanja Antic hat er gerade Kopfschmerztabletten bekommen, erzählt der junge Syrer.
    Der junge Mann stammt aus einem kleinen Dorf bei Daraa im Südwesten des Landes, erzählt er. Dort hatte vor viereinhalb Jahren der Aufstand gegen Diktator Baschar al-Assad begonnen.
    "Es ist schrecklich dort, sagt er. Krieg. Jeder kämpft gegen jeden."
    "Wir helfen jedem - egal ob Muslim oder Christ"
    Versorgt werden die Flüchtlinge in Gevgelija auch von der Caritas. Die katholische Hilfsorganisation ist vor Ort. Priester Dimitar Tashev teilt warme Suppe und jeden Tag 1.000 Lunch-Pakete aus, erzählt er. Und an Weihnachten?
    "Da es hier auch Muslime gibt, werden wir nichts Besonderes zu Weihnachten organisieren. Wir haben damit schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht, sagt er. Zumindest nicht im Lager, in den Kirchen werde es schon Weihnachtsfeiern geben. Hier helfen wir mit dem was wir haben, jedem, egal ob Muslim oder Christ."