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Flug in diplomatische Krise
Verhärtete Fronten zwischen Portugal und Venezuela

Zwischen Portugal und Venezuela ist eine diplomatische Krise ausgebrochen. Das Regime in Caracas hat der portugiesischen Fluggesellschaft TAP verboten in Venezuela zu landen. Der Grund: eine Auslandsreise des Übergangspräsidenten Guaidó mit TAP. Der Flugstopp sorgt für Empörung in Portugal – hat das Land doch enge Beziehungen nach Venezuela.

Von Oliver Neuroth | 21.02.2020
Blick auf drei Flugzeuge mit dem Schriftzug "Air Portugal" auf dem Flügel, die auf dem Flughafengelände Lissabon stehen - am 17.04.2018
Flugzeuge der TAP Air Portugal stehen am Flughafen Lissabon bereit (imago/Artur Widak)
Von der portugiesischen Insel Madeira aus ist Venezuela das nächstgelegene Land auf dem südamerikanischen Kontinent. Zwischen den beiden Küsten liegen zwar gut 5.000 Kilometer – trotzdem haben sich in den vergangenen Jahrzehnten enge Verbindungen aufgebaut. Tausende Bewohner von Madeira zog es nach Venezuela, vor allem in den 50er und 60er Jahren: Ihre Insel war arm, das Land auf der anderen Seite des Atlantiks wirtschaftlich stark. Auch etliche Festland-Portugiesen wagten den Schritt in die Ferne; Venezuela wurde für Portugal nach Brasilien zum zweitwichtigsten Emigrationsland in Südamerika. Heute leben rund 55.000 portugiesische Auswanderer in Venezuela.
Wurde Sprengstoff importiert?
Dass sie nun nicht mehr problemlos zwischen Caracas und Lissabon reisen können, verärgert den portugiesischen Staatspräsidenten Rebelo de Sousa. Er verurteilt das Verbot der TAP-Flüge scharf: "Das ist ungerecht und inakzeptabel. Aus unserer Sicht ist die Einstellung der Linie völlig unverständlich und muss verurteilt werden."
Die venezolanische Regierung begründet den Stopp der Flüge mit einer Reise des selbsternannten Übergangspräsidenten Guaidó. TAP hatte ihn nach Europa und nach Nordamerika geflogen. Guaidós Mission dort: Unterstützer finden, um Staatschef Maduro aus dem Amt zu drängen. Venezuelas Transportminister Abreu wirft der portugiesischen Airline vor, sie habe die Identität Guaidós auf dem Flug verschleiern wollen. Und: An Bord des Flugzeuges sei auch Guaidós Onkel gewesen. Er habe sogar Sprengstoff ins Land schmuggeln wollen, behauptet der Minister:
"Unsere Staatskanzlei hat eine diplomatische Beschwerde bei den portugiesischen Behörden eingereicht. Außerdem setzen wir Strafmaßnahmen gegen die Fluggesellschaft TAP in Kraft. Je nachdem, zu welchem Ergebnis unsere Ermittlungen kommen, könnte das auch die dauerhafte Einstellung des Flugbetriebs bedeuten."
Großer finanzieller Schaden
Schon die dreimonatige Zwangspause trifft TAP hart. Die Fluggesellschaft spricht von einem "schwerwiegenden Schritt" für das Unternehmen, den man nicht nachvollziehen könne. TAP habe alle rechtlichen und sicherheitstechnischen Anforderungen erfüllt. Die Airline beziffert den erwarteten Schaden nicht. Doch klar ist, dass es um viel Geld geht.
Denn neben den vielen tausend Portugiesen, die in Venezuela ein besseres Leben gesucht haben, sind in den vergangenen Jahren auch etliche portugiesische Firmen in das südamerikanische Land gegangen. Kurz vor Ausbruch der Krise dort 2013 zog zum Beispiel der Bauerkonzern Lena einen spektakulären Großauftrag an Land. Er sollte 50.000 Häuser bauen, ganze Stadtviertel mit Sozialwohnungen. Der damalige sozialistische Ministerpräsident Portugals, Sócrates, hatte den Deal offenbar eingefädelt. Wegen Korruptionsvorwürfen wurde schließlich doch nichts draus.
Sócrates soll sich auch für Geschäfte der portugiesischen Lebensmittelbranche in Venezuela stark gemacht haben. Für Schlagzeilen sorgte 2016 die Lieferung von 14.000 Tonnen Schweinshaxen aus Portugal. Doch der Deal funktionierte nur ein Mal; im Jahr darauf wollte Venezuela nicht mehr zahlen, Maduro warf Portugal schließlich Sabotage vor, weil die Haxen-Lieferung ausblieb.
Nur zwei Beispiele für die engen Verbindungen zwischen Portugal und Venezuela – und für die Konflikte, die seit langer Zeit schwelen. Außenminister Santos Silva:
"Die portugiesische Regierung möchte in Venezuela dazu beitragen, den politischen Dialog zu erleichtern. Unser Ziel ist ein friedlicher Machtwechsel."