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Flüchtlingshilfe
Integration studierfähiger Flüchtlinge

Die Integration von Flüchtlingen aus den Krisengebieten in den Arbeitsmarkt ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der sich auch die Hochschule der Wirtschaft für Management, kurz HdWM, in Mannheim verpflichtet fühlt. Damit ihre Integration möglichst schnell und reibungslos verläuft, ist ein verkürztes Studium geplant, dass unternehmensnah ausgelegt wird.

Von Michael Briefs |
    Türkischstämmige Frauen mit Kopftüchern stehen am Mittwoch (20.07.2011) in Köln in der Fußgängerzone. Die Mehrheit der Türken in NRW ist integriert und nimmt aktiv am gesellschaftlichen Leben teil. Das ergab eine Studie der Stiftung Zentrum für Türkeistudien im Auftrag des nordrhein-westfälischen Familien- und Integrationsministeriums. Foto: Oliver Berg dpa/lnw (zu dpa/lnw 1034 vom 20.07.2011)
    Die private Mannheimer Hochschule sieht sich mit ihrem innovativen Hochschulmodell besonders geeignet, studierfähige Flüchtlinge so aus- und weiterzubilden, dass sie nahtlos vom Bildungs- ins Beschäftigungssystem gelangen. (picture alliance / dpa / Oliver Berg)
    "Ich komme aus Syrien, aus Aleppo, da ist eine Katastrophe, man kann dort nicht leben und nichts machen. Vor dem Krieg gab es Möglichkeiten bei Mobilfunkfirmen. Das ist mein Bereich."
    Asar ist seit zwei Jahren in Deutschland. Als syrischer Flüchtling hat er Bleiberecht zunächst für drei Jahre. Als der Krieg in seine Heimatstadt kam, hat es der 28-Jährige noch geschafft, sein Studium in Nachrichtentechnik abzuschließen.
    "Ich bin gerade beschäftigt bei BBZ Altenkirchen und ich möchte weiter meinen Master hier absolvieren und mein Bachelor ist anerkannt in Deutschland."
    Viele Flüchtlinge sind für den deutschen Arbeitsmarkt nicht zu gebrauchen
    Asar verdient seinen Lebensunterhalt selbst. Vom Job-Center hat er eine Stelle in einem Berufsbildungszentrum bekommen. Doch der Nachrichtentechniker sucht noch nach einem Job in seinem Beruf. Wie viele seiner syrischen Freunde, war er anfangs für den deutschen Arbeitsmarkt nicht zu gebrauchen.
    "Das ist sehr schwer. Mein großer Bruder ist hier und ist Apotheker mit zwei Freunden, auch Apotheker und ein Informatik-Ingenieur. Und sie brauchen auch zwei Jahre, um die Sprache zu beherrschen und die Anerkennung des Zeugnis, um eine Arbeit zu finden."
    Asar ist zusammen mit seinem Arbeitgeber nach Mannheim gekommen. Sein Chef hat ihn auf die Initiative der Hochschule der Wirtschaft für Management aufmerksam gemacht. Die Privat-Hochschule engagiert sich zusammen mit dem Goethe-Institut für die Integration von Flüchtlingen. Sie sollen hier eine durch Stipendien teilfinanzierte akademische Ausbildung erhalten.
    "Mit dem Stipendium wäre es toll und man braucht nicht viel zu arbeiten, man konzentriert sich auf das Studium und dann auf die Arbeit am Ende."
    Professor Franz Egle ist Leiter der Hochschule der Wirtschaft für Management:
    "Bei Flüchtlingen haben wir vor drei Monaten begonnen mit den Ideen dazu. Heute haben wir das Symposium durchgeführt und in zwei Wochen werden die ersten Flüchtlinge hier bei uns Deutsch lernen und idealerweise ab Sommersemester dann auch unsere Studiengänge besuchen können. Ich könnte mir folgende Größenordnung vorstellen: Für das Sommersemester 25 und für das Wintersemester 50."
    Das Studium soll nahtlos in den Job führen
    Studierfähige Flüchtlinge könnten dann an der HdWM Bachelor-Studiengänge in Business Management und Unternehmensführung, Beratungs- und Vertriebsmanagement belegen. Für Studenten technischer Fächer wie im Fall von Asar ist der Studiengang IT Management gedacht. Unterrichtssprachen sind Englisch und Deutsch. Das Studium soll nahtlos in den Job führen. Professor Franz Egle:
    "Speziell bei IBM ist es so, dass sie 20 Studienplätze fördern. Und zwar ist es in diesem IT Studiengang so, dass wir hier nicht die Programmierer ausbilden. Wir bilden akademische Verkäufer aus."
    Die Firma IBM gehört zum Partnernetzwerk der HdWM. Das Unternehmen mit bundesweit 15.000 Mitarbeitern erhofft sich von dem Pilotprojekt auch frische Fachkräfte, um aus Kapazitäts-Engpässen zu kommen. Ralf Blasek vertritt bei der IBM den Bereich Hochschulprogramme:
    "Wir suchen Menschen, die IT-affin sind, die beim Kunden und für den Kunden Projekte durchführen können, die in Beratung und Vertrieb unterwegs sind. Das ist geschlechtsneutral, das ist nationenneutral. Es bedarf einfach dieser Qualifikation und dieser Begeisterung."
    Viele Flüchtlinge jobben in Bereichen, die mit ihrer eigentlichen Fachkompetenz als Ärzte, Juristen oder Informatiker nichts zu tun haben. Gleichzeitig leiden IT-Unternehmen unter Fachkräftemangel. Um aus diesem Dilemma etwas zu machen, soll die Ausbildung der Flüchtlinge an der HdWM weniger formal-bürokratisch, als mehr an Kommunikation mit den Unternehmen ausgerichtet sein. Asar, der syrische Nachrichtentechniker, ist noch skeptisch.
    "Ich habe mich überall beworben. Sie sagen, wir brauchen Erfahrung mindestens 1, 2 Jahre, aber ich habe gar keine. Deswegen brauche ich ein Praktikum ein paar Monate und dann kann ich zeigen, was ich kann."
    IT-Unternehmen leiden unter Fachkräftemangel
    Genau hier setzt man an der wirtschaftsnahen Uni in Mannheim: IBM bietet bereits Orientierungspraktika speziell für Flüchtlinge an. Auch die Dozenten der HdWM wollen das Problem fehlender Praxis-Erfahrung von Flüchtlingen mithilfe von studienbegleitenden Coachings lösen. Hochschulleiter Franz Egle setzt zudem auf das besondere Aufnahmeverfahren, Professor Edle, Präsident der HdWM Mannheim, "das wir in arabischer Sprache anbieten können. Das Ergebnis kommt in Deutsch heraus und da können wir vergleichen, ob das Profil der Bewerber, also der zukünftigen Studenten übereinstimmt mit dem Profil des Studiengangs und den Partnerunternehmen, die einen Teil der Studiengebühren finanzieren."
    Das wird die Probleme studierfähiger Flüchtlinge zwar nicht sofort lösen. Die maßgeschneiderten Studiengänge müssen noch an vorhandene reguläre Studienabschlüsse angepasst und zugelassen werden. Zur Integration von Flüchtlingen könnte die Initiative aber Schule machen, sodass andere Flüchtlinge sehen, dass sie durch eine gezielte Weiterbildung reelle Chancen haben, einen Beruf zu finden.