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Flüchtlinge in Wien
Hotel der Hoffnung

Statt abgeschottet im Flüchtlingslager bringt die Wiener Caritas einige Flüchtlinge in Magdas Hotel unter, wo sie nicht nur leben, sondern auch arbeiten. Denn in Magdas Hotel buchen auch Wien-Touristen ihre Zimmer - hier treffen freiwillig Reisende auf Zwangsreisende.

Von Stephan Ozsváth | 24.03.2015
    Das Riesenrad im Wiener Prater
    Magdas Hotel liegt zentrumsnah, der Wiener Prater ist direkt um die Ecke (picture-alliance / Daniel Kalker)
    "Magdas Hotel" prangt in Neonschrift über dem Eingang. Und ein Plakat hängt gleich daneben an dem mehrstöckigen Zweckbau direkt neben dem Wiener Prater: "Hier werden Vorurteile abgebaut". An der Rezeption begrüßt der 29-jährige Dinis die Gäste: ein junger Schwarzafrikaner.
    Rezeptionist Dinis stammt aus Guinea-Bissau. Seine Heimat hat er vor zwölf Jahren verlassen, erzählt er. Als blinder Passagier auf einem Containerschiff.
    "Dann sind wir in das Schiff einfach illegal eingedrungen und haben uns dort versteckt, bis wir nichts mehr zu essen und zu trinken hatten. Dann habe ich mich bei der Schiffscrew vorgestellt, die haben uns unterstützt, wir sind bis nach Italien gekommen. Von Italien bin ich nach Wien im Oktober 2003 mit dem Zug gekommen."
    De-facto-Arbeitsverbot für Asylbewerber
    In der Tasche hat Dinis damals 700 Euro, erzählt er. Das Zugticket hat er von der Schiffsbesatzung bekommen. In Wien ist er zunächst orientierungslos. Er macht eine Ausbildung zum Hotelkaufmann. Zehn Jahre lang darf er nicht arbeiten. Ein Skandal, findet Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner:
    "Es gibt in Österreich ein De-facto-Arbeitsverbot für Asylbewerber. Es gibt einige wenige Ausnahmen, diese Menschen dürfen als Erntehelfer arbeiten, in der Saisonarbeit; was besonders zynisch ist, sie dürfen in der Prostitution arbeiten, als neue Selbstständigkeit oder als Zeitungskolporteure. De facto gibt es sonst keine Möglichkeit, legal in Österreich zu arbeiten."
    In Magdas Hotel, einem ehemaligen Pflegeheim der Caritas, arbeiten Flüchtlinge, sie haben alle einen Aufenthaltsstatus. Sie stammen aus 26 Ländern, sprechen viele Sprachen: ein Vorteil. Kunststudenten und Innenarchitekten haben das ehemalige Pflegeheim auf urban und hip getrimmt. Im Eingangsbereich sind Koffer aufgestapelt: Symbol für das Reisen, von Gästen und Angestellten.
    Flüchtlinge an der Rezeption
    Ein neuer Gast kommt. Architekt Klaus Feistl, ein vollbärtiger Österreicher, schiebt seinen Rollenkoffer vor Dinis Rezeptionsschalter.
    "Es ist sehr schön, die Lage ist gut, finde ich, wunderbar am Prater. Zu wissen, dass hier mit bestehenden Möbeln gearbeitet wurde, dass mit sehr kleinem Budget gearbeitet wurde, aber was man hier sieht, ist schon sehr charmant, finde ich."
    Da ist der einfache, etwas abgewetzte Holzstuhl, da ist das fleischfarbene Plüschsofa mit Troddeln auf dem Gang, da sind die gehäkelten Lampenschirme auf Drahtgestellen, sie fertig eine Gruppe Ehrenamtlicher. Die Möbel sind recyclet oder Spenden aus ganz Österreich.
    60.000 Euro per Crowdfunding
    Im lichtdurchfluteten Café liegen Apfelstrudel in der Auslage. In einer Ecke stehen Sofas, in einem Bücherregal gespendete Bücher. Gemütlich ist es. Über Crowdfunding kamen fast 60.000 Euro für das Projekt zusammen, die Caritas gewährte einen Kredit von anderthalb Millionen Euro. In fünf Jahren soll sich das Projekt tragen und Schule machen, hofft der Caritas-Generalsekretär.
    "In fünf Jahren glaube ich, dass 'Magdas Hotel' in ganz Europa bekannt sein wird, dass es in anderen europäischen Städten ähnliche Projekte geben wird, das wird dazu beitragen, diese anderen Städte auch ein Stück weltoffener zu machen."