Freitag, 19. April 2024

Archiv

Flüchtlingsgipfel in Wien
Grenzzäune, Quoten, Geldforderungen

Wie umgehen mit Millionen von Flüchtlingen? Darüber beraten ab heute Vertreter von elf europäischen Staaten und EU-Spitzenpolitiker auf dem Flüchtlingsgipfel in Wien. Ungarn, Bulgarien und auch Serbien setzen dabei weiterhin auf Abschottung. Ungarns Premier Viktor Orbán kündigte an, notfalls auch mit Gewalt gegen Zuwanderer vorzugehen.

Von Stephan Ozsvàth | 24.09.2016
    Ungarische Soldaten patrouillieren in der Grenze zu Serbien.
    Ungarische Soldaten patrouillieren in der Grenze zu Serbien. (dpa / MTI / Sandor Ujvari)
    Private Grenzschützer machen Jagd auf Flüchtlinge an der bulgarisch-türkischen Grenze. Der Umgangston ist rau. Die Regierung in Sofia duldet das. Mit EU-Millionen wird derzeit der Zaun an der Grenze verstärkt, zusätzlich 200 Frontex-Beamte sollen bei der Abwehr von Zuwanderern helfen. Premier Bojko Borissov befürchtet eine neue Flüchtlingswelle über Bulgarien. Im ORF sagte er:
    "Es gibt keine Grenze in Europa, die Millionen Menschen aufhalten kann. Das sind Frauen, Kinder, Jugendliche. Was sollen wir denn tun? Sollen wir auf sie schießen? "
    Notfalls auch mit Gewalt
    Notfalls auch mit Gewalt aufhalten, das hat Ungarns Premier Orbán angekündigt. Und einen zweiten Zaun an der serbisch-ungarischen Grenze. Vor dem Wiener Flüchtlingsgipfel schlug der Ungar vor, mehr als eine Million bereits Eingewanderte abzuschieben. Auf eine Insel, oder auf das afrikanische Festland. Bulgariens Premier Borissov, den Orbán kürzlich besucht hatte, sprang seinem ungarischen Amtskollegen in dieser Frage im ORF bei.
    Verständnis aus Österreich
    Alleingänge wie den Zaunbau in Ungarn lehnt Borissov allerdings ab. Österreichs Bundeskanzler Kern äußerte dagegen Verständnis für die Maßnahmen Ungarns. Der Zaunbau sei auf spärliche EU-Maßnahmen zurückzuführen, so der Sozialdemokrat im Interview mit der Tageszeitung "Der Standard".
    Kern will vor allem eine bessere Sicherung der EU-Außengrenzen – und mehr Geld für Afrika. EU-Anwärter Serbien will eigentlich keinen Zaun bauen – so Premier Aleksandar Vucic im Vorfeld des Gipfels. Aber, so Vucic:
    "Wir haben in Serbien 7.000 Leute, die nicht wissen, wo sie hin sollen. Wir wissen nicht, was wir mit ihnen machen sollen. Denn sie wollen nicht in Serbien bleiben. Die meisten sind Afghanen, ohne Familie, Jugendliche. "
    Sein Vorschlag, am Quoten-System teilzunehmen – obwohl Serbien kein EU-Mitglied ist, funktioniere nicht, so Vucic. Von 160.000 Flüchtlingen sind gerade einmal etwa 4.000 verteilt worden.
    Ungarn und die Slowakei klagen gegen die Verteilung von Flüchtlingen. Nächste Woche ruft die ungarische Regierung die Wähler zu einem Referendum gegen die Quote auf.
    Mehr Geld gefordert
    In einem Gastkommentar für die Tageszeitung "Der Standard" forderte der ungarisch-stämmige Finanzinvestor George Soros jetzt mehr Geld zur Bewältigung der Flüchtlingskrise, eine effektivere Grenzkontrolle und eine gemeinsame EU-Asylpolitik. Soros selbst will eine halbe Milliarde Euro investieren.