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Flüchtlingskrise
EU will mehr internationale Kooperation

Die EU-Staaten haben eine stärkere Kooperation mit den Nachbarstaaten Syriens sowie den Transitländern auf dem Westbalkan vereinbart. Verabredet wurden ferner mehr Finanzhilfen für Jordanien, die Türkei und den Libanon, die bei Weitem mehr Flüchtlinge aufgenommen haben als die EU.

Von Annette Riedel | 09.10.2015
    Zwei Frauen hängen im Grenzgebiet zwischen Slowenien und Kroatien Wäsche auf.
    Für die Westbalkan-Länder, die zuletzt zu Haupttransitländern für Flüchtlinge geworden sind, soll es deutlich mehr Unterstützung der EU geben. (imago stock & people)
    Es war eine Premiere in Luxemburg.
    "Wir schlagen ein neues Kapitel auf, wo erstmals alle Staaten, die von den syrischen Flüchtlingsströmen betroffen sind, zusammensitzen – begonnen vom Libanon, über Jordanien, die Türkei, die Transitstaaten, bis hin zu den Ziel-Ländern."
    Zählte die österreichische Innenministerin Mickl-Leitner die Teilnehmer der Gesprächsrunde auf. Hinzu kamen Vertreter der internationalen Hilfsorganisationen, der EU-Institutionen und diejenigen EU-Kommissare, deren Resorts mit der Flüchtlingskrise zu tun haben. Geschuldet der Erkenntnis, dass die Flüchtlingskrise nur in einer gemeinsamen Anstrengung gelöst werden kann, wie die EU-Außenbeauftragte Mogherini sagte.
    "Das Bewusstsein ist da, dass wir alle vor ähnlich großen Herausforderungen und Problemen stehen. Wir brauchen deshalb eine gemeinsame Herangehensweise und gemeinsame Lösungen."
    Und so ist man übereingekommen, einen politischen Prozess zur Beendung des Bürgerkrieges in Syrien zu starten, in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen. Verabredet wurden ferner deutlich mehr Finanzhilfen für Jordanien, die Türkei und den Libanon, die bei Weitem mehr Flüchtlinge aufgenommen haben als die EU. Auch für die Westbalkan-Länder, die zuletzt zu Haupttransitländern für Flüchtlinge geworden sind, soll es deutlich mehr Unterstützung der EU geben. Bundesinnenminister De Maiziere:
    "Wir müssen gemeinsam an Lösungen arbeiten. Wir sind gemeinsam betroffen."
    Bundesaußenminister Steinmeier sagte es so:
    "Kein Land in Europa wird alleine mit dieser Herausforderung umgehen können. Wir brauchen die anderen Europäer – nicht nur die Europäer der Europäischen Union, sondern auch die Anrainer der wichtigsten Transit-Route heute, von der Türkei über den westlichen Balkan."
    Mehr Unterstützung von den Partner-Ländern erwartet
    Nach dem Motto "Fördern und Fordern" formulierte der österreichische Außenminister Kurz aber auch, was im Gegenzug für erheblich mehr Unterstützung durch die EU zur Bewältigung der Flüchtlingsströme andererseits von den Partner-Ländern erwartet werden kann.
    "Ein entscheidender Punkt, den wir den Ländern durchaus auch abverlangen müssen, ist eine Debatte darüber, wie die rechtliche Situation der Flüchtlinge vor Ort aussieht. Wer keine wirklich rechtliche Basis dafür hat, dass er sich in der Türkei, im Libanon oder in anderen Ländern aufhält, wer dort auch nicht arbeiten darf, der wird irgendwann die Situation haben, dass die Perspektivlosigkeit so überhandnimmt, dass er sich weiter aufmacht in andere Länder."
    Die große Runde in Luxemburg verabredete ferner, gemeinsam stärker gegen organisierte Kriminalität - nicht nur, aber auch gegen die Schlepperbanden vorzugehen. Und schließlich soll gemeinsam die Zusammenarbeit mit den Ländern in Afrika, in Asien, im Nahen und Mittleren Osten verstärkt werden, aus denen viele Menschen nicht auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung fliehen, sondern aus Perspektivlosigkeit. Dabei geht es letztlich auch wieder um "Fördern und Fordern". Federica Mogherini:
    "Wir müssen über die Bereitschaft dieser Länder reden, abgewiesene Asylbewerber zurückzunehmen und zu reintegrieren. Und gleichzeitig zusammen Wege suchen, um die Sicherheit, soziale und wirtschaftliche Bedingungen und Bildungschancen in den Herkunftsländern zu erhöhen."
    Aufbau von Flüchtlings-Wartezonen
    Die Bereitschaft der Herkunftsländer Menschen, die bei uns kein Asyl bekommen können, wieder aufzunehmen, spielt für die EU auch deshalb eine große Rolle, weil die EU-Innenminister sich bereits vor den Beratungen in erweiterter Runde darauf verständigt hatten, abgelehnte Asylbewerber häufiger, schneller, organisierter, in gemeinsamen Anstrengungen abschieben zu wollen. Dabei könnten perspektivisch auch jene Flüchtlings-Wartezonen oder Hotspots in Griechenland und Italien eine Rolle spielen, die mit EU-Mitteln so schnell wie möglich aufgebaut werden sollen.